Long Island, Bethpage State Park, der Black Course, das 18. Fairway: Ein selbstgemaltes Banner flattert an einer Hospitality-Box, schief aufgezogen, aber unübersehbar. „In Donald we trust“ ist darauf zu lesen. Ist Donald Trump schon da? Könnte man meinen, schließlich schlenderte der ehemalige US-Präsident am vergangenen Freitag über den Schauplatz der 45. Ryder Cup Matches wie ein Zuschauer mit VIP-Bändchen. Aber nein – die Worte galten nicht dem Mann aus Mar-a-Lago, sondern einem anderen Donald: Luke Donald, dem Engländer mit der feinen Art, der stillen Stimme und einer Führungsstärke, die man nicht hört, sondern spürt.
„Großartiger Anführer“
Er dirigierte Europa zu einem seltenen Kunststück – einem Auswärtssieg auf amerikanischem Boden. Zum zweiten Mal in Folge als Teamchef. Eine historische Linie, die bislang nur der englische Landsmann Tony Jacklin gezogen hat. „Großartiger Anführer“, raunte Trump ihm zu, vielleicht das größte Lob, das der Politiker je einem Rivalen zuteilwerden ließ. Und siehe da: Ausnahmsweise war die Menge einer Meinung mit ihrem „First Golfer“.
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Eleganz, Empathie, Eindringlichkeit
Donald hat aus dem multinationalen Haufen europäischer Golfstars ein Uhrwerk gebaut. Jedes Zahnrad griff ineinander, keine unnötige Reibung, kein Quietschen. Seine Methode: Eleganz in der Ansprache, Empathie im Umgang, Eindringlichkeit in der Botschaft. „Luke ist der Kapitän dieses Schiffes“, sagte Jon Rahm. Der geschlagene „Captain Keegs“ attestierte Donald gar, „bester europäischen Ryder-Cup-Kapitän aller Zeiten“ zu sein.
Das könnte stimmen, wenngleich ein Lob aus diesem Mund nur bedingt zählt: Was soll Keegan Bradley auch sonst sagen? Je größer man den Gegner macht, desto mehr verschwindet dahinter das Ausmaß eigener Versäumnisse.
Aber ja: Donald ragt heraus aus der Gruppe europäischer Erfolgsskipper um Paul McGinley, den Sieger von Gleneagles 2014, den er zum „außenpolitischen“ Berater gemacht hat.
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Detailfanatiker und Staatsmann
Donald, einst als Ersatz für den LIV-Deserteur Henrik Stenson eingesprungen, war nie ein Lückenbüßer. Er ist Statthalter, Psychologe, manchmal sogar Innenarchitekt. Ein Staatsmann mit Maßband. Wo andere Motivationsreden schwingen, stopft er Risse in Hoteltüren, die zu viel Licht ins Zimmer lassen, tauscht kratzige Matratzen aus und besorgt Videobotschaften von Roger Federer und Pau Gasol. Sogar das Hotelshampoo wurde inspiziert – und für nicht wohlriechen genug befunden. Einmal neu, bitte!
„Meine Aufgabe ist es, diesen Jungs die beste Chance auf den Sieg zu geben“, sagte er. Und wenn das bedeutet, die Hotelzimmer auf Wohlfühltauglichkeit zu prüfen, dann ist das Teil der Mission. Klingt absurd – ist aber genau die Akribie, die ein europäisches Team in der Höhle des Löwen siegen lässt.
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Die stille Ergänzung: Diane
An dieser Stelle lohnt ein Blick hinter die Kulissen. Luke Donald mag der Kapitän sein, doch er segelt nicht allein. Seine Frau Diane, dezent, nie im Vordergrund, spielt ihre Rolle mit feiner Hand. Sie ist eine kongeniale Partnerin, die man nicht in Pressekonferenzen sieht, aber im Klima der Mannschaft spürt.
Während Luke Zahlen, Pläne und Paarungen im Blick hat, sorgt Diane für Zwischentöne. Ein Wort, ein Lächeln, manchmal nur eine Geste – es sind kleine Dinge, die Spannungen lösen, bevor sie entstehen. Sie ist keine „Co-Kapitänin“, aber eine leise Verstärkung. Wer von Empathie spricht, muss sie mitdenken.
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Moneyball trifft Menschenkenntnis
Natürlich: Ohne Edoardo Molinari, den Zahlenflüsterer mit Ingenieursdiplom, wäre vieles nicht möglich gewesen. Donald und Molinari sezieren Schläge, Ballflüge, Windrichtungen. Doch selbst die brillanteste Statistik bleibt kalt, wenn sie nicht ins Herz dringt. Hier liegt Donalds größte Kunst: Aus Zahlen Zuversicht zu machen. Spieler, die sich verstanden fühlen, spielen freier. Spieler, die frei spielen, treffen öfter. So einfach, so kompliziert.
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Früh angereist, spät gewonnen
Ein weiterer Geniestreich: das „Auswärtsmodell“. Früh nach Long Island, fast zwei Wochen vor dem ersten Abschlag. Jetlag neutralisieren, Teamgeist schärfen, Platz kennenlernen. Oliver Wilson, einst selbst Ryder-Cupper und College-Golf-Kommilitone von Donald, nannte es „die beste Entscheidung seit Jahren“. Ergebnis: ein Team, das vorbereitet war – und dann spät tatsächlich gewonnen hat.
In dieser Zeit wuchs Europa enger zusammen. Noch enger. Wieder enger. Keine aufgesetzten Teambuilding-Übungen, kein Pseudo-Pathos. Stattdessen das stille Vertrauen, dass jeder seine Rolle kennt. Ein Grundprinzip, das Donald eiserner durchsetzt – und das ihm den Respekt seiner Spieler sichert.
Virtuelle Beschimpfungen, reale Siege
Donald ließ seine Spieler mit Virtual-Reality-Brillen trainieren, um das „U-S-A“-Gebrüll der Bethpage-Galerien zu simulieren. Wer diese Proben überstand, war auf den Ernstfall vorbereitet. Es war eine Mischung aus Technologie, Psychologie und Theatralik – aber sie wirkte. Erst am Sonntag schien das Team einzuknicken und der Last des Unflats, den die amerikanischen Fans kübelweise über den Titelverteidigern ausschüttete. Oder wähnte man sich angesichts des historisch einmaligen Vorsprungs in einer trügerischen Sicherheit, die ebenso Energie rauben kann?
Wie auch immer: „Man muss eine Umgebung schaffen, in der sie erfolgreich sein können“, sagte Donald. Nicht mehr, nicht weniger. Seine Eindringlichkeit lag nicht in Lautstärke, sondern in Klarheit.
Ein Kapitän, der wächst
Wenn man Donald heute betrachtet, sieht man einen Mann, der seine Rolle gefunden hat. Ehemalige Mitspieler sprechen von einem „stärkeren Selbstbewusstsein“, das er erst als Kapitän entdeckt habe. Er sei eher introvertiert gewesen, heißt es – doch gerade diese Ruhe habe er nun in Stärke verwandelt. Ein Staatsmann, der sich nie in den Vordergrund drängt, sondern das Team scheinen lässt.
Und womöglich liegt genau in dieser Haltung auch die Rolle von Diane. Nicht als zweite Stimme, sondern als Resonanzraum. Sie verstärkt, was er vorgibt, auf eine Weise, die man kaum messen kann – und die doch entscheidend ist.
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Der erneute Chor und die Frage nach der Zukunft
Als der letzte Putt gefallen war und Europa triumphierte, hallte ein Chor über den Platz: „Noch zwei Jahre!“ Wie 2023 nach der Rallye von Rom im Marco Simone Golf & Country Club. Spieler und Fans wollten ihn zu einem „flotten Dreier“ verführen, ihn auf eine dritte Amtszeit festnageln. Donald lächelte, schüttelte den Kopf: „Ich weiß nicht, ob mein Herz das aushält.“ Ein Satz, halb Scherz, halb Wahrheit. Denn die Energie, die er in diese Aufgabe investiert, könnte ein ganzes Kraftwerk speisen. Wer das anzweifelt, erinnere sich an die Interviews während des Finalsonntags: Bethpage Black hat Spuren in Donalds Gesicht hinterlassen.
Ob er 2027 in Adare Manor noch einmal antreten wird? Schwer zu sagen. Doch klar ist: Luke Donald hat mit Eleganz, Empathie und Eindringlichkeit einen Standard gesetzt, an dem sich alle künftigen Kapitäne messen müssen. Die sportliche Heiligsprechung ist ihm schon jetzt sicher. Aber wer weiß: „In Donald we trust.“
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Glückwunsch zu diesem tollen Artikel zum GOAT Ryder Cup Captain!!!
Ich würde mir einen ebensolchen Beitrag zu „wie erwidern WIR als Team Europe Fans das, gelinde gesagt, unsportliche Verhalten mancher(?) US-Team Fans“ 2027 in Adare Mannor? Untertitel: wie leben wir dort vor, wie sportlicher Wettkampf und Unterstützung wirklich geht! … Mit fairem, offenen Verhalten, ohne Lügen, Schmäh- und Hassrede, wie sie von man sie in letzter Zeit immer öfter aus einer bestimmten Richtung und immer abstruser zu hören bekommt!
Viele Grüße, W2