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Diva DeChambeau und Phil, der Pfau – Wenn Golfstars Allüren entwickeln

01. Sep. 2021 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Bryson DeChambeau und Phil Mickelson: Zwei Superstars der PGA Tour mit Star-Allüren. (Foto: Getty)

Bryson DeChambeau und Phil Mickelson: Zwei Superstars der PGA Tour mit Star-Allüren. (Foto: Getty)

Die vermeintlich gute Nachricht direkt zu Beginn: Auf der PGA Tour sollen Schreihälse im Publikum künftig aussortiert und des Platzes verwiesen werden – jedenfalls, wenn sie Bryson DeChambeau als „Brooksie“ anblöken. Angesichts des jüngsten Vorfalls bei der BMW Championship kündigte Commissioner Jay Monahan nun an, die Verhaltensrichtlinien für Fans zu überarbeiten und jeden vom Turnier auszuschließen, der „unangemessenes, unsicheres, störendes oder belästigendes Verhalten“ an den Tag legt: „Für mich ist das respektlos und eine Art von Verhalten, die wir in Zukunft nicht tolerieren werden.“

„Rote Linie der Interaktion überschritten“

Nach dem verlorenen Playoff gegen Patrick Cantlay hatte „BDC“ sich einmal mehr als ziemlich dünnhäutig erwiesen und auf dem Weg zum Clubhaus einem „Brooksie“-Krakeeler mit mühsam unterdrückter Wut entgegnet: „Weiß Du was? Verpiss Dich!“ Dafür sorgte dann ein von DeChambeau auf den „Fan“ hingewiesener Polizeibeamter.

„Wer zu einer PGA Tour-Veranstaltung kommt, von dem wird erwartet, zu einer einladenden und sicheren Umgebung beizutragen“, sagte Monahan dazu. „Hier geht es um die Interaktion zwischen Fans und Spielern, und wenn dabei eine rote Linie überschritten wird, muss das angesprochen werden.“ Er ließ freilich offen, ob dieselbe Unnachgiebigkeit gleichsam für „Get-in-the-Hole“- und „Mashed-Potatoes“-Gegröle gilt. Vermutlich nicht, denn damit wird kein Spieler direkt attackiert.

Über die Jahre schon ganz andere Anwürfe

Andererseits: „Brooksie“ ist nun wahrlich keine Verbalinjurie, die dem Tatbestand der Beleidigung ansatzweise nahe kommt. Da mussten sich andere Spieler über die Jahre ganz andere Anwürfe anhören, fragen Sie mal Tiger Woods, Rory McIlroy, der schon lange Maßnahmen gegen bierselige Besucher bis hin zum Alkoholverbot fordert – oder Lee Westwood:

Ganz ehrlich, man muss das nicht toll finden. Und sicherlich könnte Koepka allmählich die Geister zurückpfeifen, die er mit dem „Freibier für Brooksie-Brüller“-Versprechen beschworen hat.

Vielleicht indes sollte sich das Ziel dieser infantilen Zwischenrufe einfach ein dickeres Fell zulegen. Aber muss er ja nicht. Weil Monahan aus der lässlichen Lappalie eine „Lex DeChambeau“ macht – in der Hoffnung, dass der aktuell polarisierendste und – neben Phil Mickelson – wohl zugkräftigste Spieler im Tour-Zirkus im Gegenzug seinen Boykott der Printmedien aufgibt.

Zickerei und krude Kommentare

Seit der Trennung von Caddie Tim Tucker zickt DeChambeau herum und verweigert mittlerweile die obligatorischen Pressekonferenzen und -gespräche vor, während sowie nach Turnieren, steht nur ausgewählten Medien Rede und Antwort, weil er dabei die Fragen kontrollieren kann. Er scheut nicht mal – wie im Fall der Rocket Mortgage Classic –, damit einen persönlichen Sponsor vor den Kopf zu stoßen. Zumal der noch 27-jährige Kalifornier mit Wohnsitz in Dallas Titelverteidiger war. Kurz darauf brüskierte er Ausstatter Cobra durch abfällige Bemerkungen über seinen Driver und erstaunte alle Welt mit kruden Kommentaren zur Covid-19-Impfung („Ich bin jung und gesund und brauche das nicht“).

Monahans Verständnis für Kapriziositäten

Andererseits blafft der „Mad Scientist“ Kameraleute an, weil er sich beobachtet und unvorteilhaft in Szene gesetzt fühlt und maßregelt sogar Kollegen – siehe BMW Championship, als er Cantlay entgegen aller Gepflogenheiten zum Stillstehen aufforderte.

Das ist keine Exzentrik mehr, das sind die Kapriziositäten einer Diva. Bei Monahan allerdings stößt dies sogar auf Verständnis. „Bryson ist ein Star. Er fasziniert die Fans weltweit, seit wir aus dem Corona-Shutdown zurückgekehrt sind“, erklärte der „Commish“ und rollt DeChambeau den Teppich aus. „Er ist dennoch ein junger Mann, der sich auf dem Platz und abseits der Fairways noch in der Entwicklung befindet. Er weiß, dass er dabei meine und unsere Unterstützung hat. Ich glaube nicht, dass die Dinge auf Dauer so laufen und hoffe, dass wir zu einer beständigen Harmonie mit den Medien zurückfinden.“

Dem Star nicht nur nach dem Mund reden

Besser früher als später. Der Umgang mit der Öffentlichkeit und ihren Organen gehört nun mal zu den Obliegenheiten eines Sportlers im Rampenlicht; die entsprechenden Verhaltensweisen stehen im Pflichtenheft gerade des Profisports. Und es ist ja nun nicht so, als säßen im Mediencenter eines Tour-Turniers ausschließlich Schmierenschreiber und Skribifaxe, vielmehr jede Menge fachkundige Kollegen seriöser Zeitschriften und Magazine. Und wer sein Metier beherrscht, der redet dem Star halt nicht nur nach dem Mund, sondern stellt womöglich mal unliebsame Fragen. Das gehört bei allem Wohlwollen zum Handwerk des Journalismus.

Mickelson und seine Eitelkeit

Womit wir bei der zweiten Diva des Golfsports angekommen sind: bei Phil Mickelson, der immer schon seine ureigene Attitüde des begnadeten Showmasters hatte und mit seinen Alleinstellungsmerkmalen zu kokettieren vermag wie kaum ein anderer. Seit dem Gewinn der PGA Championship auf Kiawah Island freilich übt sich „Lefty“ in Exaltiertheiten, die einen unangenehm narzisstischen Touch haben, und trägt die Wanamaker-Trophäe mit der buchstäblichen Eitelkeit des Pfaus in schillerndem Gefieder vor sich her.

Beispiel gefällig? Es folgt seine pikierte Replik auf eine Social-Media-Bemerkung zum Furor hinsichtlich der USGA-Überlegungen zur Schlaglängen-Eindämmung:


Die Vorgeschichte taugt ebenfalls als Exempel. Ein geschlagenes halbes Jahr nach den Ankündigungen des amerikanischen Golfverbands, die Distanzen zu adressieren, fällt selbst Mickelson auf und ein, dass man dazu ja medienwirksam was sagen könnte. Die öffentliche Aufmerksamkeit ist ihm ohnehin sicher. Und war garantiert bewusst kalkuliert.

Wegen eines Artikels im Schmollwinkel …

Nicht eingeplant hingegen war jener Beitrag in der „Detroit News“, der im Vorfeld der Rocket Mortgage Classic erschien und Mickelson als 500.000-Dollar-Betrugsopfer eines lokalen Wettanbieters thematisierte. Das gefiel dem sechsfachen Majorsieger gar nicht, der sich und das Turnier verunglimpft sah und den Schmollwinkel aufsuchte. „Phil the Thrill“, der in Sachen Zocken kein unbeschriebenes Blatt ist, nannte den Artikel-Autor „opportunistisch“, „selbstsüchtig“ und „spaltend“, wenngleich sein Anwalt die Richtigkeit der Darstellung bestätigte.

Der Vorfall war zwar alt, jedoch offerierte die „Detroit News“ bislang unveröffentlichte Details. Und wenn ein berühmter Sportler von einem schäbigen Buchmacher übers Ohr gehauen wird, so ist das definitiv eine Story und diese absolut legitim und nicht verwerflich, ob’s dem Protagonisten passt oder nicht. Auch das ist der Preis des Rampenlichts; zwischen all den Rosinen des Daseins als Star findet sich ab und an eine bittere Pille.

… und Instrumentalisierung der Fans

Schließlich drohte Mickelson Detroit und dem Turnier angesichts der „mangelnden Wertschätzung“ seiner Person mit Liebesentzug: Er werde Event und Stadt fürderhin meiden; es sei denn – das schob er später angesichts der eifrigen Claqueure in den sozialen Medien nach –, die Fans würden ihn ums Bleiben bitten. 50.000 Unterstützer forderte Mickelson und bekam sie – „I’m in!“

Letztlich hat er seine Gefolgschaft damit instrumentalisiert, den virtuellen Jahrmarkt der Eitelkeiten einem seriösen Umgang mit der Öffentlichkeit vorgezogen und virtuos auf der Social-Media-Klaviatur geklimpert. Was die PGA Tour ja neuerdings in Form ihres Player Impact Program (PIP) mit einem jährlichen Bonus-Topf von 40 Millionen Dollar honoriert, dessen Verteilung und Empfänger übrigens nicht öffentlich gemacht werden, wie Commissioner Monahan bei seinem Medien-Auftritt vor der Tour Championship bekannt gab.

Gute und böse Medien: Bedenklich populistische Entwicklung

Oder anders: Medien, die lediglich kritiklos und eilfertig applaudieren, sind gut und werden bedient; andere, die ausleuchten und eventuell unliebsam hinterfragen, sind böse und bekommen mindestens die kalte Schulter gezeigt oder werden gar beschimpft. Das gab’s bis Anfang des Jahres zuvorderst vor allem im Weißen Haus zu Washington.

Der professionelle Golfsport braucht fraglos Frontrunner, die faszinieren, polarisieren, in die Breite strahlen, öffentliche Wirkweise haben. Erst recht, seit der diesbezüglich stets verlässlich attraktive Tiger Woods bis auf weiteres ausfällt. Die Duldung oder gar Förderung von Allüren à la DeChambeau und Mickelson indes sind kein besonders nachhaltiger Weg – es ist vielmehr eine bedenklich populistische Entwicklung, die auf anderen gesellschaftliche Feldern schon üble Auswüchse gezeitigt hat. Glücklicherweise geht’s in diesem Fall nicht um Politik, es ist bloß Golf.

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