Major

Brooks Koepka: Die Major-Maschine meldet sich zurück – mit menschlichen Zügen

08. Apr. 2023 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Brooks Koepka in Runde 2 des US Masters 2023. (Foto: Getty)

Brooks Koepka in Runde 2 des US Masters 2023. (Foto: Getty)

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Reden wir über Brooks Koepka. Das liegt nahe, angesichts der Vorstellungen, die der 32-Jährige während seiner ersten beiden Runden des 87. Masters abgeliefert hat. Mindestens beeindruckend, wenn nicht gar brillant, stets solide und vielfach superb zog Koepka seine Bahnen, setzte mit der 65 vom Auftakt eine bemerkenswerte Marke und zog gestern mit einer 67 nach, die bislang niemand zu egalisieren, geschweige denn zu toppen vermochte. Der Bulle aus Florida ist ganz in seinem Element, das sieht man ihm an; er „muskelt“ sich übers Geläuf, schreiben englischsprachige Kollegen, traf dabei 89 Prozent der Fairways, ein überragender Wert, und war auf den Grüns schlichtweg bestechend. Während die anderen vielfach mit dem Putter ums Par ringen mussten, kratzte Koepka permanent am Birdie. Wenn nichts Gewaltiges passiert – ein Wink mit dem Zaunpfahl vor allem an Jon Rahm –, dann gewinnt am Ende der Tage von Augusta ein LIV’ler dieses erste Masters der seit Juni 2022 geteilten Golfwelt. Und irgendwer in einem grünen Sakko wird hoffentlich verhindern, dass Koepkas Kumpels am 18. Grün den von LIV-Impresario Greg Norman bereits angekündigten Veitstanz aufführen.

Aber, und diese persönliche Anmerkung sei gestattet: Wenn’s schon einer aus dem Kohle fixierten Konkurrenz-Konstrukt sein soll, dann Koepka. Er ist der am wenigsten „LIV-ige“ der LIV-Golfer, fiel bislang weder durch Ausfälligkeiten gegenüber dem Establishment noch durch dummes Gerede à la „Growing the Game“ auf. Ganz im Gegenteil: Seit der „Netflix“-Doku „Full Swing“ hat die Major-Maschine sogar menschliche Züge. Weil die Filmemacher Koepkas Selbstzweifel geradezu episch ausgebreitet und ihn damit zum tragischen „Helden“ gemacht haben, was stets Sympathiepunkte bringt.

 

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Die verletzungsbedingte sportliche Sinn- und Daseinskrise, der auch eine komplizierte Knie-OP im Frühjahr 2021 wenig Abhilfe verschaffen konnte, erlebte mit dem verpassten Cut beim Masters 2022 ihren Höhepunkt und schlug dann offenbar endgültig aufs Gemüt. „Ich kann mit den Jungs da draußen nicht mehr mithalten“, lamentierte Koepka seinerzeit, der nun mal vom und für den Wettkampf lebt. Die US Open ging mit einem 55. Platz gleichermaßen in die Hosen, und über Nacht fiel der Entschluss, sich mangels Konkurrenzfähigkeit vom leistungsorientierten Golfspiel zu verabschieden. „Wenn ich damals gesund gewesen wäre, dann wäre mir diese Entscheidung deutlich schwerer gefallen“, bekannte der vierfache Majorsieger dieser Tage gegenüber Journalisten und ließ eine Beschreibung des Innenlebens seines lädierten Knies und seiner gelegentlich „auslippenden“ Kniescheibe folgen, die nichts für zartbesaitete Gemüter war.

Freilich, nunmehr sind die Konstellationen ideal für einen wie ihn, der stets gesagt hat, dass ihn lediglich die Majors interessieren und er auf irgendwelche Allerweltsturniere getrost verzichten kann: Dank seiner jeweils zwei US-Open- und PGA-Championship-Erfolge sowie der (richtigerweise getroffenen) Entscheidung der Major-Veranstalter, die Überläufer nicht auszuschließen, sind weitere Starts erst mal gesichert. Zwischendurch kann der bislang einzige LIV-Zweifach-Gewinner in Normans Operettenliga noch ein bisschen was für die Altersvorsorge und für Ehefrau Jenas Bikini-Sammlung tun – siehe „Full Swing“. Weitgehend gesund ist er zudem. Folglich blüht Brooks Koepka beim Masters so pünktlich auf wie Augustas Azaleen.

Jason Day und der Schlag in die Magengrube

Würdigung: Wir haben ihn neulich schon mal gelobt und tun das gern wieder: Jason Day ist zurück. Der von Verletzungen und sonstigen gesundheitlichen Problemen geplagte Australier hat sich mit seinem siebten Platz beim Genesis Invitational wieder in die Top-50 der Welt geschoben und damit für dieses Masters qualifiziert, zeigt nach schwierigen Zeiten und einem zwischenzeitlichen Absturz bis auf OWGR-Rang 175 wieder die Qualitäten früherer Jahre, die ihn zum PGA Champion und Weltranglisten-Ersten gemacht haben. In Augusta spielte er 32 Loch lang famos auf, bevor er sich gestern ab Bahn 15 mit einem katastrophalen Finish und vier verlorenen Schlägen um die Früchte seiner Mühen brachte. „Es fühlt sich gut an, wieder gesund zu sein“, bilanzierte der 35-Jährige hernach. „Aber der heutige Tag hat mir die Freude daran ziemlich verdorben. Ich ärgere mich gerade maßlos über mich selbst.“ Er sei so nah dran gewesen an Spitzenreiter Brooks Koepka, grämte sich Day, doch statt den Rückstand weiter zu verkürzen, warf er sich mit blöden Fehlern von -9 fürs Turnier auf -5 und den geteilten sechsten Rang zurück: „Das war ein ziemlicher Schlag in die Magengrube.“

Scheffler setzt mentales Mantra auch ins Spiel um

Selbsterfüllende Prophezeiung: Scottie Scheffler hat sich vorgenommen, seine Titelverteidigung im Augusta National Golf Club sehr entspannt anzugehen. Er wolle einfach gar nicht daran denken, amtierender Träger des Green Jacket zu sein, gab er bei seiner Pressekonferenz zu Protokoll. Gestern hat der 26-jährige Texaner es mit diesem mentalen Mantra allerdings übertrieben, als er nicht mal spielte wie ein Champion. Scheffler fremdelte förmlich über das Masters-Geläuf, und vor allem sein Putter war so kalt wie ein Eiszapfen. Gerade mal ein Birdie gelang ihm während seiner 75er-Runde, nachdem er am Donnerstag mit Vier unter Par so vielversprechend gestartet war. Der Weltranglisten-Erste ist mit -1 fürs Turnier zwar im Wochenende, aber von den vorderen Plätzen auf dem Leaderboard meilenweit entfernt. Irgendwie surreal, wenn allein am Sensations-Amateur Sam Bennett zu hängen scheint, ob jemand Brooks Koepka Paroli bietet.

Die wundersame Wandlung von „Azalea“

Upgrade: Jahrelang war „Azalea“ das einfachste Loch von Augusta National. Die ikonische Par-fünf-13 verkümmerte beim Masters immer mehr zur Drive-und-Wedge-Kleinigkeit, wurde in jeder Statistik notorisch unter Par gelistet. Bis der Grünjacken-Club dem lustigen Treiben auf einer der berühmtesten Bahnen der Welt ein Ende machte und den Masters-Abschlag um 32 Meter nach hinten versetzte.

 

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Prompt avancierte „Azalea“ bei diesem 87. Masters mit ihrer wiederhergestellten DNA und einem Schlag-Durchschnitt von 4,721 zum schwierigsten Par-5, kostete selbst Brooks Koepka in Runde eins den bislang einzigen Schlagverlust und lässt den einen oder anderen Spieler jammern, einmal mehr seien die Longhitter bevorzugt. Dabei kommt es vor allem auf den zweiten Schlag an – und natürlich ist der einfacher, wenn man nach einen langem Abschlag mit starker Linkskurve dann trotz der Verlängerung allenfalls ein mittleres Eisen ins Grün schlagen kann.

Oder man greift zum Löffel bzw. zur Kuchengabel. Das hilft jedenfalls bei dieser Variation von „Azalea“, die en miniature aus süßen Cup-Cakes nachgeahmt worden ist:

McDermott, übernehmen Sie: Neuer Zähler im Amt

Kein Masters ohne Marker-Story: Jahrelang ist Jeff Knox, der Rekordhalter des Augusta National Golf Club von den Mitgliederabschlägen, immer wieder an dieser Stelle gewürdigt worden, wenn er wegen ungeraden Teilnehmer-Aufkommens als Zähler mit einem der regulären Masters-Starter auf die Runde gehen durfte. Vergangenes Jahr gab Knox das Amt auf, in dem er zur Legende geworden ist – beispielsweise, weil er 2014 um einen Schlag (70) besser gescort hat als Drittrunden-Flightpartner Rory McIlroy. Knox’ Nachfolger heißt Michael McDermott. Der Endvierziger und einstige Top-Amateur hatte gestern seinen ersten großen Auftritt, als er er den vom erkrankten Kevin Na „allein gelassenen“ Mike Weir bei Runde zwei begleitete. McDermott, hauptberuflich Finanzmanager in Philadelphia, begann seinen Debüt-Einsatz mit einem schnurgeraden 280-Meter-Drive mitten aufs Fairway – sehr zum Gefallen des Vorgängers. Denn der mittlerweile 60-jährige Knox war selbstverständlich unter den Zuschauern, diesmal allerdings nicht im Golf-Outfit, sondern im grüne Sakko des Masters-Club-Mitglieds. Ach, seine Bestmarke von 61 Schlägen steht nach wie vor.


Apropos Knox vs. McIlroy: Die Marker dürfen gemäß Anweisung des Clubs keine Statements zu ihrer Runde abgeben oder gar über die jeweiligen Flightpartner plaudern. Und seit besagter dritter Runde von 2014 müssen sie auch irgendwann mal auf dem Grün ihren Ball einfach aufheben, um ihr Ergebnis ungültig zu machen, so dass es keinen offiziellen Score vom Marker gibt.

Was verdient Augusta National mit dem Masters?

Abschlagsrechnungen: Nein, Augusta National veröffentlich auch dieses Jahr keine Zahlen – weder zur Gesamtzahl der Patrons auf der Anlage, noch zu Werbeeinnahmen oder Vermarktungsumsätzen. Das auf Sport spezialisierte Finanzportal „Huddle Up“ hat am Beispiel des Masters 2022 dennoch mal versucht zu überschlagen, wieviel Geld die Granden in Grün pro Jahr (!) mit ihrem Major scheffeln. Demnach ergeben sich folgende Umsätze: 69 Millionen Dollar durch Merchandising und den Verkauf von Logo-Ware vor Ort, 39 Millionen Dollar durch Eintrittskarten, 25 Millionen Dollar durch den Vertrieb von internationalen TV-Rechten, 8 Millionen Dollar durch die Verpflegungsstationen. „Huddle Up“ hat ebenfalls ausgerechnet, dass der Augusta National Golf Club noch sehr viel mehr einnehmen könnte, durch seine rigide Preis-, Sponsoren-, Ticket- und TV-Rechte-Politik oder beispielsweise den Verzicht auf einen Online-Shop indes potenzielle weitere Erlöse in Höhe von rund 250 Millionen Dollar ausschlägt. Aber wie man liest, können sie es sich ja leisten – und es ist vom gigantischen Maschinenpark bis zu den Salzstreuern dennoch alles vom Feinsten.

Baby-Party im Masters-Stil

Passion: Kennen Sie diese Schaubilder im Internet mit der Aufschrift „Du bist ein Golf-Nerd, wenn …“? Und dann folgen meist allerlei absurde Ansichten: Mit dem Regenschirm oder wahlweise dem Kochlöffel Schwungübungen absolvieren und so weiter. Nett ist auch, wenn als Beispiel ein im Augusta-National-Look geschmücktes Badezimmer samt stillem Örtchen gezeigt wird:


Aber den Vogel hat diese werdende Mutter abgeschossen, die ihre Baby-Party offenkundig im Golfclub abhält und das Happening einfach mal komplett Masters-mäßig durchgestylt hat. Da kann man fast drauf wetten, welcher Sportart der Nachwuchs namens Phillip dann irgendwann mal nachgehen soll …

 

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Wetter zockt 222.000 Dollar gegen Woods-Sieg

Missgunst: Hält die Serie von Tiger Woods, der beim Masters seit seinem ersten Start als Profi 1997 noch nie einen Cut verpasst hat? Diesmal wäre es das 23. Wochenende, doch die Entscheidung wurde wegen der umgestürzten Bäume auf heute vertagt: Der 15-fache Majorsieger hat gestern auf Loch 12 aufgehört und balanciert ohnehin genau auf dem Grat von +2. Dass Woods es nicht in den Moving Day schafft, wünscht sich vor allem ein Zocker, dessen Tip bei den Buchmachern dann vorzeitig aufgehen würde. Unter dem Nick „BrettFavre444“ – übrigens der Name eines berühmten ehemaligen Football-Quarterbacks – hat dieser offensichtliche Woods-Feind nämlich gegen einen Sieg des 47-Jährigen gewettet. Und darauf sage und schreibe 222.000 Dollar gesetzt. Dabei fallen die Quoten für ein sechstes Green Jacket des Tigers mit -11.100 ohnehin astronomisch aus. Im Fall eines Wettgewinns würde „BrettFavre444“ denn auch für seine 222.000 Dollar Einsatz lediglich 2.000 Dollar herausbekommen. Der Typ muss Woods echt nicht mögen. Oder er hat einfach nur Geld zuviel …

McIlroy: Und dennoch bleiben glückliche Momente …

Zum Schluss: So viel Aufhebens, so viel Fokus, und dann doch alles für die Katz – Rory McIlroy ist auch im neunten Anlauf auf den Karriere-Grand-Slam gescheitert. Krachend diesmal wieder, mit einer 77, der schlechtesten Masters-Runde der vergangenen sieben Jahre, mit der er zum zweiten Mal seit 2021 den Cut verpasst hat. Trotz 81 Vorbereitungslöchern, Materialwechseln, Psychologen-Hilfe, bewusster Ignoranz des „Clash of Cultures“ zwischen LIV-Liga und Golf-Establishment („Die Majors und vor allem das Masters sollten über diesem Getöse erhaben sein“) und demonstrativ zur Schau gestellter Lockerheit. Dabei hatte er Augusta National nach seinem zweiten Platz vergangenes Jahr noch „so glücklich wie nie“ verlassen. Gestern ging er wieder als Geschlagener, der Traum vom Triumph im Augusta National wird allmählich zum Trauma. Doch was an Positivem bleibt, ist die glückliche Zeit mit Tochter Poppy und Ehefrau Erica beim Par-3-Contest. Nicht das, wofür McIlroy nach Georgia gereist ist. Dennoch: Solche wunderbaren Momente sind vielleicht tausend Mal mehr wert als jedes grüne Sakko.

 

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