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Der Golfclub der Zukunft: Lebensqualität vor dem reinen Golfprodukt

02. Sep. 2020 von Michael F. Basche in Köln, Deuschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Neue Zielgruppe - Neue Anforderungen. Was braucht der Golfplatz der Zukunft? (Foto: Spa & Golf Resort Weimarer Land)

Neue Zielgruppe - Neue Anforderungen. Was braucht der Golfplatz der Zukunft? (Foto: Spa & Golf Resort Weimarer Land)

Irgendwann geht auch die schönste Saison zu Ende. Dem Klimawandel „sei dank“, dauert sie ohnehin länger als erwartet – nur seichte Gemüter indes empfinden darüber ungetrübte Freude. Unsereins mottet das Golfbag allmählich ein oder packt schon mal für die anstehende Winterflucht in sonnigere Gefilde; auf den Golfanlagen machen sie Inventur, zählen Mitglieder und Greenfeespieler durch und planen das kommende Jahr. Nach der Saison ist halt vor der Saison. Die neue bringt zuvorderst mal die Reform des Regelwerks, allgemein als Vereinfachung angesehen. Das mag den Einzelnen freuen, für die wirklichen Probleme des Golfsports freilich sind sie unerheblich: stagnierende Zahlen bei den Clubgolfern, Überalterung, Zeitaufwand, Nachwuchsmangel und so weiter.

„Regeländerungen sind der falsche Schwerpunkt“

„Diese Änderung der Regeln zeigt, dass man die Schwerpunkte falsch platziert“, kritisiert nicht nur Werner Gallas. Für den Geschäftsführer des Ostsee Golf Resorts Wittenbeck oberhalb des Seebads Kühlungsborn an der Mecklenburger Bucht ist es „Quatsch, sich zuvorderst Gedanken darüber zu machen, ob ich den Ball aus Schulter- oder aus Kniehöhe droppe, ob der Fahnenstock drin bleiben kann oder nicht. Das hilft dem Golf doch nicht!“. Was hilft denn? Getreu der Erkenntnis „All Business is local“ haben wir uns mit zwei Club-Managern unterhalten: Wie sieht der Golfclub der Zukunft aus, was muss er leisten, wie muss er sich positionieren, um in der modernen Gesellschaftsstruktur und Freizeitkultur eine Perspektive zu haben. Die Antworten sind gewiss nicht repräsentativ, aber vielfältig und vielschichtig.

Golf allein steht nicht mehr im Mittelpunkt

Im Prinzip allerdings geht es immer um den radikalen Schnitt von alten Zöpfen, um neue Wege auf dem Platz, im Spielbetrieb und bei Turnieren. Dem zugrunde liegt der grundsätzliche Blick über den Grünrand. Das reine Golfprodukt steht dabei nicht mehr automatisch im Mittelpunkt. Es dreht sich generell um Lebensqualität; darum, die Golfanlage nicht nur als reine Spielwiese zu verstehen.

„Erfolgreiche Anlagen in 20 Jahren sehen Golf als eine Freizeitbeschäftigung, nicht als leistungsorientierten Sport“, sagt Thomas Mönch, Prokurist und Golfmanager im Spa & Golf Resort Weimarer Land am Rand der Goethe- und Bauhausstadt in Thüringen. „Sie bieten Ihrer Zielgruppe mehr als nur den Golfsport.“ Als Beispiele nennt er „Geselligkeit mit Freunden und Familie, schönes Ambiente, gutes Essen, Kinderclubs, Fitness- und Wellnessbereiche, Gesundheitszentren, Events und Kurzplätze“. Stichwort Zeitbedarf. Und nein, der 18-Loch-Platz hat deshalb nicht ausgedient, was manche befürchten, wenn das Lied auf den anspruchsvollen Par-3-Platz gesungen wird. Nur, es war angesagt, über die Klippe des Althergebrachten hinaus zu schauen.

Servicestandard und Platzqualität erhöhen

Für Werner Gallas gehören in die Führung einer Golfanlage eh Leute, deren Kompetenz sich nicht am Handicap, sondern an der betriebswirtschaftlichen Expertise fest macht. Die überdies andere Schwerpunkte haben, „Marketing, soziale Netzwerke etc.“, führt Gallas an: „Wir müssen beispielsweise begreifen, dass die Jugend in unserer heutigen schnelllebigen Zeit anders denkt und handelt. Man sollte wissen, wie die sozialen Medien ticken und sich fragen: Wie kann ich das nutzen?“ Auch, um den Sport „grundsätzlich interessanter zu gestalten“.

Eine Golfanlage muss sich dafür nicht erweitern, nach Ansicht von Gallas jedoch ihren Servicestandard erhöhen und die Qualität stärken, auch oder gerade draußen auf der grünen Wiese. „Man muss einiges in die Platzarchitektur stecken, ansonsten hast du im Wettbewerb keine Chance.“ Zur gelungenen Interaktion gehört für ihn überdies, Einsteiger besser zu integrieren, durch Sport-Patenschaften beispielsweise. „Unbenommen der Frage, ob einer mit 40 noch eine Prüfung machen will, sollten wir froh sein, wenn jemand den Schläger in die Hand nehmen will. Nach der Golfschule fällt ein Anfänger allzu oft in ein tiefes schwarzes Loch, weil sie oder er von der Golfgemeinde nicht aufgenommen wird und im schlimmsten Fall wieder aufhört. So kriegen wir nie mehr Golfer auf den Markt.“

Angst vor verschreckten Mitgliedern

Da kommt eine Menge zusammen. Vielen konservativ orientierten Clubgolfern, den „karierten Hosen“, wie der Wittenbeck-Macher sie nennt, dürfte das nicht zur Freude gereichen. Neulich sei bei einem Meeting unter Kollegen beispielsweise das Stichwort GolfSixes gefallen, das in England als Jugendliga für Zweierteams über sechs Loch durch die Decke ging. „Hierzulande wird direkt abgewinkt, aus Furcht die etablierten Mitglieder abzuschrecken“, berichtet Gallas. Manchmal hat‘s gleichwohl was vom Rufer in der Wüste: „Die Tradition wird mit aller Macht zusammen gehalten, aber man muss vom Klischeeverhalten runter! Auch wenn dann einige Mitglieder weg brechen, glaube ich, dass damit eine bessere Zukunft verbunden ist.“

Das Ostsee Golf Resort Wittenbeck. Foto: Michael F. Basche

Blick über den Grünrand und die Klippe des Althergebrachten: Das Ostsee Golf Resort Wittenbeck. Foto: Michael F. Basche

Für die beiden Manager hat das klassische Modell auf lange Sicht eh ausgedient – Ausnahmen bekanntlich stets ausgenommen. „Golfanlagen, die eine Zukunft haben wollen, müssen sich auf die Fluktuation ihrer Nutzer einstellen“, sagt Gallas. „Wer bindet sich heutzutage, vor allem angesichts der Veränderungen in den Arbeitsstrukturen, noch dauerhaft an einen Club?“ Thomas Mönch ergänzt: „Golfanlagen mit Erfolg in 20 Jahren haben Nutzungsberechtigte statt Mitgliedern und Spieler ohne feste Bindung statt Vereinsmeierei.“

Brisantes Thema Greenfee-Preise

Nicht zuletzt geht es bei den Perspektiven für das einzelne Ensemble auch um eine andere Außenwahrnehmung des Golfsports insgesamt. Nicht bloß beim Nichtgolfer, dem vermittelt werden muss, dass Golf keineswegs das ist, was Klischee und schlechte Beispiele im TV suggerieren, wo die Schickeria und die schmierigen Typen prinzipiell immer Golf spielen. Auch beim Aktiven selbst muss sich das Bewusstsein für die Kostenstruktur ändern, für den Boden, der ihm auf dem Golfplatz flächen- und pflegeintensiv bereitet wird.

„40 Euro für eine Runde auf Golfplätzen von hoher Güte sind unrealistisch“, spricht Gallas das brisante und gern emotional diskutierte Thema der Greenfees an: „Der Durchschnitts-Greenfeepreis muss langsam nach oben geführt, muss angepasst werden. Wir müssen uns mit unseren guten Anlagen und ihren attraktiven Lagen nicht vor den Plätzen im Ausland verstecken. Aber dort zahlt der Golfer ungerührt 120 Euro, und hier wird gemeckert, wenn es 60 sind.“

Die Debatte ist eröffnet…


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