Golf Post Premium European Tour

Die Macht der Moneten: Saudi-Arabien auf dem Weg zum „Big Player“ im Golf

03. Feb. 2021 von Michael F. Basche in Köln Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Die Saudi International der European Tour ist nicht unumstritten, aber nur ein Teil des Gesamtbildes. (Foto: Getty)

Die Saudi International der European Tour ist nicht unumstritten, aber nur ein Teil des Gesamtbildes. (Foto: Getty)

Es ist eine ewige Diskussion: Wie politisch kann, darf, soll, muss Sport sein? Wie damit umgehen, wenn der Sport politisch genutzt, ja missbraucht werden soll oder wird? Schon in der griechischen Antike nutzte ein gewisser Alkibiades seine olympischen Erfolge und das damit verbundene Prestige, um Position und Einfluss in Athen zu stärken. Bei den 91. Spielen des Altertums im Jahr 416 v. Chr. schickte der betuchte Privatier gleich sieben Gespanne ins Wagenrennen, auf das nichts schief gehe, und belegte prompt die Plätze eins bis drei.

Glanzlack per „Sportswashing“

Andere holen sich den Sport und seine Stars ins Land oder aufs eigene Areal, um damit national wie international zu kaschieren, antichambrieren und reüssieren. Die Beispiele sind Legion und füllen Bände der Sporthistorie von einst bis jetzt. „Sportswashing“ nennt sich das neudeutsch, Glamour und Glanzlack als Tünche für politisch prekäre Positionen und Ablenkung von menschliche Malaisen – diese Woche erneut zu besichtigen beim Saudi International der European Tour.

Zum mittlerweile dritten Mal gastiert der Profi-Circuit im Royal Greens Golf & Country Club der Retortenstadt King Abdullah Economic City; einmal mehr hat Saudi-Arabien eine Menge Petrodollar locker gemacht, um das Turnier und letztlich sich selbst mit Größen wie dem Weltranglistenersten und Green-Jacket-Träger Dustin Johnson, US-Open-Champion Bryson DeChambeau oder Phil Mickelson zu schmücken, der ohnehin als Saudi-Fan bekannt ist.

Umfaller Paul Casey

Von der European Tour ist eh alles vertreten, was Rang und Namen hat. Selbst Paul Casey hat seine Ressentiments gegen das Regime in Riad revidiert. „Ich glaube, dass der Sport die Kraft hat, Veränderungen zu bewirken. Und ich sehe das Engagement der Saudis und ihre Vision für die Zukunft“, rechtfertigte der UNICEF-Botschafter und frischgebackene Dubai-Sieger vor einiger Zeit seinen Sinneswandel: „Man muss aufgeschlossen sein und aus Entwicklungen lernen können.“

So sind Tiger Woods und Rory McIlroy längst die Einzigen unter den absolut Arrivierten, denen die Macht der Moneten noch nicht das Rückgrat aufgeweicht hat. Ersterer lehnte mit Hinweis auf zu viel Reisestress dankend ab; „Rors“ wiederum findet das Turnier „nicht sonderlich spannend, da spiele ich lieber an der US-Westküste“.

Oder debütiert halt ab morgen bei der Phoenix Open im TPC Scottsdale. Sowieso gebe es „wichtigere Dinge als Geld. Das hat auch was mit Moral zu tun“. Konsequent ist er diesbezüglich nicht immer, aber das ist eine andere Geschichte.

Königreich drängt auf die globale Golfbühne

Läuft dennoch für die Saudis. Die normative Kraft des Faktischen setzt sich durch. Kaum die Rede ist mehr von Menschenrechten und Missständen oder gar von der Ermordung des kritischen „Washington-Post“-Journalisten Jamal Khashoggi im Istanbuler Konsulat des Königreichs: Mammon triumphiert über Moral, Millionäre lassen sich für noch mehr Geld als Handlanger vor den PR-Karren des Systems spannen.

Dahinter steckt Strategie: Die Saudis ebnen sich den Weg für die Zeit nach dem Öl, drängen mit aller Macht auf die globale Golfbühne, wollen zum „Big Player“ werden, betätigen dafür alle verfüg- und erreichbaren Hebel. Das Saudi International ist nur ein Element in diesem Puzzle.

Saudi-Platzdesigner beginnt Studium

Mit dem Business-Gipfeltreffen „Golf Saudi Summit“ setzte der nationale Verband 2020 das Networking auf andere Ebene fort, stellte seine „Vision 2030“ der Golfentwicklung vor und fand hier ebenfalls brave, eilfertige Claqueure.

Die am Rande des wirtschaftlichen Abgrunds taumelnde LET wurde mit zwei Turnieren umgarnt, denen sie angesichts klammer Kassen und stagnierender Standorte natürlich nicht widerstehen konnte. Für die Jubelarie sorgte Tour-Sternchen Carly Booth, die als gut bezahlte Botschafterin flugs die historische Möglichkeit pries, Golf in der weiblichen Bevölkerung populärer zu machen.

Neulich verkündete „Golf Saudi“, der unternehmerische Arm des Verbands, demnächst sogar einen eigenen Golfplatz-Architekten zu haben. Im Mai beginnt Abdullah Kamakhi sein zweijähriges Studium beim European Institute of Golf Course Architects (EIGCA); der Absolvent der Landschaftsarchitektur an der Arizona State University steht seit 2019 in Diensten des Verbands und zeigt sich angemessen „dankbar für die Chancen und die Unterstützung, die ,Golf Saudi‘ mir bietet“.

Der „Goldene Bär“ und das Megaprojekt

Jüngster Coup des Königreichs ist die Verpflichtung von Jack Nicklaus. Der „Goldene Bär“ folgt gleichermaßen dem Sirenenruf eines satten Salärs und plant nunmehr seinen ersten Golfplatz im Nahen Osten. Der Kurs soll zur Spielwiese eines luxuriösen privaten Golf- und Country-Clubs werden und das als Touristenmagnet gedachte saudiarabische Entertainment-Megaprojekt Qiddiya nahe Riad bereichern. Selbstverständlich ist der Auftrag für Nicklaus „eine große Ehre“. Ebenso erwartbar folgt das immer gleiche Mantra vom „Beitrag zur Entwicklung des Sports und zur Freude am Spiel“.

Greg Norman darf als nächster Designer ran

Nicklaus‘ Werk ist als künftiger Nummer-eins-Platz in Saudi-Arabien gedacht, der Beginn der Bauarbeiten für Ende des Jahres geplant. Mittelfristig soll in Qiddiya ein zweiter Parcours folgen, irgendwann wird das Saudi International garantiert umziehen.

Bis 2030 will „Golf Saudi“ 13 touristische Anlage aus dem Wüstenboden stampfen –„ausschließlich mit international renommierten Designern und vor allem den ganz großen Namen“, betont Golfchef Majed Al Sorour. Laut „Golf.com“ darf Greg Norman als nächster ran, in Diriyah, eine gute halbe Autostunde von der Hauptstadt entfernt. Langfristig soll das Gros der notwendigen Fachkräfte aus der eigenen Bevölkerung rekrutiert werden, siehe Abdullah Kamakhi.

Premier Golf League ist nur hinterm Horizont

Und dann ist da noch die Premier Golf League (PGL), die für so viel Getöse sorgte und das Lager der Spieler spaltete, bevor sich der Schatten von Corona über alles legte. Nicht zuletzt hatte diese Fata Morgana des Super-Circuits nach Formel-1-Vorbild, befeuert von der Kohle aus Saudi-Arabiens milliardenschwerem Public Investment Fund (PIF), erheblichen Anteil am Schulterschluss zwischen PGA und European Tour.

Eine Entwicklung übrigens, die Rory McIlroy („Mir gefällt nicht, wo das Geld herkommt“) in gewisser Hinsicht schon prognostiziert hat, als die ersten Details der ehrgeizigen Pläne bekannt wurden und er bei seiner Absage die PGL gleichwohl als möglichen „Katalysator“ für Veränderungen, „für Eingriffe in die bestehenden Strukturen“ bezeichnete.

Selbst wenn die PGL derzeit erst mal wieder hinterm Horizont verschwunden ist, aufgegeben haben die Saudis ihre hochtrabenden Pläne gewiss nicht.

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