Panorama

Wenn die Natur sich den Golfplatz zurück holt

08. Jul. 2016 von Michael F. Basche in Usedom, Deutschland

Wassermassen kennen keine Gnade: unerbittlich zog das feuchte Element eine Schneise der Zerstörung durch das Greenbrier Resort. (Foto: twitter.com/@GlobalGolfPost)

Wassermassen kennen keine Gnade: unerbittlich zog das feuchte Element eine Schneise der Zerstörung durch das Greenbrier Resort. (Foto: twitter.com/@GlobalGolfPost)

„Baue Golfplätze im Einklang mit der Natur!“ So hat es der legendäre amerikanische Architekt Albert Warren Tillinghast mal in Stein gemeißelt. Es ist das alte, das authentische Prinzip: Layout und Design der Landschaft anzupassen, nicht umgekehrt, trotz all der von Bulldozer und Bagger ermöglichten Kurse. Manchmal allerdings holt sich die Natur zurück, was der Mensch ihr abgerungen, aufgezwungen oder einfach nur beigefügt hat.

Vor zwei Wochen gingen die Bilder aus dem Greenbrier-Resort in West Virginia um die Golfwelt, schwerste Niederschläge spülten den halben US-Bundesstaat und auch den Golfplatz „Old White“ nahezu weg, auf dem derzeit eigentlich die Greenbrier Classic stattfinden sollte. Diese Naturkatastrophe mit 23 Toten und mannigfachem menschlichen Leid im Kielwasser ist nur das jüngste Beispiel dafür, dass Golf auch ein Ringen mit den Elementen sein kann, nicht bloß, weil schon so mancher Turniertag Regen oder Sturm zum Opfer fiel.

Watson spendete 250.000 Dollar

Bubba Watson ist seit 2013 „Pro Emeritus“ von Greenbrier, dessen Golfbotschafter und Ehren-Golflehrer sozusagen, eine Berufung, die er sich mit Tom Watson und Lee Trevino teilt. Der zweifache Masters-Sieger erlebte die Überschwemmung vor Ort mit, er weilte samt Familie in seinem Domizil im Sporting Club des Resorts: „Es ging alles so blitzschnell. Das sind Menschen, die ich jeden Tag sehe, bei der Arbeit im Hotel oder auf dem Golfplatz, und jetzt haben sie nichts mehr.“ Fassungslos und tief erschüttert stiftete Watson spontan 250.000 Dollar zugunsten lokaler Hilfsorganisationen, kündigte überdies an, sich auch persönlich an den Aufräumarbeiten zu beteiligen: „Ich werde mir die Hände schmutzig machen und zupacken, wo ich kann!“

„The Greenbrier“ in White Sulphur Springs mit seinem imposanten weißen Hotelpalast, 710 Zimmern, 20 Restaurants, fünf Golfplätzen und zur Hochsaison fast 2.000 Mitarbeitern ist nicht irgendeine Anlage, vielmehr eine Institution in den USA. Und das seit 1778. 30 US-Präsidenten gingen dort ein und aus, auf dem 4.500-Hektar-Areal existiert eine zweistöckige Regierungsbunkeranlage für 400 Personen, in Betrieb zwischen 1961 und 1991. Nicht zuletzt war Greenbrier der Lebens- und Golfmittelpunkt des siebenfachen Majorgewinners sowie 82-fachen PGA-Tour-Rekordsiegers Sam Snead, richtete 1979 den Ryder sowie 1994 den Solheim Cup aus.

„Kurs muss komplett erneuert werden“

Das Vier-Sterne-Haus war zwei Wochen geschlossen, um die Gebäudeschäden auszubessern, gewährte jedoch den obdachlosen Opfern der Sintflut Unterkunft. Nächste Woche soll das Hotel wieder eröffnen, vor allem der „Old-White“-Meisterschaftsplatz indes dürfte unwiederbringlich verloren sein. „Es ist unmöglich, die Verwüstung zu beschreiben“, sagt Jim Justice, Greenbriers Besitzer seit 2009: „Der Kurs muss wahrscheinlich komplett erneuert werden.“

So ikonisch wie „The Greenbrier“ sind auch die Montrose Golf Links, nur gut 200 Jahre älter, tatsächlich der viert- oder fünftälteste Platz der Welt. Seit 1562 wird an der schottischen Ostküste zwischen St. Andrews und Aberdeen Golf gespielt, „Mutter Natur“ pflanzte die Bahnen ins Dünen-Durcheinander, Old Tom Morris, Willie Park Jr. und Harry Colt leisteten architektonischen Beistand. Doch seit Jahren nagt die Nordsee unerbittlich an den Bahnen, die entlang der zerfledderten Küstenlinie verlaufen, kriecht unter das Geläuf, wäscht das sandige Fundament von Fairways und Grüns aus.

Begraste Brocken auf dem Strand

Steter Tropfen höhlt den Stein, könnte man sagen: Immer wieder lösen sich begraste Brocken und stürzen auf den Strand, so wie ein Gletscher kalbt. Die 15 Jahre alten hölzernen Schutzzäune leisten der Erosion keinen Widerstand mehr, das originäre sechste Loch ist seit 1994 verschwunden, das gesamte Ensemble droht ins Meer zu kippen.

Der Club kürzt jetzt notgedrungen die Löcher eins, drei, sieben sowie 18 und hofft darauf, dass Sandaufschüttungen, gewonnen durch die Vertiefung des Hafenbeckens von Port Montrose, auf Dauer Wirkung zeigen, sich der Verfall damit kompensieren lässt. Finanziert werden freilich muss die Restauration auch irgendwie …

Derweil sorgt Donald Trump (mal wieder) für einen Treppenwitz. Als Politiker leugnet der republikanische US-Präsidentschaftskandidatur-Bewerber die Erderwärmung, nennt den Klimawandel einen „sehr teuren Scherz“, als Golfplatz-Tycoon hingegen hat „The Donald“ für sein „Trump International Golf Links & Hotel Ireland“, früher bekannt als Doonbeg, die Baugenehmigung für einen Küstenwall als Schutz vor dem Wellenschlag beantragt.


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