PGA Championship

Tiger Woods: „Ausruhen womöglich besser, als am Wochenende zu spielen“

18. Mai. 2019 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Tiger Woods ist am Wochenende der PGA Championship 2019 nicht mit von der Partie. (Foto: Getty)

Tiger Woods ist am Wochenende der PGA Championship 2019 nicht mit von der Partie. (Foto: Getty)

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Hätte, hätte …: Das Ausscheiden von Tiger Woods hat einige euphorische Überflieger auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Der 15-fache Majorsieger wird so schnell doch nicht wieder die Nummer eins der Welt – was mit einem Gewinn der PGA Championship 2019 möglich gewesen wäre –, und er wird dieses Jahr auch nicht den Grand Slam gewinnen, was Tiger-Zocker James Adducci um 100.000 gewettete Dollar ärmer macht. Ebenso wenig knackt er schon jetzt Sam Sneads PGA-Tour-Rekord von 82 Siegen. Die allseits erwartete nächste große Performance des Masters-Siegers und PGA-Championship-Favoriten ist vorzeitig vorbei, eigentlich hat sie auf Bethpage Black nie stattgefunden.

Und vielleicht ist das gut so. Tiger Woods verpasste zum neunten Mal in seinem Profileben einen Cut, diesen mit 5 über Par um einen Schlag; auch für den Mann, der eins der größten Comebacks im Sport hinlegte, wachsen die neuen Bäume nicht in den Himmel. Er ist kein einsamer Überflieger mehr, sondern sehr menschlich geworden. Als Person und in seinem Spiel. Auch das ist gut so. Es galt, den Masters-Triumph und all das Gewese darum zu verarbeiten; Woods schmiss die „Wells Fargo“ als letzten Schliff für Bethpage, was nicht zu seiner sonstigen akribischen Vorbereitung passte; er spielte auf Long Island gerade mal neun Loch, war am Mittwoch krank und auch danach nicht völlig auf der Höhe. Alles sehr menschlich.

Und er wirkte nicht mal so richtig enttäuscht, dass es nicht schon wieder geklappt hatte mit einem ganz großen Ding. „Ich bin der Masters-Champion und 43 Jahre alt, das ist doch eine tolle Leistung“, sagte Woods gestern Abend durchaus aufgeräumt. „Ich habe hier einfach nicht gut gespielt, mich auch nicht sonderlich wohl gefühlt. Unglücklicherweise habe ich zu viele Fehler gemacht und die kleinen Dinge nicht richtig gemacht, die man machen muss. Das kann halt passieren. Ausruhen ist vielleicht sogar besser, als am Wochenende zu spielen. Nun geht es erstmal darum, dass ich mich wieder besser fühle und wieder richtig ins Training und richtig auf Betriebstemperatur komme. Dann sehen wir weiter.“

Auch das ist der neue Tiger Woods, seine neue Realität: „Die Balance zwischen Turnierschliff und Wettkampfmodus einerseits sowie Gesundheit und den notwendigen Pausen andererseits“, schrieb der „Golf Channel“. So ist das halt bei normalen Menschen. Und umso mehr freut man sich dann, wenn eben jener menschliche Tiger wieder mal scheinbar Übermenschliches zuwege bringt.

Koepka „wie Muhammad Ali und Babe Ruth“

Hymne: Was soll man zu Brooks Koepka und seiner bisherigen Vorstellung noch schreiben. Dass er offenbar einen anderen Platz und sowieso in einer anderen Liga spielt? Dass da einer dauernd Rekorde bricht und sämtliche Kritiker Lügen straft? Wurde alles schon notiert. Aber blicken wir noch mal zurück auf den Werdegang des 29-Jährigen. Er ging ins Stahlbad der europäischen Challenge Tour und stemmte im Gym wohl mehr Metall als jeder seiner Konkurrenten, selbst Rory McIlroy nicht ausgenommen. Kraftpaket und Longhitter sowieso, erweist er sich bei seinen Majorsiegen auch als perfekter Spieler rund ums und auf dem Grün. Und den vierten hier in Bethpage Black kann er sich nur noch selbst zunichte machen – so scheint‘s. Sogar Brandel Chamblee, der zuvor so gar kein gutes Wort an Koepka gelassen und ihm attestiert hatte, er spiele nicht in einer Liga mit Dustin Johnson oder etwa McIlroy, schwenkt jetzt mit fliegenden Fahnen ins Lager des Titelverteidigers und vergleicht dessen mentales Rüstzeug mit dem amerikanischer Sportgrößen wie Baseball-Legende Babe Ruth und Box-Heros Muhammad Ali. Was dann auch in entgegengesetzter Richtung doch etwas dick aufgetragen scheint.

Adam Scott, die „Putt-Maschine“

Wackeln war gestern: Adam Scott erweist sich in Bethpage Black als „Putt-Maschine“ (GolfWRX). Was hatte der Australier, Masters-Sieger von 2013 und ehemals Weltranglistenerster, noch gehadert, als  das Anchoring des Putter, das Anlegen und Führen des Schlägers an den Körper, verboten wurde; was hatte er zuvor ab und an gezittert, sein Kollaps bei der Open Championship 2012 ist unvergessen. Jetzt macht es der 38-Jährige mit neuer Technik (ähnlich wie Bernhard Langer) sowie dem AimPoint-System und brachte es gestern auf eine Gesamtlänge an verwandelten Putts von 50,4 Metern. Insgesamt benötigte er 26 Versuche.

Wallace: Geheimfavorit mit Zwei-Daumen-Griff

Nachrücker: Als Tommy Fleetwood schwächelte, sprang Matt Wallace ein. Mit sechs Birdies während seiner 67er Runde schob sich der 29-Jährige gestern auf den geteilten vierten Platz (-4) und führt damit nicht nur die Riege der Engländer, sondern auch das europäische Aufgebot bei dieser PGA Championship an, gefolgt von Justin Rose (-3/9.) und eben Fleetwood, der nunmehr mit -2 auf dem geteilten zehnten Platz rangiert. Zur Erinnerung: Wallace ist jener dreifache European-Tour-Sieger von 2018, der von Thomas Björn für den Ryder Cup in Paris nicht berücksichtigt wurde; jetzt gilt der Mann mit dem seltsam Zwei-Daumen-Griff beim Putten (jeweils drei Finger sind verschränkt, die Zeigefinger liegen am und beide Daumen nebeneinander auf dem Griff) in Farmingdale als eine Art Geheimfavorit.

Lipsky und der gedankliche Mord am Caddie

Das hätte übel ausgehen können: David Lipsky und sein „Bag Man“ Sam Haywood sind gestern beide im übertragenen Sinne „dem Tod von der Schippe gesprungen“. Der Kalifornier kam zu spät zu seiner Tee Time mit Henrik Stenson und Richard Sterne und bekam dafür zwei Strafschläge aufgebrummt, die sich zu einer 74 addierten und ihn zwischenzeitlich ins Jenseits der Cut-Linie beförderten. Lipsky hatte sich schlicht beim Einspielen auf dem Putting-Grün „verdaddelt“, und auch Haywood hatte die Uhr nicht im Blick. So mussten Zuschauer das Duo auf die herunter tickende Startzeit aufmerksam machen. „Auf dem ersten Abschlag hätte ich meinen Caddie am liebsten umgebracht“, erzählte Lipsky. „Aber keine Sorge, er lebt und ich muss nicht ins Gefängnis. Es zeigt bloß, wie blöd man sein kann, und ohnehin trage ich ja letztlich die Verantwortung.“ Da hatte er auch wieder gut lachen, denn das Feld fiel zurück und Lipsky rutschte auf der Cut-Linie ins Wochenende.

McIlroy und sein Ab-und-Auf

Schwach gestartet, stark geendet: Rory McIlroy macht sich gern zu Beginn schon das Leben schwer. So wie gestern, als der Nordire mit fünf Schlagverlusten auf den ersten vier Löchern in die zweite Runde startete und schon aussah wie ein sicheres Cut-Opfer und dann auf den letzten sechs Bahnen vier Birdies schoss, um es doch noch ins Wochenende zu schaffen. „Ich bin bloß froh, einigermaßen glimpflich über die Runde gekommen zu sein. Ich mag es nicht, den Cut zu verpassen“, atmete „Rors“ auf. Der „unbestreitbar schlechte Start“ lag seiner Ansicht nach indes nicht am Spiel selbst: „Ich habe eher schlechte Entscheidungen getroffen denn schlechte Schläge gemacht.“ Heute geht der 30-jährige vierfache Majorsieger als geteilter 57. (+3) mit 15 Schlägen Rückstand auf Brooks Koepka in den „Moving Day“. „Mit einer guten Runde hat man ja vielleicht für Sonntag noch eine Chance“, sagte McIlroy. Aber dass muss er ja auch sagen …

Spieth: Nur der Sonntag zählt

Ungewohntes Gefühl: Nach seiner gestrigen 66er Runde, die ihn als nächsten Verfolger von Brooks Koepka auf den zweiten Platz neben Adam Scott bugsierte, war Jordan Spieth einfach nur froh, mal wieder vorn dabei zu sein. „Ich kann mich gar nicht genau daran erinnern, wie das ist, wenn man ,auf der Lauer‘ liegt“, schmunzelte der dreifache Majorsieger, der nach dem Masters und der US Open 2015 sowie der Open Championship 2017 in Bethpage Black die Chance auf den Karriere-Grand-Slam hat, dem auch Rory McIlroy beim Masters) und Phil Mickelson bei der US Open hinterher jagen. Aber darum geht es Spieth zuvorderst gar nicht. „Viel wichtiger wäre, überhaupt mal wieder ein Turnier zu gewinnen, egal welches“, sagte der 25-Jährige. „Um am Sonntag auch mitmischen zu können, muss ich am ,Moving Day‘ aber noch mal genauso gute Arbeit nachlegen.“

Daly will auch zur British Open ins Cart

Warnung, die folgende Nachricht könnte eine persönliche Meinung enthalten: Die John-Daly-Show von Bethpage Black ist vorüber, das Cart steht wieder in der Garage, ist vermutlich von den Junkfood- und Zigaretten-Hinterlassenschaften des 53-Jährigen befreit, und Daly selbst humpelt nach dem (natürlich) verpassten Cut mit seiner Arthrose im Knie unter irgendeiner Themenhose der nächsten Selbstinszenierung entgegen. Und die kann schon in Royal Portrush drohen, denn „Big John“ hat den R&A ebenfalls um eine Ausnahmegenehmigung ersucht und will die Open Championship wieder im Cart bestreiten. In St. Andrews, so heißt es von dort, „zieht man das in Erwägung“. Hoffentlich mit dem richtigen Schluss.

Ja, Arthrose ist schlimm und tut richtig weh; ja, die Fans lieben „The Wild Thing“; ja, in einer mit dem Strich gebürsteten, zumeist glatten und konformen Profi-Welt mag Daly zum nötigen Unterhaltungswert beitragen, den Golf so dringend braucht. Aber im Gegensatz zu Casey Martin, der zuvor als bislang einziger ein Major (US Open 2012) im Cart bestritt, hat Daly kein Klippel-Trénaunay-Weber-Syndrom, eine unheilbare Gefäßfehlbildung. Er leidet schlichtweg unter den (durchaus eindämmbaren) Folgen seines exzessiven Lebenswandels, seines Alkohol- und Zigarettenkonsums, seines Übergewichts: Diabetes sowie Bluthochdruck sind Ausdruck dessen.

Und Arthrose, die altersbedingte Verschleißkrankheit, hatten auch Jack Nicklaus und Tom Watson – in der Hüfte allerdings –, sie freilich taten was dagegen. Daly hingegen packt noch Körperfülle und falsche Belastung aufs eh kaputte Knie und macht eine Show draus. „Es nervt, alt zu werden“, hat er im Vorfeld von Bethpage Black gesagt. Es nervt aber auch zuzusehen, wie John Daly sich für den Raubbau noch feiern lässt, den er mit sich und seinem Körper getrieben hat, und fernab von Selbstkritik und Sportsmanship dafür sogar unbillige Erleichterungen beansprucht.

„D. J.“ und „Rahmbo“: Ungleiche Schlagvorbereitung

Zum Schluss: Der eine, Dustin Johnson, schlägt seinen Ball; der andere, Jon „Rahmbo“ Rahm schlägt sein Wasser ab – und keinen von beiden scheint das Szenario zu stören. Vermutlich lag‘s daran, dass Golfer dieses Kalibers auf der Runde ja bekanntlich in der „Zone“ sind und alles andere ausblenden können …

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