Panorama

Getöse um Super-Tour: Da wird eine mächtige Sau durchs Dorf getrieben

05. Feb. 2020 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Phil Mickelson hat sein Interesse an der PGL schon bekundet. (Foto: Bunkered.com/Getty)

Phil Mickelson hat sein Interesse an der PGL schon bekundet. (Foto: Bunkered.com/Getty)

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2018 waren es die neuen Golf-“Gesetze“, diesmal ist es die Premier Golf League (PGL): Es scheint, als hätte der Profizirkus neuerdings am Jahresanfang gern ein Aufregerthema. Während beim Räsonieren über die Revision des Regelreigens zuvorderst galt, erst mal lesen statt lamentieren, wird mit dieser gerade am Horizont aufglühenden Super-Liga eine veritable Sau durchs (Golf-)Dorf gejagt. Will heißen: ein Popanz, dem ganz bald die heiße Luft ausgehen dürfte. Wenngleich die Vision gewiss nicht ohne Substanz ist – das so üppig gefüllte „Sparschwein“ galoppiert auf sehr schwankendem Boden.

Monahan mit Zuckerbrot und Peitsche

Was bisher bekannt ist: Mit Schubkarren voller Schotter wollen die Macher der PGL 48 arrivierte Akteure der großen Profi-Touren für ihren 18 Events umfassenden Circuit abwerben, kündigen Sponsoren und TV ein berechenbares, weil konstantes Aufgebot an spielenden Attraktionen samt Teamwettbewerb à la Formel 1 an – plus das ganze Zipp und Zapp eines Sportspektakels, Details lassen sich hier nachlesen.

Im Kleingedruckten des PGL-Statements allerdings liegt der Hase im Pfeffer. Man wolle nicht gegen, sondern mit den bestehenden Touren arbeiten, heißt es dort, und verstehe sich als Ergänzung. In Ponte Vedra Beach und in Virginia Water freilich sieht man das komplett anders. PGA-Tour-Commissioner Jay Monahan fand in einer E-Mail an alle 228 Tour-Spieler sehr klare Worte: „Mit uns hat niemand gesprochen, und der Spielplan [der Premier Golf League] ist als direkte Konkurrenz zu unserem Kalender für den FedEx Cup entworfen. Wenn dieses neue Konzept 2022 oder wann immer Realität werden sollte, müssen sich unsere Spieler entscheiden, ob sie Mitglieder der PGA Tour bleiben oder auf der neuen Serie spielen wollen.“

„Bedrohung für die Struktur des professionellen Golfsports"

Aus England soufflierte Keith Pelley: „Das ist eine Bedrohung für die Struktur des professionellen Golfsports in seiner jetzigen Form.“ Klingt wie eine Kriegserklärung. Zumal schon das Wort von der Wettbewerbsbeschränkung die Runde macht.

Beim Meeting des PGA-Tour-Spielerrats während der Farmers Insurance Open in Torrey Pines legte Monahan nach und machte deutlich, dass kein Spieler gleichzeitig Mitglied der PGA Tour und der Premier Golf League sein könne. Im Klartext: Wir oder die! Parallel verkündete er die Erhöhung des Preisgeld der Players Championship auf 15 Millionen Dollar und kündigte fürs angebrochene Jahrzehnt generell ordentliche Zaster-Zulagen dank neue TV-Deals etc. an. „Zuckerbrot und Peitsche“ nennt man so was.

„Massenhaft Geld“ als Kompensation des Tour-Banns

Saftige Schecks sind der einfachste Weg, dem PGL-Spuk ein rasches Ende zu bereiten. Golf-Professionals sind letztlich Einzelunternehmer, Geschäftsleute; sie spielen dort, wo das Angebot stimmt. Obwohl Altmeister Gary Player gewohnt wortreich Loyalität und Haltung reklamiert, die Spieler an „ihre Verpflichtung“ erinnert und meckert, dass „da jemand mit einer Menge Geld kommt und eine Tour ruiniert, die genau diese Spieler berühmt und reich gemacht hat“: It‘s all about the Money, es geht immer in erster Linie um die Moneten. Indes „muss schon massenhaft Geld auf dem Tisch liegen, damit jemand das Risiko eingeht, von der PGA Tour in Acht und Bann geschlagen zu werden“, zitiert „Golf.com“ einen Spieler der anonym bleiben will.

Das Geld für die PGL kommt aus Saudi-Arabien

Die Dollar-Millionen für die Premier Golf League kommen übrigens aus Saudi-Arabien; die Scheichs wollen über ihr gerade beendetes Saudi International und das anschließende Gipfeltreffen der Golfbranche hinaus zum Big Player avancieren und stellen die Weichen für künftige Bedeutsamkeit, solange die Ölquellen noch einträglich sprudeln.

Besonderes G‘schmäckle hat die Sache, weil hinter den PGL-Plänen das Königshaus selbst steht. In einer Publikation namens „Arab News“ verlautbarte Khalid bin Saud Al-Faisal, einer der zahlreichen Saudi-Prinzen: „Mit unseren ambitionierten Vorhaben, die von König Salman und vor allem von Kronprinz Mohammed bin Salman unterstützt werden, hat Golf eine glänzende Zukunft und ist eine große Chance für alle Saudis.“ Es ist eben jener Mohammed bin Salman, der laut CIA persönlich die Ermordung des unbequemen Journalisten Jamal Khashoggi angeordnet hat.

Mickelson und die Strippenzieher

Über einen prominenten Propagandisten darf sich die PGL definitiv bereits freuen. Phil Mickelson hatte bei Pro-Am vor dem Saudi International alle entsprechenden Strippenzieher in seinem Flight: den Amerikaner Colin Neville, Sozius des New Yorker Beratungsunternehmens The Raine Group, der unter anderem chinesische Investoren beim Fußball-Traditionsclub Manchester United unterbrachte und David Beckham beim Einstieg in die amerikanische Major League Soccer unterstützte; den einflussreichen Londoner Finanzmenschen Andrew Gardiner, Direktor bei Barclays Capital; und schließlich Majed Al Surour, CEO der Saudi Golf Federation. Wer da an Zufall glaubt …

Anschließend sah man „Lefty“ überdies beim Shakehands mit Yasir Al-Rumayya, der Saudi-Arabiens zigmilliarden Dollar schweren Public Investment Fund (PIF) verwaltet. Eine pikante Note am Rande ist, dass Al-Rumayya in jüngster Zeit etliche Engagements – Achtung, Wortspiel – in den Sand gesetzt hat, etwa in Sachen Tesla, wo man zu früh ausstieg, oder bei Uber und WeWork.

„Lefty“ als Zugnummer allein reicht nicht

Mickelson andererseits hat nicht viel zu verlieren, wenn er sich der PGL anschließt, denn der 46-Jährige dürfte auf der PGA Tour auch nicht mehr viel zu gewinnen haben.

Doch mit dem fünffachen Majorsieger als Zugnummer allein ist es ohnehin nicht getan. Greg Norman glaubt zwar, dass die Superliga auch ohne einen Tiger Woods oder Rory McIlroy zum Erfolgsmodell werden kann, aber der Australier sollte es eigentlich besser wissen. Er hatte schon Anfang der 1990er Jahre eine Art Welttour von acht herausragenden und mit Stars gespickten Turnieren vorgeschlagen und war krachend gescheitert. Es fehlte an der ultimativen Unterstützung, als „King“ Arnold Palmer abwinkte („Das ist nicht gut für die PGA Tour und nicht gut für unseren Sport“) und Elite-Spieler wie Peter Jacobson und Lanny Wadkins ihm folgten: „Wenn es für Arnie nicht gut genug ist, dann auch nicht für uns.“

PGA Touren adaptierten Normans Idee zur WGC-Serie

Von Tiger Woods war in Sachen PGL noch nichts zu hören, und viele Insider gehen davon aus, dass eine Superliga ohne den absoluten Superstar zum Scheitern verurteilt ist. „Insbesondere die gewachsene Stärke, ihre stetig steigenden Preisgelder, stabile Beziehungen zu Sponsoren und nicht zuletzt der erweiterte TV-Vertrag sprechen für die PGA Tour“, schreibt Doug Ferguson, Golf-Experte der Nachrichtenagentur „AP“.

Der designierte neue Weltranglistenerste Rory McIlroy jedoch hat schon klar Stellung bezogen. „Ich liebe die PGA Tour und möchte definitiv nicht verlieren, was da in den vergangenen 40, 50 Jahren aufgebaut wurde, Traditionsturniere wie unser Gastspiel im Riviera Country Club; all das, was wir in all den Jahren kennen und schätzen gelernt haben.“

Fünf Jahre nach Normans gescheitertem Vorstoß übrigens erblickten die World Golf Championships das Licht der Golfwelt, die großen PGA Touren aus den USA, Europa, Südafrika, Fernost und Australien mit dem damaligen „Commish“ Tim Finchem an der Spitze hatten dem großen weißen Hai sehr wohl genau zugehört, seine Initiative schnurstracks adaptiert und als Eigeninitiative verkauft, nachdem Norman die reguläre Tour verlassen hatte – was ihn bis heute fuchst und gegen das herrschende Tour-System opponieren lässt.

McIlroy: Katalysator für Veränderungen?

Genauso könnte es jetzt passieren, die PGL-Schimäre womöglich den Reformwillen gerade der US-PGA-Tour beflügeln. Das Bessere ist bekanntlich der Feind des Guten. Daran glaubt jedenfalls Rory McIlroy. „Vielleicht kann sie [die Premier Golf League] der Katalysator für Eingriffe in die bestehenden Strukturen und Entwicklungen vom reinen Wettbewerb hin zum Entertainment sein“, sagte der Nordire. „Diese Jungs haben mich mit ihrer Idee schon 2014 angesprochen, und sie haben zweifellos ein paar Schwachstellen im System des heutigen Golfsports auf dem Top-Level entdeckt.“

Konkurrenz belebt bekanntlich nicht nur das Geschäft, sondern beflügelt gleichermaßen die Mitbewerber. Und wenn die „Sau“ PGL bei ihrem Galopp durchs Dorf genug Staub aufwirbelt, dass sich im etablierten System was bewegt und „Veränderungen die Sache vorwärtsbringen“ (McIlroy), dann soll‘s recht sein. Deswegen müssen die Saudis ja nicht gleich den ganzen Golfsport kaufen.

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