Profisport Damen

LIV und die Ladies: Wann kommt Greg Normans Saudi-Liga auch fürs Damengolf?

20. Okt. 2022 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Greg Norman strebt nach LIV-Liga für Damen. (Foto: Getty)

Greg Norman strebt nach LIV-Liga für Damen. (Foto: Getty)

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Der Titelsponsor heißt Aramco und ist Saudi-Arabiens Goldesel mit zuletzt 87,9 Milliarden Dollar Halbjahres-Gewinn. Als Presenter fungiert Riads Staatsschatulle PIF. Auf jedem dritten Werbeaufsteller klebt der Verband Golf Saudi. Das Turnier findet auf Donald Trumps Platz Ferry Point in der New Yorker Bronx statt. Am Start sind sechs der 20 weltbesten Proetten, darunter die Aushängeschilder und LPGA-Superstars Nelly Korda und Lexi Thompson. Da besteht Gesprächsbedarf.

Nicht wegen Thompsons seit drei Jahren überfälligem Sieg bei der Aramco Team Series in New York. Aber wegen des Drumherum. Saudi-Arabiens Doktrin der Big-Player-Rolle im Weltsport – sie richten den Handballern gerade sogar eine Klub-WM aus – ist auch im Damengolf längst unübersehbar. Und ein Faktor von existenzieller Bedeutung.

Ladies European Tour: Dankbar für das Engagement von Aramco

Der Einstieg des Ölkonzerns Aramco im vergangenen Jahr hat die am Rande des wirtschaftlichen Abgrunds taumelnden Ladies European Tour (LET) von der Klippenkante gezogen. Selbst Lexi Thompson sagt: „Ohne die Unterstützung von Aramco würde die LET heute deutlich schwächer dastehen. Und ich denke, dass es kaum eine Spielerin auf der europäischen Tour gibt, die dafür nicht dankbar ist.“

Aramcos Engagement war in Sachen Wiederbelebung womöglich bedeutsamer als das 2019 vollzogene Joint Venture mit der LPGA, deren Protagonistinnen selbst vom Engagement des Riesen aus der Wüste profitieren. Weil Antrittsgelder gezahlt werden, was bei den Proetten ansonsten nicht vorkommt.

„Von jeher ein Befürworter des Damengolf“

Und es scheint es nur eine Frage der Zeit, bis die Saudis einen „Schutzschirm“ über die gesamte Damen-Profiszene zu spannen trachten. Ihr Golf-Impresario Greg Norman jedenfalls hat das Thema längst auf dem Schirm und sein „Versprechen“ dieser Tage noch mal wiederholt.

„Um ehrlich zu sein: Das steht bei mir ganz im Vordergrund, weil ich von jeher ein Befürworter des Damengolf bin“, sagte der Australier in diversen Interviews rund um das jüngste Event seiner LIV Golf Invitational Series in Jeddah. „Wenn sich die Gelegenheit für ein offenes Gespräch [mit den Damen-Touren] bietet, bin ich sofort dabei.“

LPGA-Pros: „Noch ist das nur Spekulation“

Damit droht dem Profigolf der Damen eine ähnliche Zerreißprobe wie PGA Tour und DP World Tour sie ertragen müssen, seit Norman dem Herren-Establishment mit Hunderten von Millionen Dollar die Protagonisten abspenstig zu machen versucht und mit Überläufern vom Schlage eines Dustin Johnson oder Cameron Smith ja auch bereits veritablen Erfolg hatte.

Deren Pendants auf der Damen-Tour, Spielerinnen wie Nelly Korda oder Lexi Thompson, geben sich diplomatisch neutral. „Momentan ist das ganze LIV-Zeug doch nur Spekulation. Und ich beschäftige mich nicht mit Spekulationen“, ließ Korda beim Aramco-Turnier in Ferry Point wissen. „Deswegen fokussiere ich mich auf die LPGA Tour.“ Thompson pflichtete ihr bei: „Genau. Wir konzentrieren uns darauf, was wir derzeit tun. Noch liegt ja auch kein Angebot auf dem Tisch.“

„Ein Klacks, für welches Geld wir spielen“

Die zweifache Majorsiegerin Christie Kerr (45) glaubt allerdings, dass „wahrscheinlich fast die gesamte Tour wechselt, wenn irgendeine Liga lukrativere Saläre anbieten würde“: „Im Vergleich zu den Herren ist doch ein Klacks, für welches Geld wir momentan spielen“, so die Amerikanerin im Gespräch mit „Golfweek“. Genau das adressierte auch die Engländerin Charley Hull, als sie nach dem Gewinn der Volunteers of America Classic auf der LPGA Tour Anfang Oktober meinte: „Man wäre doch komplett verrückt, ein Angebot von LIV nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen.“

Zumindest hat noch niemand aus den Reihen der Aktiven laut Nein gesagt. Mit Ausnahme von Hulls Landsfrau Meghan McLaren, die den Umgang des Regimes in Riad mit den Menschenrechten im Allgemeinen und den Rechten von Frauen im Besonderen bei jeder sich bietenden Gelegenheit anprangert und konsequent allem fern bleibt, was auch nur im Ansatz mit Saudi-Arabien zu tun hat. Wofür die Britin enorme finanzielle Verluste in Kauf nimmt.

Need vs. Greed

Die englische Sprache hat für den Zwiespalt ein schönes Wortspiel: Need vs. Greed, Gebot gegen Gier. Denn während bei den Herren alles darauf hinausläuft, dass zumeist ohnehin saturierte Stars den Hals nicht vollkriegen und sich immer noch mehr Dollarscheine sonst wohin stopfen lassen, geht’s bei den Damen oftmals um das berufliche Überleben. Da stellt sich die Frage nach Moral oder Moneten nicht – im Gegensatz zu etlichen LIV’lern, die sich Haltung durchaus leisten könnten, weil sie ihre (Millionen-)Schäfchen längst im Trockenen haben.

Und dabei erlebt die LET heuer das lukrativste Jahr ihrer Geschichte. „Schaut doch mal, wo wir 2019 standen und wo wir jetzt stehen“, verdeutlicht Tour-Chefin Alexandra Armas. Nicht zuletzt dank Aramco „ist es uns gelungen, die Anzahl und die Qualität der Turniere sowie die Preisgelder und die generellen Möglichkeiten für die Spielerinnen signifikant zu steigern. Nach ein paar harten Jahren können unsere Mitglieder deswegen Golf wieder als Karriere-Chance in Betracht ziehen, wo sie sich vorher realistischerweise nach anderen Jobs hätten umsehen müssen“.

Nur 29 LET-Spielerinnen über 100.000 Euro

Dennoch kam 2022 noch keine Spielerin ohne Major-Erfolg bei den Gewinnprämien an die magische Grenze von einer Million Euro, nicht mal die Mehrfachsiegerin Maja Stark oder ihre schwedische Landsfrau Linn Grant, die jüngst zum „Rookie des Jahres“ gekürt wurde. Nur 29 Akteurinnen verdienten bislang überhaupt mehr als 100.000 Euro.

Im LPGA-Spektrum sieht es nur bedingt besser aus: Lediglich 29 Proetten schafften heuer bereits die Eine-Million-Dollar-Marke. Klar, das ist keine brotlose Kunst. Aber rechnet man den immensen Kostenapparat mit Reisen, Personal, Unterkunft etc. bleibt selbst hier die ernüchternde Erkenntnis: Mit Damengolf seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ist echt hartes Brot.

„Unsere Verantwortung, jede Möglichkeit zu prüfen“

Deshalb ist das Establishment von LET und LPGA in Sachen saudischem Schotter keineswegs so hartleibig wie die Kollegen von der PGA Tour und ihr europäischer Appendix. Sowohl Armas als auch LPGA-Commissioner Molly Marcoux Samaan zeigen sich völlig offen, sprechen unisono von ihrer Verantwortung gegenüber Touren und Spielerinnen, jede sich bietende Möglichkeit zu prüfen.

„Wir würden mit LIV wie mit anderen potenziellen Partnern reden und versuchen, in einem konstruktiven Dialog Synergien zu finden“, sagt Armas. Marcoux Samaan wiederum kann sich eine Zusammenarbeit mit LIV Golf durchaus vorstellen, „sofern das zur Förderung des Damengolf beiträgt“. Aber: „Es braucht Input von Spielerinnen und Sponsoren. Denn es gibt viele Faktoren zu berücksichtigen, bevor wir mit LIV Golf Geschäfte machen.“

Ansonsten „werden wir einfach platt gemacht“

Für einige Größen des Damengolf steht übrigens schon fest, dass LPGA wie LET gar nicht umhin könnten, mit LIV Golf gemeinsame Sache zu machen, sollte Norman seine Ankündigungen in die Tat umsetzen. Ansonsten „werden wir einfach platt gemacht“, befürchtet Annika Sörenstam. „Das Geld ist nun mal der Game-Changer“, ergänzt Juli Inkster. „Die meisten Mädels würden gehen.“ Und Stacy Lewis, die aktuelle US-Solheim-Cup-Kapitänin, hofft bloß, „dass wir das überleben. Ich habe Angst um unsere Tour.“

Noch freilich ist es nicht soweit. „The Great White Shark“ hat nach eigener Aussage derzeit andere Prioritäten auf dem Zettel. „Ich bin mit den Vorbereitungen für das kommende Jahr komplett ausgelastet, und was wir für 2023 mit der LIV Golf Invitational Series vorhaben, erfordert meine volle Aufmerksamkeit. Wir haben noch viel zu tun, um das zum Laufen zu bringen.“

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