Back Nine

Von Apathie zu Lakonie – Koepkas Masters Fazit: „Ich war halt nicht gut genug“

10. Apr. 2023 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Brooks Koepka gratuliert Jon Rahm zum Sieg beim US Masters 2023 (Foto: Getty)

Brooks Koepka gratuliert Jon Rahm zum Sieg beim US Masters 2023 (Foto: Getty)

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Wie hieß es in der „Dallas Morning News“ vor knapp 50 Jahren doch erstmals politisch ziemlich unkorrekt: „It ain’t over till the fat lady sings“. Muss man nicht übersetzen. Jedenfalls sah es heuer im Augusta National Golf Club über fast 54 Löcher so aus, als würde der LIV-Golfer Brooks Koepka, wiederauferstanden nach langer Verletzungs-Agonie, dieses 87. Masters für sich entscheiden. Der Hüne aus Florida, der sich von seinem kaputten rechten Knie und anderen Maläsen sowie der daraus resultierenden Sinnkrise förmlich in die Saudi-Liga treiben ließ, sah mit seinem bestechenden Spiel dreieinhalb Tage aus wie der sichere Sieger. Dazu passte auch die 54-Loch-Bilanz bei Majors: Dreimal in seiner Karriere stand Koepka vor der Schlussrunde ganz oben auf dem Leaderboard, dreimal war er am Ende auch der Sieger – bei seiner zweiten US Open (2018) und bei beiden PGA-Championship-Erfolgen (2018, 2019).

 

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Doch im Augusta National Golf Club herrschen andere Gesetze. Und es bestätigten sich die Binsen, dass man geduldig spielen muss, und dass ein Masters erst am Sonntag auf der Back Nine entschieden wird. Das wurde Koepka zum Verhängnis, aus dessen Stoizismus und offenkundiger Stressresilienz beinahe Apathie wurde und der zu keinem Konter mehr fähig war, als dann endlich die Stunde des Jon Rahm schlug, der dem vierfachen Majorsieger zuvor stets hinterherlaufen musste. „Ich war halt nicht gut genug. Gratulation an Jon“, gab Koepka angesichts seiner 75er-Runde lakonisch zu Protokoll und fand wenig Worte mehr für seine Niederlage: „Zweiter zu sein, ist nicht lustig. Aber ich werde daraus sicher meine Lehren ziehen können – nur nicht jetzt, das braucht noch ein paar Stunden, wenn nicht Tage.“

Am Freitag hatte der 32-Jährige noch über den „Grand Slam als das ganz große Ziel“ gesprochen; geteilter Zweiter war er bereits 2019 schon mal, bei Tiger Woods’ sensationellem fünften Masters-Triumph. Und auch danach versemmelte er bei seinen Major-Aufritten – mit Ausnahme der PGA Championship auf dem Black Course im Bethpage Park – meistens den Sonntag. Trotzdem werde er gut schlafen, „weil ich mein Bestes gegeben habe“. Nur seinem Lieblingsthema Slow Play widmete Koepka sich noch: „Der Flight vor uns [Patrick Cantlay und Viktor Hovland, Anm. d. Red.] war derart schrecklich langsam, dass Jon unterwegs siebenmal auf die Toilette gehen konnte und wir trotzdem dauernd warten mussten.“ So kann man ein Masters auch abhaken.

 

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Tiger Woods: Anteilnahme und Rücktrittsspekulationen

Nachlese: Jon Rahm steht als frisch gebackener Masters- und nunmehr zweifacher Majorsieger zurecht im Mittelpunkt allen Interesses. Das hat sich der Baske mit seinem bravourösen Auftritt gestern auch mehr als verdient.

 

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Dennoch gilt bei den Nachwehen dieses 87. Masters der eine oder andere wehmütige Gedanke Tiger Woods und seinem wahrhaft mitleiderregenden Auftritt am verregneten, eiskalten Samstag. Während zahlreiche Fans in den sozialen Medien ihre Anteilnahme bekundeten, spekulieren diverse Golfmedien bereits offen übers einen Rücktritt des 15-fachen Majorsiegers.

„Is It Time For Tiger Woods To Retire?“, fragt beispielsweise „Golf Monthly“, Etwas prosaischer formuliert es „Golf Week“ in Anspielung auf den Rekordsieg und Major-Durchbruch des heute 47-Jährigen beim Masters 1997: „At the place where it all began, the end has never seemed closer for Tiger Woods“ („An dem Ort, an dem alles begann, schien das Ende für Tiger Woods noch nie so nah“). Mittlerweile laufen sogar Umfragen, welche Ehrenzeichen Augusta National für Tiger Woods einrichten sollte – in Anlehnung an die Hogan Bridge und die Nelson Bridge sowie der Tafel für Gene Sarazen und Jack Nicklaus zwischen dem 16. Grün und dem 17. Abschlag. „Golf Week“ hat sogar Professionals dazu gefragt. Während Jordan Spieth für eine Brücke plädiert („Die Besten, die je hier gespielt haben, haben ja alle eine“) und sich etliche für eine Würdigung des legendären Chip auf der 16 aussprachen, meinte Will Zalatoris: „Oh Mann, setzt einfach eine Darstellung seines berühmten Fist Pump auf einen Sprinklerkopf links vom 18. Grün.“

Derweil wurde bekannt, dass Woods und Jack Nicklaus sich in intensiven Gesprächen bezüglich des Formats ihrer Designated Events mit der PGA Tour befinden. Beide drängen darauf, dass es für das Genesis Invitational (Woods) und für das Memorial Tournament (Nicklaus) auch künftig bei einem Cut bleibt. „Ich denke, dass es Konsequenzen für schwaches Spiel geben muss. Daher sollte es einen Cut geben und nicht jedes Turnier für jeden automatisch über 72 Loch führen“, hatte Woods bereits bei seiner Pressekonferenz am vergangenen Dienstag erklärt.

Osterhasen als Masters-Mitbringsel

Aus gegebenem Anlass: Raten Sie mal, was es in einem Golfshop zu kaufen gibt, der eh alles hat, was das Herz an Fanartikeln begehrt, wenn das diesjährige Masters an Ostern endet? Richtig: Osterhasen. Und so machten diese niedlichen Schlappohren dem Masters-Gnom im Patrons-Stil als bisherigem Verkaufsschlager gestern mächtig Konkurrenz, während sich Jon Rahm draußen auf der Wiese ein grünes Sakko als „Mitbringsel“ aus dem Augusta National Golf Club sicherte. Die Bunnies dürften dem Pro-Stunde-Umsatz an Merchandising des Masters-Golfshop von rund einer Million Dollar noch mal einen ordentlichen Schub verliehen haben.

(Foto: Screenshot – Golf Week/Rob Schumacher/USA TODAY Network)

Gericht beordert Saudis nach New York

Not amused: Greg Normans innerlicher Veitstanz findet nicht statt, und dabei hätte der Impresario der LIV Golf League doch so gern über den Sieg eines Spielers aus der Saudi-Sause beim Masters gejubelt. Aber es kommt noch bitterer: Während der Tage im Augusta National Golf Club hat die zuständige Richterin Beth Labson Freeman in Kalifornien den Public Investment Fund (PIF) der Saudis und dessen Direktor Yasir Al-Rumayyan zu Beteiligten in der Kartellrechtsklage von LIV gegen die PGA Tour erklärt und nicht nur eine Offenlegung der entsprechenden, den Konkurrenz-Circuit betreffenden Geschäftspapiere, sondern auch eine Befragung von Al-Rumayyan angeordnet. Mehr noch: Die PIF-Anwälte und Al-Rumayyan müssen in New York erscheinen, nachdem ein anderes Gericht zuvor noch dem Antrag der Saudis stattgegeben hatte, die Dokumente ausschließlich in Riad zur Verfügung zu stellen. Dagegen hatten die Anwälte der PGA Tour opponiert, da sie in Saudi-Arabiens Hauptstadt Repressalien fürchten, weil derartige Befragungen und Offenlegungen angeblich gegen saudisches Recht verstoßen und sie sich vor Ort demzufolge strafbar machen würden.

Al-Rumayyan, der wirtschaftliche Strippenzieher des De-Facto-Herrschers Kronprinz Mohammed bin Salman, war bereits wenig erfreut, überhaupt in die Kartellrechtsklage hineingezogen worden zu sein. Dass er jetzt auch noch auf fremdem Terrain vor einem Tribunal erscheinen und sich in die Karten schauen lassen muss, wird ihm ganz und gar nicht schmecken.

USGA verliert Titelsponsor für US Women’s Open

Eine Schwalbe, die nur einen Sommer flog: Der amerikanische Golfverband USGA und die gemeinnützige Gesundheitsorganisation ProMedica gehen wieder getrennte Wege. ProMedica war 2022 als Titelsponsor der US Women’s Open eingestiegen und für eine Erhöhung des Gesamtpreisgelds von 5,5 auf zehn Millionen Dollar gesorgt; die USGA hatte im Gegenzug erstmals in der 128-jährigen Verbandsgeschichte den Namen eines der 14 Championate verkauft; Siegerin und Gewinnerin des 1,8-Millionen-Dollar-Schecks war vergangenen Juni die Australierin Minjee Lee. Nun wurde der auf zehn Jahre datierte Vertrag aufgelöste, USGA-Chef Mike Whan sprach von wirtschaftlichen Problemen bei ProMedica. In einer Stellungnahme der Organisation selbst hieß es: „Wir sind dankbar für Partner wie die USGA, die die extremen finanziellen Herausforderungen der Gesundheitsbranche verstehen und mit uns auf professionelle Weise zusammengearbeitet haben, um frühere Engagements neu zu bewerten. Wie viele andere Gesundheitssysteme steht auch ProMedica nach 2022 vor einer finanziellen Belastung, das zum schlimmsten Finanzjahr für die Gesundheitsbranche seit Beginn der Pandemie erklärt worden ist.“

 

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Österreicherin wird Blindengolf-Weltmeisterin

Erfolgsmeldung: Die Österreicherin Karin Becker aus Vill nahe Innsbruck in Tirol hat sich bei der World Blindgolf Championship 2023 im Milnerton Golf Club in Kapstadt/Südafrika mit ihrem Sohn und Guide Jacob erneut die Weltmeisterschaft gewonnen. Es war die erste Weltmeisterschaft der Blinden- und Sehbehinderten nach einer, auch Corona bedingten, fünfjährigen Pause. Die Beckers hatten bereits 2018 in Schottland gesiegt.

Golfer retten Mann aus versinkendem Auto

Erste Hilfe: Ein Golfer und ein Offizieller haben am vergangenen Dienstag in Indio/Kalifornien einem Mann das Leben gerettet, der mit seinem Auto in einen Kanal gefahren war und zu ertrinken drohte. Der Vorfall ereignete sich während einer Meisterschaft des südkalifornischen Golfverbands im Terra Lago Golf Resort im Coachella-Tal, das von einem Seitenarm des All-American-Kanal durchzogen wird. Das Unfallopfer hatte offenbar am Steuer einen Schlaganfall erlitten, war mit seinem Fahrzeug nahe des Clubhauses von der Straße abgekommen und derart tief im eiskalten Wasser versunken, dass nur noch das Dach des Nissan Pathfinder zu sehen war. Jeff Ninnemann, der Golfdirektor des betreffenden Verbands, und Turnierteilnehmer Brett Fox sprangen in den Kanal und zogen den benommenen Fahrer durchs Fenster aus seinem Auto. Sein Zustand ist stabil.

Morddrohungen für Transgender-Golferin

Widerlich: Als Breanna Gill am 2. April in New South Wales im Play-off die Australia Women’s Classic auf der Women’s PGA Tour gewann, war der Jubel groß. Doch nur Stunden später mischten sich üble Wermutstropfen in den Freudenbecher. Die 32-jährige Transgender-Athletin erhielt wegen ihrer geschlechtlichen Inkongruenz und den daraus angeblich resultierenden physischen Vorteilen in den sozialen Medien Hasskommentare und sogar Morddrohungen – der Fanatismus eines fehlgeleiteten Fandom zeigte seine hässliche Fratze. Die Wucht der Anfeindungen war so übel, dass Gill, Nummer 393 der Damen-Weltrangliste, und selbst die WPGA Tour ihren Twitter-Account vorübergehend auf „privat“ stellten. „Wir waren alle sehr um Breannas Wohlergehen besorgt“, sagte WPGA-Chefin Karen Lunn, die selbst Zielscheibe von wüsten Beschimpfungen war. In dem Zusammenhang erinnert man sich an eine Erhebung aus Kanada zur Ermittlung der aggressivsten Sportfans auf Twitter aus dem Jahr 2021: Die Golffans lagen dabei mit weitem Abstand vor Fußball- und Baseball-Fans (42, 28 und 26 Prozent) – eine wenig schmeichelhafte Spitzenplatzierung.

(Foto: Screenshot/The Sydney Morning Herald)

Hier gibt es keinen Sieger und Verlierer

Zum Schluss: … mal wieder Zeit für etwas Trickshot. Na ja, nicht wirklich, aber dafür kommt das Ende dieser Back Nine nach den zumeist fettgrünen Masters-Tagen noch mal farblich passend daher. Und im Gegensatz zu Jon Rahm und Brooks Koepka schaffen es die Bälle dieser beiden Sportkameraden auch gleichzeitig ins Ziel – es muss ja nicht immer Sieger und Geschlagene geben.

 

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