European Tour

BMW PGA Championship: Harsche Worte und interne Treffen – Wentworth ist derzeit ein heißes Pflaster

07. Sep. 2022 von Michael F. Basche in Wentworth, England

Billy Horschel fand im Vorfeld der BMW PGA Championship deutliche Worte bezüglich der teilnehmenden LIV-Golfer. (Foto: Getty)

Billy Horschel fand im Vorfeld der BMW PGA Championship deutliche Worte bezüglich der teilnehmenden LIV-Golfer. (Foto: Getty)

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Es wird persönlich. Im Wortsinn. Bei der BMW PGA Championship im elitären Wentworth Club trifft die ansonsten vielfach in den USA aktive Beletage der DP World Tour erstmals auf eine stattliche Anzahl von LIV-Überläufern. Das Line-up liest sich ungefähr so: FedEx-Cup-Sieger Rory McIlroy und die US-Open-Champions Matt Fitzpatrick und Jon Rahm, dazu der tourtreue Titelverteidiger Billy Horschel gegen Sergio Garcia, Lee Westwood, Ian Poulter oder Patrick Reed. Das birgt Brisanz.

BMW PGA Championship: Offene Animositäten im Vorfeld

Schon im Vorfeld des Flaggschiff-Turniers sah sich der Stoßtrupp vom Konkurrenz-Circuit offenen Animositäten ausgesetzt. McIlroy war schon im Augenblick des Triumphs von Atlanta „auf den Magen geschlagen, dass ich etlichen dieser Typen in Wentworth begegnen muss. Das fühlt sich einfach nicht richtig an und ich hasse es“. Fitzpatrick wiederum fand es „seltsam, schräg und ziemlich enttäuschend“. Tour-Chef Keith Pelley wiederum übersandte ein schriftliches Verbot von LIV-Golf-Emblemen auf Bekleidung sowie Ausrüstung und empfahl dringend den Verzicht auf die Teilnahme am heutigen Pro-Am. Martin Kaymer fühlte sich darob derart unwillkommen, dass er sich gleich den Flug aus den USA nach England ersparte – angesichts der Stärke des Felds gleichermaßen in sportlicher Hinsicht gewiss eine sehr rationale Entscheidung.

Pelley: Meeting mit der „unliebsamen Verwandtschaft“

Vor Ort setzte sich das Dissen und Bashing dann fort. Auf dem Platz und bei den Einspielrunden blieb es bislang zwar weitgehend ruhig – auch, weil sich Ian Poulter („Es gibt nichts zu bereden“) und Graeme McDowell („Ich bin nicht in Stimmung für Kommentare") beispielsweise wohlweislich jedwede Bemerkungen verkniffen. Überdies hatte Pelley ein Treffen mit der „unliebsamen Verwandtschaft“ angesetzt, die da so ungebeten zu Besuch gekommen war, um eventuelle Wogen intern zu glätten. Das Meeting mit Wade Ormsby, Sergio Garcia, Ian Poulter, Abraham Ancer, Graeme McDowell und Bernd Wiesberger verlief allerdings wie’s Hornberger Schießen, berichtet laut „Golf Digest“ einer, der dabei war. Sprich: Man hatte sich sehr wenig zu sagen und mochte schon gar nicht streiten.

Stecknadel-Ruhe statt Feuer aus allen Rohren

Pelley hielt ein 15-minütiges Referat zu den Standpunkten und zur Haltung der DP World Tour sowie zur „Strategischen Allianz“ mit der PGA Tour und warf den LIV’lern vor, sie würden nun der Tour in die Suppe spucken, die sie erst zu Stars gemacht habe. Poulter las aus seinem Handy drei vergleichsweise harmlose Fragen an Pelley ab, die ganz offenbar von den LIV-Anwälten vorformuliert worden waren. Garcia erkundigte sich wenigstens nach den allgemeinen Chancen auf eine Berufung ins Team für den Ryder Cup in Rom 2023 und erhielt die Antwort: „Klar, diese Woche könnt Ihr Punkte sammeln. Doch wer weiß, was in zwölf Monaten ist.“ Mehr war nicht.

„Ich hab echt gestaunt, wie wenig die LIV-Jungs zu bieten hatten“, zitiert „Golf Digest“ den Augen- und Ohrenzeugen: „Dabei hatte ich erwartet, dass sie aus allen Rohren gegen Pelley und die DP World Tour schießen würden. Stattdessen war es so ruhig, dass man zwischendurch eine Stecknadel hätte fallen hören können.“

Rahm und Horschel zogen derb vom Leder

Dennoch ist Wentworth in diesen Tagen ein ziemlich heißes Pflaster. Dafür sorgt schon das Spieler-Establishment der DP World Tour, das bei den offiziellen Pressekonferenzen mächtig vom Leder zog, von denen die LIV-Lehnsmänner selbstredend ausgeschlossen waren.

Jon Rahm ärgerte sich vor laufenden Kameras darüber, „dass jemand wie mein Freund und Landsmann Alfredo Garcia-Heredia, der dieses Jahr 20 DP World-Events gespielt hat und um seine Tour-Karte kämpft, wegen dieser Leute am Flaggschiff-Event seiner Tour nicht teilnehmen kann. Das finde ich falsch. Sie mögen sich das irgendwann mal irgendwie verdient haben: Aber jetzt nehmen sie anderen den Platz weg, die sich einen Start [wegen ihrer Loyalität zur Tour] deutlich mehr verdient haben“, erboste sich der Spanier. „Ich werde keine Namen nennen, aber klar ist, dass deren Motive ganz andere sind, als die DP World Tour zu unterstützen.“

LIV’lern geht’s um die Weltranglistenpunkte

Das ist des Pudels Kern. Insgesamt 15 „Abtrünnige“ gehen morgen auf Wentworths West Course in der Heidelandschaft von Surrey an den Start – qualifiziert, weil sie noch in den Top-60 der Welt rangieren; zugelassen, nachdem Poulter und Co. die Sperren der DP World Tour per richterlich stattgegebener Einstweiliger Verfügung ausgehebelt hatten – in der Hauptsache wird ab Februar 2023 verhandelt. Also nutzt man diesen rapide schwindenden Status, um so schnell wie möglich noch so viele Weltranglisten-Punkte wie möglich zu ergattern.

„Das ist ein Schlag ins Gesicht“

Und im Gegensatz zu Rahm scheute sich der Titelverteidiger nicht, Ross und Reiter zu nennen. „Die Abraham Ancers, Talor Goochs und Jason Kokraks [Letzterer hat mittlerweile zurückgezogen, Anm. d. Red.] haben dieses Turnier nie gespielt, haben sich nie drum geschert – warum seid Ihr jetzt am Start? Nur wegen der Weltranglistenpunkte, die es bei LIV nicht gibt. Das ist ein Schlag ins Gesicht“, schimpfte Horschel und fand ebenso harsche Worte an die Adresse der ehemaligen European-Tour-Recken: „Westwood oder Poulter mögen der Tour treu gedient haben, aber jetzt und unter diesen Umständen haben sie hier nichts zu suchen. Und wie war das noch mit der viel beschworenen Mehr-Zeit für die Familie und die Erholung als Begründung für den Wechsel zu LIV? Alles Heuchelei. Nein, Sie sollten wirklich nicht hier sein!“

Mittlerweile freilich zieht sich der Riss zwischen Ablehnung und Akzeptanz sogar durchs Lager des vermeintlich geeinten Tour-Aufgebots. Bestes Beispiel dafür ist die Reaktion von Gonzalo Fernández-Castano auf eine Bemerkung von Paul McGinley, dem Ryder-Cup-Kapitän von 2014 und TV-Experten bei Sky Sports. „Niemand will diese Spieler in Wentworth sehen“, hatte der Ire unlängst gegiftet und fing sich darob die gallige Replik des Spaniers ein, er solle sich gefälligst nicht anmaßen und den Anschein geben, im Namen aller DP-World-Tour-Mitglieder zu sprechen.

Sogar McGinleys aktueller Nachfolger Luke Donald plädierte in Wentworth für Toleranz. „Ich sehe keinerlei Spannungen“, so der Engländer. „Man geht freundlich miteinander um. Alles prima, kein Grund zur Sorge.“


„Es herrschen gemischte Gefühle. Einige Leute denken – wie ich –, dass die LIV-Jungs nicht hier sein sollten. Andere haben das Gefühl: ,Hey, diese Spieler haben beim Aufbau der DP World Tour mitgeholfen, waren Teil der Ryder Cups und haben der European Tour zum Erfolg verholfen.‘ Also sind sie damit einverstanden. Wieder andere sind schwankend, halten sich einfach ganz raus oder sagen, dass sie mit dem Auftritt der LIV-Golf-Spieler kein Problem haben.“ [Scott Hend und Romain Langasque beispielsweise, Anm. d. Redaktion]

Billy Horschel


Update: Gestern stand an dieser Stelle der Satz „Mal sehen, was der heutige Tag noch bringt“. Natürlich ging es am Mittwoch der BMW Championship munter weiter hin und her. Erst erklärte Rory McIlroy bei seiner Pressekonferenz, das Interessanteste an der „Seifen-Oper“ LIV Golf Invitational Series seien die Spekulationen über Neuzugänge, und machte sich über eine etwaige Finalrunde mit einem LIV’ler lustig: „Das ist dann der vierte Tag Turniergolf am Stück, das sind sie nicht mehr gewohnt und werden müden sein.“

 

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Dann wehrte sich Talor Gooch via Twitter gegen die Vorwürfe von Billy Horschel, dieser sei ja nun selbst auch nicht besonders oft auf der DP World Tour angetreten: „Er tut, was für seine Karriere das beste ist. Wie wir alle.“

Derweil tauchte Patrick Reed doch mit LIV-Logos am Outfit auf der Driving Range von Wentworth auf. Und schließlich wurden Horschel und Ian Poulter auf dem Putting-Grün bei einem durchaus lebhaften Gespräch „erwischt“. Wenngleich schwierig bis gar nicht zu verstehen ist, worüber die beiden sich austauschten, dürfte – auch angesichts der Gestik – als gesichert anzunehmen sein, dass es um LIV Golf und Horschels Kritiken ging.

Gut, dass seit heute morgen der Sport das Sagen hat und hoffentlich die bislang eher ungemütliche Atmosphäre in Wentworth überlagert. Zumal die Turnierverantwortlichen das LIV-Kontingent in homöopathischen Dosen aufs Feld verteilt und aus den „Featured Groups“ gänzlich herausgehalten hat.

„Ich war noch nie ein schlechter Verlierer“

Bleibt bloß noch die Frage, wie’s wohl wird, wenn ein LIV-Spieler tatsächlich dieses besondere Turnier der DP World Tour gewinnen sollte. Titelverteidiger Horschel dürfte zuvorderst für eine Antwort berufen sein. „Das ist eine großartige Frage. Darüber habe ich intensiv nachgedacht. Aber ich weiß einfach nicht, was ich antworten soll“, bekennt der Mann aus Florida: „Naja, ich war noch nie ein schlechter Verlierer. Also werde ich ihm wohl die Hand schütteln und gratulieren – ,gut gespielt’.“

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