Luke Donald hat’s nicht so mit Überraschungen, der 47-jährige Engländer mag es lieber solide. Die 45. Ryder Cup Matches Ende dieses Monats haben ohnehin genug Unwägbarkeiten, immerhin tritt Europas Equipe in der Höhle des amerikanischen Löwen an. Dort brennt man darauf, auf dem Black Course im Bethpage State Park einen höllischen Budenzauber zu entfachen und den so schmählich verlorenen kleinen goldenen Henkelmann zurückzuerobern. Und überhaupt: Never change a winning team.
Von A wie Åberg bis S wie Straka – die Rom-Riege
Also fährt Donald mit nahezu demselben Dutzend in die USA, das schon vor zwei Jahren beim Ryder Cup in Rom so trefflich reüssierte. Von A wie Åberg bis S wie Straka sind alle dabei, die den Gästen aus Übersee beim 16,5:11,5 im Marco Simone Golf & Country Club den Rost von den Schlägern klopften. Ein in dieser Größenordnung identisches Team hat es in der kompletten Geschichte des Ryder Cup hüben wie drüben noch nicht gegeben. Die Auswahl von Großbritannien und Irland ist mal von einem aufs andere Kontinentalduell mit denselben zehn Spielern angetreten, weiß Statistik-Guru Justin Ray. Das war 1973. Selbst der Zwölfte, der einzige Debütant im Team, heißt wieder Højgaard – nur jetzt Rasmus statt Nicolai.
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Ja, Penges langer Ball wäre sicher von Vorteil
Während Counterpart Keegan Bradley damit überraschte, nicht durch eine Selbstberufung zu überraschen, zu den direkt qualifizierten JJ. Spaun und Russell Henley noch Cam Young und Ben Griffin „pickte“ und sich damit den Luxus von vier Rookies leistet, belässt es Donald beim Dänen. Selbst Matt Fitzpatrick bekam eine Wildcard, obwohl bei bislang acht Matches nur ein Punkt und sieben Niederlagen in seiner Bilanz stehen. Dafür blieb beispielsweise ein Marco Penge außen vor, der einen ziemlich langen Ball schlagen kann, was auf dem Brett namens Bethpage Black durchaus von Vorteil ist.
Pablo Larrazábal ätzt aus dem Off
Doch der Teamchef, der ja immerhin auch derselbe ist wie 2023, setzte bei den Picks auf Beständigkeit und Belastbarkeit, was naturgemäß auch nicht jedermann gefällt. „Wenn es darum geht, hätte er auch Miguel Ángel Jiménez wählen können. Der hat dieses Jahr schon vier Mal gewonnen und mit seinen 61 Jahren wahrlich genug Erfahrung“, ätzte der Spanier Pablo Larrazábal aus dem Off, er hätte lieber Penge und Matt Wallace gesehen. Letzterer war Zwölfter des Punkterankings, wurde aber zugunsten von Jon Rahm „geopfert“.
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Sergio Garcia gibt die beleidigte Leberwurst
Noch eine Petitesse am Rande: Sergio Garcia gibt die beleidigte Leberwurst und hat sich von der Irish Open abgemeldet – weil er keine Wildcard bekommen hat. Das Telefonat mit Luke Donald sei sehr nett gewesen, sei aber nicht der Anruf gewesen, den er sich gewünscht habe. „Also kann ich das Team nur noch von zu Hause aus unterstützen“, erklärte der Spanier, der mit 28,5 Zählern als Europas bester Punktelieferant in der Ryder-Cup-Statistik steht und auf einen elften Einsatz hoffte – verwegen genug. Fürs Turnier im K Club fehle ihm nun das letzte Quäntchen Motivation: „Stattdessen nehme ich eine kleine Auszeit mit der Familie, um neue Energie zu tanken.“
Die Fan-„Kultur“ aus den Arenen von Mets, Knicks, Jets, Rangers
Man kann es halt nicht allen recht machen. „Mir geht es darum, so viel Kontinuität wie möglich aufzubieten“, hat Donald bei der Wildcard-Zeremonie betont. Er tut vermutlich ziemlich daran – angesichts des Hexenkessels, der die Europäer auf Long Island erwartet, wenn die New Yorker Fans ihre in den Arenen von Mets, Knicks, Jets oder Rangers erprobte Sportleidenschaft auf freier Flur ausleben. Nicht von ungefähr haben Europas Teamverantwortliche die ungemütliche Atmosphäre schon beim Team Cup im Januar durch einen pöbelnden Schauspieler simulieren lassen.
Dasselbe Team bedeutet nicht auch dieselbe Taktik
Es gibt diesmal vermutlich mehr Aspekte zu berücksichtigen als je zuvor und die Aufgabe ist nicht nur wegen des zermürbenden Platzes schon schwierig genug: Da wollen sich Donald und seine Assistenten nicht auch noch damit beschäftigen, das flatternde Nervenkostüm eines Neulings zu glätten. Und:„Nahezu dasselbe Team zu haben, bedeutet nicht, dass wir gleichsam dasselbe machen wie in Rom“, so der Skipper. „Dieses Auswärtsspiel ist etwas ganz anderes, eine ganz andere Herausforderung. Es geht darum, neue
Techniken anzuwenden, und ich habe wirklich versucht, mir genau anzuschauen, was dafür erforderlich ist.“
Hovland und Åberg – die lächelnden „Killer Kids“
Kurz: Für Bethpage Black braucht es die Unerschütterlichkeit und Robustheit eines Jon Rahm und Shane Lowry, den PGA-Tour-Stahlschliff von Straka und „Fitzi“ sowie last but not least die Ausstrahlung der Babyfaces Viktor Hovland und Ludvig Åberg. Oder hat irgendwer vergessen, wie die ewig lächelnden „Killer Kids“ 2023 das US-Duo Scottie Scheffler/Brooks Koepka mit 9&7 „vernichtet“ und dem Weltranglistenersten die Tränen in die Augen getrieben haben?
Apropos Lächeln. Es war ein smarter Zug von Sky-Sports-Moderator Nick Dougherty, alle per Video-Call zugeschalteten Captain’s Picks am Ende noch mal in die Kamera grinsen zu lassen. Das ging eindeutig als Wink mit dem Zaunpfahl und Seitenhieb an die Adresse der Amerikaner und die ausdruckslosen Mienen von Patrick Cantlay und Co. bei deren Live-Nominierung. Hat perfekt geklappt, die Vorlage wurde allerorten brav aufgenommen, hier auch:
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