Kommentar: Zweifelhafte Strategie des ZDF

"Wir bedauern außerordentlich, dass Martin Kaymer sich gegen einen Auftritt bei 'Wetten, dass..?' entschieden hat." Das ist die Formulierung, die das ZDF in einer Mitteilung an seine Pressekollegen wählt, um zu sagen: 'Wir haben Martin Kaymer einen absurden Vorschlag gemacht, aber wenn er ihn nicht annimmt, ist er selber schuld.'

Eine Klatsche für Martin Kaymer und für Golf-Deutschland

Der deutsche Golf-Profi sollte eigentlich in der nächsten "Wetten, dass...?"-Show am 08. Dezember in Freiburg zu Gast sein und als erster Golf-Profi überhaupt bei "Wetten, dass...?" über seinen Sport sprechen; als voller Programmpunkt der Sendung und Gesprächspartner von Markus Lanz und seinen Gästen. Für den Golfsport und für Kaymer wäre es eine Premiere und vielleicht eine schöne Stunde gewesen. Doch vorher kommt der Anruf: Für Kaymer ist doch kein Platz auf der Couch. Ein Schauspieler wird in der eh schon Künstler-lastigen Sendung an seiner statt in der Sendung seinen neuen Film promoten.

Eine Klatsche für den deutschen Golfsprofi, aber nicht nur für ihn: Immer wieder kommen Golffreunde an den Punkt, wo sie resigniert feststellen müssen, dass Golf in der deutschen Öffentlichkeit nicht angekommen ist. Immernoch nicht. Wird sich das je ändern?

Integrität - Ist das noch ein Ziel beim ZDF?

Kaymer, der zur besten Sendezeit gern von seinem Sport erzählt hätte, zeigt sich enttäuscht: "Ich hätte gerne den Abend genutzt, um dem Golfsport in Deutschland zu helfen und unsere Sportart etwas populärer zu machen." Als Trostpreis bietet ihm das ZDF halbherzig einen Kurzauftritt an, den Kaymer ablehnt. Die Vorgehensweise ist so unverschämt, dass man an der Integrität des ZDF zweifeln muss.

Ist es nicht ein absolutes No-Go, eine Zusage eines Gastes wieder zurückzuweisen, um einen vermeintlich 'besseren' Gast auf die Couch zu heben?

Wie es dazu kam, bleibt offen. Idealerweise planen Redaktionen so, dass sie niemandem je absagen müssen. Man will es sich schließlich nicht mit jemandem verscherzen, der vielleicht noch einmal sehr interessant wird. Also lädt man nur ein, wen man sicher unterbringen kann und will.

„Die Sendung soll immer wieder überraschend sein“

Was hier mit Martin Kaymer schief gelaufen ist, bleibt ein Geheimnis des ZDF - sie wollen sich nicht dazu äußern. Einziges Statement: "Am Aufbau einer Livesendung wird bis zum Schluss gefeilt. Bei einem solchen dynamischen Prozess sind zum Beispiel Zu- und Absagen oder Verschiebungen der Rollen von prominenten Gästen nichts Ungewöhnliches."

Einem der anderen Gäste - etwa der Sängerin P!nk oder Alicia Keys - hätte man diese 'Rollenverschiebung' sicher nicht unterbreitet. Aber für einen kurzen Auftritt als Statist ist auch Martin Kaymer als einer der weltbesten Golfer, bester Vertreter des Landes und frisch gebackener Ryder-Cup-Sieger deutlich überqualifiziert. Das ZDF bekleckert sich zurzeit nicht gerade mit Ruhm. Dafür erreichen sie ihr seit neu erklärtes Ziel: „Die Sendung soll immer wieder überraschend sein.“ Bravo.