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„Brauche kein Honorar für meine Haltung“: Jon Rahm lehnt LIV-Kompensation ab

01. Aug. 2023 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Jon Rahm hat eine klare Meinung zu Kompensationen der PGA Tour. (Foto: Getty)

Jon Rahm hat eine klare Meinung zu Kompensationen der PGA Tour. (Foto: Getty)

Zwei Seiten, sieben Hauptpunkte, nächtliches Sendedatum: Mit einem inhaltlich eher aufgeblähten Memo hat sich Commissioner Jay Monahan nach Wiederaufnahme der Amtsgeschäfte beim sportlichen Personal der PGA Tour zurückgemeldet. Wegen des PIF-Pakts bläst dem ohnehin angeschlagenen „Commish“ seit dem 6. Juni ein kalter Wind ins Gesicht, das aus heiterem Himmel verkündete Rahmenabkommen mit Saudi-Arabiens Public Investment Fund und die undurchsichtige Kungelei mit dessen Chef Yasir Al-Rumayyan ist zum Bumerang für Monahan geraten, der von Teilen seiner Mitgliedschaft, sprich den Spielern längst offen zur Disposition gestellt wird.


Breaking News: Woods im Aufsichtsrat der PGA Tour

Überraschung: Tiger Woods schaltet sich offiziell in die Geschicke der PGA Tour ein. Der 15-fache Majorsieger hat das Angebot eines Sitzes im Aufsichtsrat angenommen und wird sechster Spielervertreter im Lenkungsgremium der Tour, das nunmehr aus zwölf Mitgliedern besteht. Wie Commissioner Jay Monahan, die aktuellen Spielervertreter und der Spielerbeirat in einem Statement mitteilten, wurde eine Übereinkunft erarbeitet, „um sicherzustellen, dass die Tour ihrer Mission gerecht wird, eine spielerorientierte Organisation zu sein: Für die Spieler, durch die Spieler.“ Dem Vernehmen nach wurde von Aktivenseite Druck auf Monahan ausgeübt und um die Berufung von Woods gebeten, der damit „als Teil der neuen Transparenz- und Kontroll-Maßnahmen“ zur Personifizierung des Umbruchs wird.

Die Presseerklärung macht deutlich, dass künftig keine wichtigen Entscheidungen mehr ohne das Plazet der Spielervertreter getroffen werden können. Dies sollte bei einem mitgliederbasierten Betrieb eigentlich selbstverständlich sein, doch gerade Monahans Management des Deals mit dem saudischen Staatsfonds PIF hat das Gegenteil bewiesen.


Wirkliche Antworten schuldig geblieben

Die krankheitsbedingte Auszeit hat dem „Commish“ allenfalls etwas Aufschub verschafft, die Unruhe auf der Tour ist in den vier Wochen keineswegs abgeebbt, es dürften sich die Notizen mit dem Vermerk „Dringend“ gestapelt haben, als er am 17. Juli an seinen Schreibtisch in Ponte Vedra Beach zurückgekehrt ist. So gesehen darf Monahans Memo vom vergangenen Mittwoch in erster Linie als vorhersehbarer Versuch eines Befreiungsschlags in Sachen transparenter Kommunikation angesehen werden. Wirkliche Antworten auf alle Fragen bleibt der CEO weiterhin schuldig. Stattdessen erklärt er weitschweifig den Auswahlprozess für die Nachfolge von Aufsichtsratsmitglied Randall Stephenson, dem der Deal mit den Saudis nicht zuletzt wegen der Beteiligung des Regimes in Riad an den 9/11-Attentaten dermaßen aufgestoßen ist, dass er umgehend demissionierte.

Jason Gore wird zum „Ober-Puffer“ befördert

Griffig und nachvollziehbar hingegen ist die Beförderung von Jason Gore zum geschäftsführenden Vizepräsidenten und Chief Player Officer. Aber das wirkt gleichermaßen ziemlich durchsichtig: Der beliebte und sinnigerweise überdies beleibte Ex-Profi war als Director Player Relations eh ein Mittelsmann zwischen Aktiven und Funktionären und soll in seiner neu geschaffenen Funktion erst recht alle Spitzen aus dem Spielerkreis in Richtung Chefetage abpuffern.

Ex-Premier-Golf-League-Kopf als Spielerberater

Umso pikanter ist die Berufung von Colin Neville, dem Leiter der Sportabteilung beim New Yorker Investmentbanking-Unternehmen Raine Group, das beispielsweise für Oligarch Roman Abramowitsch den Verkauf des FC Chelsea gemanagt hat und für die amerikanische Glazer-Familie die Verhandlungen zur Übernahme von Manchester United durch einen neuen Eigner führt. Vor allem indes war Neville die Galionsfigur der Premier Golf League, mit dem Raine 2020 ins Herren-Profibusiness vorstoßen wollte. Ausgerechnet der Mann, dem Greg Norman das Konzept geklaut und daraus die LIV Golf League gemacht hat, wird nun als Sonderberater für die Spielervertreter im Aufsichtsrat und für den Spielerbeirat „in vollem Umfang über den Stand der Verhandlungen“ in Sachen Rahmenvereinbarung mit dem PIF unterrichtet und erhält Zugang zu sämtlichen Informationen und Dokumenten.

Welche Rolle spielt Colin Neville?

Freilich, dem Vernehmen nach war Neville bereits involviert, als Tiger Woods und Rory McIlroy vergangenes Jahr beim Geheimtreffen im Rahmen der BMW Championship den Widerstand gegen die LIV-Liga organisiert, die Designated Events initiiert und ihre Tomorrow Golf League avisiert haben. Nach „Kriegsminister“ Jimmy „Dealmaker“ Dunne holt sich Monahan einen weiteren gewieften Macher ins Haus, der eine für ihn gefährliche Eigendynamik entwickeln könnte – als wäre der Umgang mit dem Machtmenschen Yasir Al-Rumayyan und dessen Ambitionen nicht schon herausfordernd genug. Oder wurde Neville dem Commissioner gar von Woods und dem bereits im Aufsichtsrat vertretenen McIlroy aufs Auge gedrückt?

Date mit Slumbers nur „symbolisch“?

Apropos: Der Saudi-Grande und seine England-Statthalterin Amanda Staveley, Chefin des Saudi-Fußballclubs Newcastle United und eigentliche Kupplerin beim ersten Treffen von Al-Rumayyan und PGA-Tour-Emissär Jimmy Dunne, haben sich am Finalsonntag der Open mit R&A-Boss Martin Slumbers getroffen. Das Date war von einem Sponsor des Majors eingefädelt worden, die Gäste wurden heimlich und an der Öffentlichkeit vorbei übers Gelände geschleust, angeblich verlief das Meeting eher „symbolisch denn substanziell“. Dennoch ist getrost anzunehmen, dass der PIF-Direktor die Begegnung für seine eigenen Ambitionen hinsichtlich einer führenden Rolle im Weltgolf genutzt hat. Ein kluger Mann schafft sich bekanntlich mehr Möglichkeiten, als er braucht.

Erwartbare Absage an die Schnapsidee vom MLR-Ball

Die Absage an R&A und USGA in Sachen MLR-Ball wiederum war eine erwartbare Entscheidung und zum jetzigen Zeitpunkt dennoch eine Konzession, um den Spielern und ihren Ausrüstern wieder etwas Honig ums Maul zu schmieren, die mit wenigen Ausnahmen wie Rory McIlroy ebenfalls kein gutes Haar an den Überlegungen hinsichtlich einer derart modifizierten Murmel lassen. Abgesehen von der weit verbreiteten Milchmädchenrechnung, dass eine grundsätzliche Reduzierung der Flugweite bloß die Longhitter ihres Längenvorteils beraube und sie folglich einseitig benachteilige, hat der Lösungsvorschlag für das immanente Distanzproblem ohnehin was von einer Schnapsidee. Zu kompliziert, zu willkürlich: Warum nicht einfach den Loft der Driver nach unten begrenzen? Das ist simpel, vermeidet den Beelzebub der Bifurcation (Aufspaltung der Regeln) und tangiert Freizeitspieler nicht im mindesten.

Sei’s drum, es gibt aktuell andere Themen mit deutlich mehr Brisanz, doch Monahan blieb einmal mehr schwammig. Wenigstens soll er in einer Telefonkonferenz mit dem Spielerbeirat konkreter geworden sein und sich überdies für die krude Kommunikation des PIF-Deals entschuldigt haben.

Modalitäten für LIV-Rückkehrer und Loyalitätslohn

Immerhin gehen laut Memo alsbald zwei spezielle Arbeitsgruppen innerhalb des Tour-Vorstands an den Start. Eine, markig sogar als Taskforce bezeichnet, soll die Modalitäten und Konditionen für eventuelle Rückkehrer aus der LIV-Liga definieren. Die andere hat den Auftrag, einen „Player Benefit Program“ genannten Kompensationsfonds zu entwickeln, aus dem tourtreue Spieler für ihre Loyalität entlohnt werden sollen – sofern die Zusammenarbeit mit dem PIF und Al-Rumayyan in der noch zu gründenden „NewCo“ tatsächlich zustande kommt. Mal sehen, wer von denen jetzt einknickt und das Geld der Saudis letztendlich doch nimmt, die zuvor das Rückgrat hatten, dem Lockruf des LIV-Zasters zu widerstehen.

„Ich wurde zu nichts gezwungen“

Jon Rahm jedenfalls nicht. „Ich brauche für meine Haltung kein Honorar. Es war meine ureigene Entscheidung zu bleiben. Ich wurde zu nichts gezwungen und habe den Weg gewählt, der mir für meine Golfkarriere am besten taugt. Also ist keine Entschädigung nötig“, hatte der Spanier schon vor zwei Wochen bei seiner Open-Championship-Pressekonferenz erklärt. „Wir hatten alle die Chance, zu LIV zu gehen und das Geld zu nehmen, und wir haben uns aus den verschiedensten Gründen dafür entschieden, auf der PGA Tour zu bleiben.“

 

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Und, so Rahm in Hoylake weiter: „Was mich betrifft, hat die PGA Tour genug für mich getan. Ich bin dankbar für die Plattform, die mir geboten wird und die mir bereits ein großartiges Leben ermöglicht. Der Fokus muss darauf liegen, den Sport und die Tour für künftige Spielergenerationen zu verbessern.“


„Zwei Minuten, bevor die Rahmenvereinbarung mit dem PIF offiziell verkündet wurde, hat mich jemand von der PGA Tour kontaktiert und mir alles erzählt. Ich dachte erst, es sei ein Scherz. Genau das hätten sie von Anfang an tun sollen: miteinander reden. Stattdessen haben sie es erstmal auf eine Spaltung ankommen lassen. Ich hoffe wirklich, dass sie nun eine Einigung erzielen.“

Jon Rahm


Auch Monahans Schuss in Sachen möglicher LIV-Wendehälse ging nach hinten los. Rahm, den die Medien bei Kommentaren zum Konkurrenz-Circuit offenbar als Nachfolger für den diesbezüglich verstummten McIlroy erkoren haben, kann darüber jedenfalls nur den Kopf schütteln. „Ich denke, dass LIV weiterbestehen wird. Soweit ich weiß, hat keiner der Spieler die Absicht, auf die PGA Tour zurückzukehren. Jedenfalls nicht die, mit denen ich gesprochen habe. Sie sind ja nicht ohne Grund gegangen“, erklärte er in einem spanischen Podcast und stieß damit in dasselbe Horn wie sein bevorzugter Partner bei Major-Einspielrunden, Phil Mickelson.

„Kein LIV-Spieler will jemals wieder auf die PGA Tour“

Der hatte bereits unmittelbar nach Bekanntwerden des Memos per Twitter über die Taskforce geätzt: „Was für eine kolossale Zeitverschwendung. Kein LIV-Spieler will jemals wieder auf der PGA Tour antreten. Dafür bräuchte es vielmehr eine Entschuldigung uns gegenüber und Schmerzensgeld, weil sie den gleichgeschalteten Medien Millionen gezahlt haben, um uns zu verunglimpfen. Sie sollten sich lieber Gedanken über die Sanktionen für all die Spieler machen, die künftig zu LIV kommen.“

Ähnlich große Töne spuckt neuerdings auch LIV-Impresario Greg Norman wieder, weil den LIV’lern durch den Friedenspakt überall Tür und Tor geöffnet wird und Al-Rumayyan ihm trotzdem den Fortbestand der Liga zugesagt haben soll. Der PIF-Allgewaltige fährt eindeutig mehrgleisig.

Ende mit Steuerbefreiung von Sportvereinen?

Und es droht weiteres Ungemach: Ron Wyden, demokratischer Senator aus Oregon, der als Vorsitzender den Finanzausschuss des US-Senats leitet, hat dieser Tage zwei Gesetzentwürfe eingebracht: zum einen bezüglich einer Begrenzung der Steuerbefreiung von Sportvereinen, zum anderen zur Beendigung der Steuervergünstigungen für ausländische Staatsfonds (Ending Tax Breaks for Massive Sovereign Wealth Funds Act).

Damit erhöht sich der Druck für PGA Tour und PIF, die gemeinsame Unternehmung „NewCo“ schnellstmöglich zu gründen und ihr golferisches Tafelsilber in ein neues Firmenkonstrukt samt entsprechender Rechtsform auszulagern, bevor Ponte Vedra Beach die Gemeinnützigkeit aberkannt wird und die Steuerprüfer des US-Finanzministeriums das Milliardenunternehmen zur Kasse bitten.

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