PGA Tour

Die PGA Tour und ihre neuen Designated Events: Elitismus fürs Big Business

03. Mrz. 2023 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Zwei Antreiber der Änderungen auf der PGA Tour: Commissioner Jay Monahan (li.) und Rory McIlroy. (Foto: Getty)

Zwei Antreiber der Änderungen auf der PGA Tour: Commissioner Jay Monahan (li.) und Rory McIlroy. (Foto: Getty)

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Klasse, Jay Monahan, tolles Timing! Gerade hat die LIV Golf League einen eher suboptimalen Saison-Auftakt hingelegt, da kommt die PGA Tour mitten in ihrem laufenden Programm daher und verkündet für 2024 Neuerungen, die wahrlich das Etikett „Breaking News“ verdient haben: Reduzierte Teilnehmerzahl bei den Designated Events, vielfacher Wegfall des Cut, Reduzierung des Player Impact Programm. Und prompt schlagen die Wogen hoch.

„Kopie“ einer Kopie?

Die Top-Giftspritzer von LIV nehmen den Ball dankbar auf, um vom eigenen Stolperstart abzulenken. Sie ätzen zurück und spotten über eine Kopie, erwähnen aber selbstredend nicht, dass deren Konstrukt selbst nur ein Plagiat ist – weil Greg Norman das Konzept von der Premier Golf League geklaut hat. Beim Arnold Palmer Invitational (API) wiederum platzte die Bombe mitten ins Pro-Am und erwischte viele Spieler auf dem falschen Fuß, die sich vor einer Meinungsäußerung erstmal informieren mussten. Die Medien schließlich überschlagen sich in Beurteilungen, reden wahlweise der Attraktivität des Produkts und den Gesetzen des Markts oder als Gleichberechtigungs-Apologeten der Diversität des Spielerfelds das Wort.

Warten bis zur Players Championship?

Das Geschehen in Bay Hill war da erstmal zweitrangig. Schade für dieses doch ach so wichtige Turnier im Maschinenraum des Tourbetriebs und für dessen Veranstalter. Als hätte der „Commish“ damit nicht noch eine Woche warten können: bis zur Players Championship, dem eigenen Flaggschiff-Turnier im TPC Sawgrass. So aber hat etwas derart Bedeutsames bloß wieder das Geschmäckle, lediglich auf die Saudi-Sause zu reagieren, die Monahan und Co. ohnehin seit dem ersten Abschlag der LIV-Liga im vergangenen Juni vor sich her treibt. Sowieso wirkt es planlos, reflexhaft.

Kakofonie des Buhlens um Aufmerksamkeit

In der Sache kann man tatsächlich gespalten sein. Und lamentieren, dass jetzt alles nachgeäfft wird, was bei LIV verdammt worden war; unken, dass demnächst womöglich Kanonenstarts, 54-Loch-Distanzen zur Schonung der wertvollen Wettbewerber und kurze Hosen eingeführt werden. Fakt ist: Die PGA Tour muss ihr Angebot an Sponsoren, Fernsehanstalten, Fans optimieren, um im Konkurrenzkampf zu bestehen, der ihr von den Saudis mittels der mit zwei Milliarden Dollar munitionierten LIV Golf League angetragen worden ist. Wer eine Alternative weiß, mag sich gern melden.

 Es gilt als ehernes Gesetz: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Die Welt des 21. Jahrhunderts nährt sich von der Fokussierung und Polarisierung, von Selbstdarstellung, Inszenierung, Maximierung. Mediokre Angebote gehen in dieser Kakofonie des Buhlens um Aufmerksamkeit unter. Schlimm genug, dass man vielfach nichts mehr können muss, um etwas zu wollen, wie der Satiriker Dieter Nuhr festgestellt hat.

Komponenten richtig bündeln

Die Tour freilich kann was. Sie hat die Stars, die Turniere, die Werbepartner, das weltweite Fernsehen. Sie muss diese Komponenten nur richtig bündeln und dafür ihren Anteil komprimieren. Das hat sie lange genug nicht getan – als De-Facto-Monopolist –, hat sich nicht um den Nimbus ihrer Traditionsturniere, die Befindlichkeiten ihrer Stars und die Bedürfnisse der breiten Spielermasse gekümmert. Dann kam LIV und hat Ponte Vedra Beach mit dem Getöse um „Golf. But louder“ aus der Selbstgefälligkeit und der Verwaltung der eigenen Bräsigkeit aufgeschreckt. Konkurrenz belebt halt das Geschäft.

Selbst Rory McIlroy, der erste Paladin der PGA Tour, hat das längst zugegeben, wenn er davon spricht, dass Reformen ausgelöst worden sind, die längst überfällig waren, und jetzt sagt: „Die LIV Golf League hat einige Schwächen im Gerüst der PGA Tour ausgenutzt, und wir versuchen das zu korrigieren.“

Konzentration und Maximierung

Jay Monahan hat mal gesagt, ein Krieg sei nicht zu gewinnen, der nur auf der (Über-)Macht von Moneten basiere. Das war, bevor Tiger Woods und Rory McIlroy in mehrfacher Hinsicht ihr Gewicht in die Waagschale warfen – natürlich nicht ganz uneigennützig – und ihrem unter Druck und mit dem Rücken an der Wand stehenden „Commish“ fürs Erste den A… retteten.

Also wird aufgerüstet: Die Crème de la Crème des aktiven Personals wird in der Beletage der besonderen Veranstaltungen konzentriert und über vier Tage lang in Szene gesetzt. Oder wie Jordan Spieth es formuliert: „Die besten Spieler der Welt sollen so oft und so lange wie möglich bei denselben Veranstaltungen auftreten.“ Das garantiert den Partnern maximale Stardichte auf der gesamten Veranstaltungsstrecke und den Top-Aktiven einen Wegfall unbezahlter Arbeitszeit sowie ein größeres Stück vom Kuchen – ohne dass sie sich deswegen mit irgendwelchen etatmäßigen „Statisten“ herumschlagen müssen, die überperformen.

Adam Scott verweist auf das große Bild

Es mag elitistisches Denken sein, ist aber für die PGA Tour und ihre Protagonisten lediglich folgerichtig, prospektiv, profitabel. Und notwendig. Adam Scott, der frisch gewählte Vorsitzende des Spielerbeirats PAC (Player Advisory Council) plädiert für einen erweiterten Blickwinkel. „Man muss das große Bild sehen und künftige Verhandlungen mit Sponsoren oder TV-Anstalten ins Visier nehmen. Mit den Änderungen in der Struktur der Designated Events, kann die Tour ihren Partnern garantieren, wann und wo die Stars spielen. Außerdem sind alle am Wochenende, mithin zur besten Sendezeit, noch dabei“, verdeutlicht der Australier. „Sofern wir die Entwicklung der Preisgelder aufrechterhalten und insgesamt an Wachstum denken wollen, können die Dinge nun mal nicht einfach so bleiben, wie sie sind.“

Für Pluralismus ist wenig Spielraum

Es geht bei alldem zuvorderst gar nicht um eine Antwort auf LIV. Sondern darum, dass Sport auf einem solch hohen Level nun mal Big Business ist. Und dass – frei nach Goethe – alles zum Gelde drängt, am Gelde hängt. Für Pluralismus ist da wenig Spielraum. Das mag für manche ein schmerzhafter Reminder sein, bleibt dennoch eine unumstößliche, gelegentlich bittere Erkenntnis.

Gleichermaßen fördert es einmal mehr die Ambivalenz der PGA Tour zutage, die auf dem schmalen Grat zwischen Gewinnorientiertheit und Gemeinnützigkeit balanciert. Der Kollege Eamon Lynch hat das bei „Golfweek“ thematisiert: „Die PGA Tour war schon immer eine Geisel ihrer Mitglieder. Jeder Commissioner hat vor allem ein Mandat, dem es an Ehrgeiz und Ermessensspielraum mangelt: Spielmöglichkeiten für die Mitglieder zu schaffen. Diese verstaubte Richtlinie ist ein Rezept zur Verwässerung eines Produkts, nicht zur Förderung des Geschäfts.“

„Wer gutes Golf spielt, wird belohnt“

Die Kritik an dieser Verschärfung des Kastendenkens im Profigolf fällt erwartungsgemäß aus, das vergangene Woche an dieser Stelle bereits angesprochen worden ist, und jetzt erst recht um eine Art Eliteliga samt Relegationssystem erweitert wurde. Stichwort: Noch mehr Wohlstand für eh schon Wohlhabende. Oder Verlust des belebenden Elements David gegen Goliath, wenn Außenseiter den Arrivierten Paroli bieten. Doch es gibt auf der PGA Tour kein „Erbrecht“. Ebenso wenig hängt das wirtschaftliche Wohlergehen von der Einladungs-Willkür eines Greg Norman ab. Nach wie vor zählt die Logik des Leistungsprinzips.

Das erkennen selbst potenziell Betroffene an. Solche wie Chris Kirk und Eric Cole, die aus unterschiedlichen Gründen mal Hinterbänkler waren und sich nun mit ihrer Vorstellung bei der Honda Classic für den API-Reigen in Bay Hill qualifiziert haben. „Offenbar geben sie doch den Leuten, die wirklich gut spielen, die Möglichkeit, an diesen Events teilzunehmen. Ich finde das gut“, bekräftigt Kirk. Und Cole bringt es auf den Punkt: „Wer gutes Golf spielt, wird dafür belohnt.“

Der Cut als motivierendes Element

Man denkt jetzt unwillkürlich an US-Pro Sihwan Kim, der beim LIV-Opening in Mayakoba mit 23 über Par Letzter geworden ist und trotzdem 120.000 Dollar eingestrichen hat. Der Vergleich wirft indes gleichermaßen die Frage auf, warum sich auf der PGA Tour im kommenden Jahr einer besonders ins Zeug legen soll, obwohl kein kein Cut droht – den Eddie Pepperell als äußerst motivierendes Element ansieht – und selbst Platz 78 noch Verdienst garantiert? Die Antwort eines Zynikers mit parteiischer Ideologie wäre, dass alle Lobbyisten des leistungslosen Lohns ja längst zu LIV übergelaufen sind.

PIP als Zulassungskriterium passé

Eine realistische Replik allerdings ist der Hinweis darauf, dass es letztlich keinen Bestandsschutz gibt. Wer im FedEx-Cup-Ranking reüssiert oder bei den in neuer Verteilung zwischen den Designated Events platzierten regulären Turnieren vorn dabei ist, der kriegt dann auch was von den neuen Sahnetorten in der Tour-Auslage ab. Dazu passt, dass das unsägliche Kriterium der Platzierung im Player Impact Program als Zulassungsvoraussetzung offenbar abgeschafft ist.

Letztlich hängt alles davon ab, wie sich die noch mal (rund-)erneuerte Tour in der Praxis bewährt. Das Establishment steht vor der Herausforderung, seine Jeunesse Dorée zusammenzuhalten sowie gleichzeitig legitime Zugänge „nach oben“ zu schaffen. Und in der Pflicht, das frei gewordene PIP-Geld sinnvoll einzusetzen, um dem Fußvolk unter seinen Mitgliedern diesen Weg existenziell zu erleichtern.

Begeisterung, (Un-)Verständnis...

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