Back Nine

Charley Hoffmans verquere Logik: Turnierregeln schicken Spieler in die Wüste

14. Feb. 2022 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Die WM Phoenix Open der PGA Tour sorgte für einige Schlagzeilen. (Foto: Getty, Twitter/@PGATOUR)

Die WM Phoenix Open der PGA Tour sorgte für einige Schlagzeilen. (Foto: Getty, Twitter/@PGATOUR)

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Da hatte aber einer Aufmerksamkeit nötig: Charley Hoffman, Profi aus Kalifornien, ehemaliges Mitglied der Vokuhila-Fraktion und Angehöriger des Spielerbeirats der PGA Tour, schlug am Freitag der Waste Management Phoenix Open seinen Ball vom 13. Abschlag ins Wasser. So weit, so schlecht. Doch auch sein Straf-Drop rollte in den Teich, worauf der 45-Jährige völlig regelkonform mit zwei weiteren Strafschlägen belegt wurde. Hoffman sah das freilich anders, postete später via Instagram eine wüste Tirade über die amateurhafte Platzierung von „Penalty Areas“ an die Adresse von PGA Tour und Regelinstanz USGA und lamentierte über „fehlendes Verantwortungsbewusstsein“ und „mangelnden Schutz für die Spieler“. Damit nicht genug, verstieg sich Hoffman zu folgender verquerer Logik: „Dann darf man sich auch nicht wundern, warum die Jungs ein sinkendes Schiff verlassen und auf einer anderen Tour spielen wollen. Spieler brauchen Transparenz, Schutz und Verlässlichkeit. Die derzeitigen Instanzen versagen diesbezüglich.“ Will heißen: Mittlerweile sind schon völlig normale Turnier- und Golfregeln schuld, dass sich Professionals von den Dollarmillionen einer Saudi-Liga verlocken lassen? Es geht gar nicht um Gier? Vielmehr schicken die etablierten Verbände ihre Schutzbefohlenen förmlich in die Wüste?

Allmählich wird es echt lächerlich, was da an Alibi herhalten muss und wie reflexhaft der Disruptor aus Riad benutzt wird, um ureigene Interessen zu transportieren und zu untermauern. Ohne den Verweis auf den drohenden Konkurrenz-Circuit wäre Hoffmans Versagen in der „Penalty Area“ eine Fußnote des Turniers geblieben. So aber gab’s wieder fette Schlagzeilen in allen Medien. Gut freilich, dass er die gebührenden Antworten bekam. Zwei davon seien stellvertretend zitiert. Im „Golf Channel“ sagte TV-Experte und Ex-Pro Brandel Chamblee: „Was hat das mit Schutz oder Verlässlichkeit zu tun. Er [Hoffman] ist selbst schuld, wenn er die Regeln nicht kennt […] Hoffman hat in xx Jahren auf der PGA Tour bloß vier Mal gewonnen, aber ungefähr 32 Millionen Dollar verdient. Das System, das er kritisiert, erlaubt ihm ein fürstliches Leben […] Der Grund, warum Spieler von Bord gehen wollen, sind nicht seine Regel-Unkenntnis oder vier Strafschläge, mit der er Chaos in den sozialen Medien verursachte: Es ist vielmehr reine Gier. Es geht nur ums Geld.“ In dieselbe Kerbe hieb Tony Johnstone, ebenfalls Ex-Pro und eine Legende der European Tour. Der Veteran aus Simbabwe schrieb auf Twitter:

Das muss man nicht übersetzen. Hoffman hat sich übrigens später zerknirscht gezeigt und seine Erratik herunter gespielt: „Niemand ist der PGA Tour für ihre Arbeit dankbarer als ich.“

 

Harry Higgs und Joel Dahmen oben ohne

Völlig losgelöst: Bierbüchsen-Hagel und Schaum-Duschen, grölende Fans und ausgeflippte Golfer – das Geschehen auf dem berühmten Party-Loch des TPC Scottsdale schlug vermeintlich niemals höhere Wellen als bei der gerade beendeten Ausgabe der Waste Management Phoenix Open. Und während die einen den neuen Geist im Golfsport feiern, schütteln andere eher angewidert den Kopf und finden, dass weniger durchaus mehr und der Popularität des Spiels dennoch förderlich sein kann. Wie auch immer: Den Vogel schossen jedenfalls Harry Higgs und Joel Dahmen ab, die nach einem verwandelten Putt von Higgs mal so frei waren, sich auf dem berühmten 16. Grün obenrum frei zu machen:

Damit haben die beiden vermutlich endgültig Kultstatus erreicht. Und wieso wundert es eigentlich nicht, dass sich prompt ausgerechnet Paige Spiranac zu Wort meldet und augenzwinkernd ihr Erstaunen kundtut, dass Higgs sich „sexualisiert, um Aufmerksamkeit zu erregen“: „Ich würde so was NIE machen!“

Sollte die Aktion der beiden Professionals ein Nachspiel wegen Etikette-Verletzung haben – was nicht zu erwarten ist –, dann wäre Joel Dahmen übrigens fein raus: Er wurde nämlich als Harris English angekündigt, war also unter einem Tarnnamen unterwegs:

Hovland und der Schneesturm

Gebrauchter Ausflug in die Wüste: Viktor Hovland kam beinahe zu spät nach Scottsdale und verließ die Waste Management Phoenix Open zu früh. Der Weltranglisten-Dritte saß wegen eines Schneesturms für drei Tage in seinem Haus in Oklahoma fest. „Das war mal ganz nett, solche Momente zu haben, in denen man einfach nichts tun kann, außer sich zu entspannen“, erzählt Hovland. „Aber man darf sich auch nicht zu sehr dran gewöhnen.“ Für Arizona hat das nicht besonders gut geklappt, der 24-Jährige scheiterte zum zweiten Mal nach 2020 am Cut.

Unfallfahrt in Scottsdale: Kid kapert Cart

„Amok-Trip“: Man muss kein bierseliger Fan sein, um auf dem TPC Scottsdale für Chaos zu sorgen – es reicht auch, wenn man ein allzu forscher Junge ist. So geschehen während der Einspielrunde am Mittwoch, als sich das Kind hinters Steuer eines abgestellten Carts klemmte, dessen Schlüssel der Fahrer, ein Turnier-Offizieller hatte stecken lassen, und los brauste. Zuerst über den Fuß einer Zuschauerin; dann gegen einen Mann mit Drink in der Hand, offenbar der Vater, der das Gefährt aufhalten wollte; schließlich gegen ein abgestelltes Golfbag. Ab da verliert sich die Spur des Rasers, und es bleibt bloß zu hoffen, dass kein weiterer Schaden angerichtet wurde. Fragen stellen sich überdies auch hinsichtlich der Sicherungspflicht von Offiziellen und Ordnern.

Golf boomt: Weitere Zahlen aus USA und England

Krisen-Gewinner: Der Golfsport profitiert von der Corona-Pandemie, das ist keine neue Erkenntnis. Und immer wieder ploppen neue Erhebungen und Zahlen auf, die das belegen. Die National Golf Foundation in den USA hat jetzt beispielsweise ermittelt, dass im vergangenen Jahr die Zahl der Golfplatz-Schließungen gegenüber 2019 um 53 Prozent zurückgegangen ist. Statistisch haben lediglich 130,5 18-Loch-Plätze dicht gemacht; ein Klacks im Vergleich zu den insgesamt 16.035 Kursen. Will heißen: Der Betrieb einer Golfanlage lohnt sich aufgrund der von Corona und Shutdowns begünstigten Resonanz wieder. Zur Tendenz passt auch, dass in Großbritannien die Preise fürs Golfspielen förmlich explodieren: 61 Prozent mehr Golfer führen zu 60 Prozent an Golfanlagen mit Wartelisten und signifikanten Gebührenerhöhungen. Laut der Studie einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft haben 34 Prozent der befragten Anlage wieder Aufnahmegebühren eingeführt oder erhöht; elf der 73 Prozent mit Jahresbeiträgen über 1.000 Pfund haben 2021 das Member-Fee erhöht, 80 Prozent der befragten Anlagen wollen heuer noch mal steigern. Auch der durchschnittliche Greenfee-Preis ist gegenüber 2020 um acht auf 50 Pfund gestiegen.

Neue Auflage: Poulter veräppelt Stenson

„Prank“-Duell die X-te: Dass sich Ian Poulter und Henrik Stenson gern gegenseitig Streiche spielen, ist nicht neu. Der Engländer und der Schwede lieferten sich bereits etliche Duelle zwischen „witzig-voll-erwischt“ und „übergriffig-muss-man-nicht-machen“. Längere Zeit war es ruhig um die beiden, doch jetzt hat „Postman Poults“ mal wieder nachgelegt. Schauen Sie selbst, in welche Kategorie diese Nickeligkeit passt:

Caddie tötet Caddie-Chef bei TV-Streit

Tödlicher Streit: Im Maidstone Club in East Hampton/US-Bundesstaat New York sind sich Caddiemaster Kevin Somers und einer seiner Bag Men, Marc Dern, in die Haare geraten, während sie am Fernseher in Derns Haus die Übertragung eines Golfturniers verfolgten. Aus dem hitzigen Wortwechsel wurde als bald ein Handgemenge, in dessen Verlauf Dern seinem Chef ins Gesicht schlug und ihn anschließend in den Schwitzkasten nahm. Dabei wurde offenbar Somers’ Zungenbein gebrochen, ein kleiner Knochen in der Kehle, er erstickte. Dern soll Somers drei Stunden lang auf der Veranda der Caddie-Hütte liegen gelassen haben, bevor er den Notruf wählte.

PGA of America würdigt Fotograf David Cannon

Verdiente Ehrung: David Cannon ist eine Legende mit der Kamera, die Fotos des Engländers hat jeder schon mal gesehen, der sich für Golf interessiert – seien es seine Impressionen von Golfplätzen oder seine Shots von Golfgrößen und Turnieren. Jetzt würdigt die PGA of America seine Arbeit und sein Lebenswerk mit einer besonderen Auszeichnung. Cannon, der selbst ein begabter Amateurspieler war, sich mit späteren Stars wie Nick Faldo und Sandy Lyle maß und eine besondere Beziehung zu Severiano Ballesteros pflegte.

Im Lauf von 40 Jahren war Cannon bei 121 Herren- und 71 Damen-Majors, 17 Ryder und Walker Cups sowie 15 Solheim Cups im Einsatz. „Ich hatte immer den Ehrgeiz, dem Golfsport ein wichtiges Vermächtnis zu hinterlassen und bin damit auch noch nicht fertig“, sagt Cannon. „Aber ich hoffe, dass diese Auszeichnung schon mal als Erinnerung dient, wieviel wir Fotografen für Golf getan haben.“ Der „Lifetime Achievement Award“ für Foto-Journalismus wird ihm während der PGA Championship im Mai in Southern Hills verliehen.

"Wir Golfer, ein wilder irrer Haufen“

Zum Schluss: Keine Trickshot-Videos an dieser Stelle; keine Kids, die performen wie künftige Champions; keine verrückten Tiere und noch verrücktere Menschen – heute mal nicht. Stattdessen eine Weisheit von Twitter-König, so treffend, dass man ihr nur das zustimmende „Hört, hört!“ nachrufen kann: "Wir Golfer, ein wilder irrer Haufen.“

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