Vom Saatgutkaufmann zum Visionär des Golfsports
Samuel Ryder wird am 24. März 1858 im englischen St. Albans geboren. Als Sohn eines Gärtners hilft er zunächst im Familienbetrieb, hat jedoch einen ausgeprägten Geschäftssinn. Er erkennt eine Marktlücke: Saatgut in kleinen, erschwinglichen Mengen für jedermann. Mit den sogenannten „Penny-Päckchen“ revolutioniert er den britischen Gartenbau und baut ein florierendes Unternehmen auf. Dieser Erfolg verschafft ihm finanzielle Unabhängigkeit – und die Möglichkeit, seinen Leidenschaften zu folgen.
Erst mit 50 Jahren entdeckt Ryder Golf für sich. Was als Freizeitvergnügen beginnt, entwickelt sich zu einer ernsthaften Leidenschaft. Er tritt dem Verulam Golf Club bei, lässt sich von dem Profi Abe Mitchell trainieren und erreicht Handicap 6. Bald engagiert er sich nicht nur als Spieler, sondern auch als Förderer: Er unterstützt Turniere, stiftet Preise und denkt über die Zukunft des Sports nach.
1926 besucht Ryder ein inoffizielles Länderspiel zwischen britischen und amerikanischen Profis in Wentworth. Die mitreißende Stimmung inspiriert ihn. Er ist überzeugt: Ein regelmäßiger, offiziell ausgetragener Wettkampf könnte nicht nur sportliche Höchstleistungen fördern, sondern auch Freundschaft und Sportsgeist zwischen den Nationen stärken. Ryder lässt einen goldenen Pokal anfertigen – Kosten: rund 250 Pfund – und wählt als Deckelfigur das Abbild seines Freundes Abe Mitchell. Sein erklärtes Ziel: „Freundschaft und Sportsmanship zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten“.
Abe Mitchell erkennt die Bedeutung dieser Geste und sagt: „Was du getan hast, Sam, ist größer als jede Ehrung, die ich mir nur vorstellen kann.“ Damit ist der Grundstein für einen Wettbewerb gelegt, der weit über das reine Golfspiel hinausgeht.
Die Premiere im Worcester Country Club
Die erste offizielle Austragung findet am 3. und 4. Juni 1927 statt. Das Format ist klar: Am ersten Tag vier Vierer (Foursomes) über 36 Loch, am zweiten Tag acht Einzel (Singles) ebenfalls über 36 Loch. Für den Gesamtsieg sind 6,5 Punkte nötig.
Für die USA führt Kapitän Walter Hagen ein Team voller Stars an: Gene Sarazen, Leo Diegel, Johnny Farrell, Johnny Golden, Bill Mehlhorn, Joe Turnesa, Al Watrous und Al Espinosa. Großbritannien reist per Schiff an; Kapitän Ted Ray übernimmt kurzfristig für den erkrankten Abe Mitchell und bringt Aubrey Boomer, Archie Compston, George Duncan, Arthur Havers, Herbert Jolly, Fred Robson, Charles Whitcombe und George Gadd mit.
Am ersten Tag gewinnen die Amerikaner drei der vier Foursomes – ein klares Zeichen der Stärke. Am zweiten Tag holen sie sechs Siege in den Einzelmatches. Endstand: 9,5 : 2,5 für die USA. Ryder selbst ist nicht anwesend; eine Krankheit hält ihn in England zurück. Dennoch ist seine Idee auf beeindruckende Weise Wirklichkeit geworden.
Hickory-Schläger, Knickerbocker und ein ungewohnter Ball
Wer heute auf Bilder von 1927 blickt, sieht eine Golfwelt in einer Übergangsphase. Die Schläger bestehen überwiegend aus Hickory-Holz; Stahl ist in den USA seit 1926 zugelassen, aber noch nicht weit verbreitet. Die Schläger tragen traditionelle Namen wie Mashie (heutiges Eisen 5), Niblick (Eisen 9) oder Spoon (Holz 3) statt moderner Nummern.
Auch die Golfbälle unterscheiden sich: In Großbritannien ist der kleinere, schwerere 1,62-inch-Ball Standard; in den USA der größere, leichtere 1,68-inch-Ball. Der Wechsel auf den US-Ball verändert Flugbahn, Spin und Gefühl – ein Umstand, der im Matchverlauf spürbar ist.
Die Kleidung der Spieler ist typisch für die 1920er-Jahre: Knickerbocker-Hosen, Westen, Hemden mit Krawatte, Flatcaps und robuste Lederschuhe. Funktionale Sportmaterialien liegen noch in ferner Zukunft. Die Regeln orientieren sich am R&A-Kodex, doch die 14-Schläger-Regel wird erst 1937 eingeführt – 1927 tragen Spieler oft 20 oder mehr Schläger im Bag.
Wie Spieler und Medien das Debüt erlebten
Die US-Presse berichtet mit Begeisterung: Der Sieg wird als „Triumph des amerikanischen Spiels“ gefeiert. Walter Hagen wird als geborener Anführer beschrieben, der sportliches Können und Charisma vereint. In Großbritannien herrscht zwar Enttäuschung, doch der Respekt vor der Leistung der Amerikaner überwiegt.
George Duncan sagt rückblickend: „Das erste Ryder-Cup-Match wird stets in Erinnerung bleiben … der größere amerikanische Ball war leicht, windanfällig und wurde von manchen Briten abgelehnt.“ Deutsche Golfmagazine würdigen Ryder als „visionären Förderer des internationalen Golfsports“, kritisieren aber auch die „Exklusivität und elitäre Prägung“ des Spiels.
Abseits der Schlagzeilen wird von einer freundlichen Atmosphäre berichtet: Gemeinsame Abendessen, Trainingseinheiten und gegenseitige Tipps – ein sportlicher Austausch, wie ihn Ryder sich erträumt hatte.
Was die Premiere in den Köpfen hinterließ
In den USA gilt der erste Ryder Cup als historischer Meilenstein. Die Begeisterung in der Öffentlichkeit ist groß, Zeitungen preisen das Format als festen Bestandteil des Turnierkalenders. Walter Hagen und Samuel Ryder werden als Schlüsselfiguren gefeiert.
In Großbritannien wird die Niederlage als Ansporn verstanden. Kommentatoren betonen den Wert des Wettbewerbs und die Chance, die Ehre beim nächsten Aufeinandertreffen wiederherzustellen. Das britische Team schwört, aus den Erfahrungen zu lernen – insbesondere aus dem Umgang mit dem größeren Ball.
In Deutschland, wo Golf 1927 noch ein Nischensport ist, wird der Cup als „Zeichen freundschaftlicher Völkerverständigung“ beschrieben. Die Rivalität zwischen Briten und Amerikanern wird als sportlich wertvoll und inspirierend wahrgenommen. So endet die Premiere nicht nur mit einem klaren Sieg der USA, sondern mit der Geburt einer Tradition, die bis heute Brücken zwischen Kontinenten baut.
Heute im Ryder-Cup-Kosmos
Am 06.08.2025 gab es auf und abseits des Platzes viele Zeichen dafür, wie sich die Ryder-Cup-Teams formen – von Trainingshighlights über historische Rückblicke bis zu klaren Qualifikations-Entscheidungen.
Formtest aus dem Training
Sepp Straka zeigt im Training präzises Ball-Striking – Europas Tiefe im Kader macht sich bemerkbar.
Laser from Sepp 🎯
— Ryder Cup Europe (@RyderCupEurope)
August 6, 2025
Thomas jagt das Auto-Ticket
Justin Thomas liegt knapp außerhalb der automatischen Quali und will in den Playoffs liefern.
Justin Thomas is one position out of an automatic spot for the U.S. Ryder Cup team and wants to change that during the three weeks of the FedEx Cup Playoffs.
— Golf Digest (@GolfDigest)
August 6, 2025
Cameron Young im Aufwind
Vom Junior-Cup-Leader zum Kandidaten für Bethpage – der Push kommt zur rechten Zeit.
11 years after leading the U.S. to victory at the Junior Ryder Cup, Cameron Young is making a push for his Ryder Cup debut at Bethpage Black. 🏆🇺🇸 #GoUSA
— Ryder Cup USA (@RyderCupUSA)
August 6, 2025
Captain-Plan: Napa als Generalprobe
Keegan Bradley will Rhythmus – viele US-Spieler planen Turnierstarts kurz vor Bethpage.
🚨🇺🇸🏆 NEW: U.S. Ryder Cup captain Keegan Bradley says most members of his team will tee it up at the Procore Championship in Napa as additional prep…
— NUCLR GOLF (@NUCLRGOLF)
August 6, 2025
Fleetwood heizt die Gerüchteküche an
Kurzer Teaser, null Details – maximale Wirkung bei Team-Europe-Fans.
Tommy Fleetwood has an announcement to make… 💯 (🎥 @TommyFleetwood1)
— GOLF.com (@GOLF_com)
August 6, 2025
Ausblick auf Tag 49
Nach der Geburtsstunde des Ryder Cups führt unser Countdown direkt zum Herzstück der Geschichte: der Rivalität zwischen den USA und Europa. Wie aus einem freundschaftlichen Vergleich ein Kampf um Stolz, Prestige und nationale Ehre wurde – das erzählen wir morgen.
➤ Hier geht es zu Tag 49: Die Rivalität USA vs. Europa – mehr als nur Golf