Panorama

Golf in Indien: Vom kolonialen Erbe zur neuen Sportnation

16. Okt. 2025 von Laura Gailus in München, Deutschland

Golf in Indien erlebt einen Wandel – vom Kolonialspiel zur wachsenden Bewegung quer durchs Land. (Fotos: Getty)

Golf in Indien erlebt einen Wandel – vom Kolonialspiel zur wachsenden Bewegung quer durchs Land. (Fotos: Getty)

Als britische Offiziere im Jahr 1829 in Kalkutta den Royal Calcutta Golf Club gründeten, ahnte niemand, dass Golf einmal Teil des indischen Selbstverständnisses werden könnte. Was als Freizeitbeschäftigung der Kolonialherren begann, entwickelte sich über fast zwei Jahrhunderte zu einem Spiegel gesellschaftlicher Veränderungen. Zwischen alten Stadtclubs mit kolonialer Architektur und neuen öffentlichen Anlagen an den Rändern wachsender Städte zeigt sich ein Land, das seinen eigenen Zugang zu Golf sucht – unabhängig von den alten Grenzen.

Die frühe Geschichte von Golf in Indien

Die Wurzeln des indischen Golf reichen tief in die britische Kolonialzeit. Nach dem Royal Calcutta Golf Club – ein Golfclub, der der älteste außerhalb von Großbritannien ist – folgten Plätze in Bombay und Bangalore, später auch in Chennai und Delhi. Bis zur Unabhängigkeit blieb der Sport der wohlhabenden Oberschicht vorbehalten. Erst mit der Gründung der Indian Golf Union 1955 wurde die Verwaltung des Sports in indische Hände gelegt. Das erste Indian-Open-Turnier 1964 brachte dann den internationalen Charakter ins Land und mit dem damaligen historischen Sieg von P. G. Sethis ein Symbol für den sportlichen Aufbruch. In den 1980er Jahren begannen die ersten indischen Spieler, sich auf der asiatischen Bühne zu behaupten. Heute sind Namen wie Jeev Milkha Singh, Anirban Lahiri – der aktuell an der DP World Tour India Championship teilnimmt – oder Arjun Atwal fest mit der globalen Entwicklung des Golfsports in Indien verknüpft.

Zwischen Exklusivität und Öffnung

Über viele Jahrzehnte war Golf in Indien Synonym für Status. Private Clubs, geschlossene Mitgliederlisten und hohe Beiträge bestimmten das Bild. Noch immer existiert diese Exklusivität, doch langsam beginnt sie zu bröckeln. Öffentliche Driving Ranges in Städten wie Pune, Ahmedabad oder Greater Noida öffnen den Sport für neue Zielgruppen. Pay-and-Play-Modelle und Schulprogramme senken die Einstiegshürden. Rund 296 Plätze stehen inzwischen zur Verfügung, auch wenn viele davon auf Armeegelände liegen. In Relation zur Bevölkerungszahl bleibt die Dichte gering, doch der Trend zeigt nach oben: Mehr Inderinnen und Inder als je zuvor greifen zum Schläger, um Golf nicht nur als Freizeitvergnügen, sondern als Ausdruck urbaner Identität zu begreifen.

Internationale Bühne und sportliche Anerkennung

Und mit der wachsenden Infrastruktur kam auch sportliche Relevanz. Die Hero Indian Open, seit Jahrzehnten das Flaggschiff unter den indischen Turnieren, ist heute Teil der Asian und European Tour. Ergänzt wird sie durch die Women’s Indian Open, die Spielerinnen aus aller Welt nach Neu-Delhi bringt. 2025 rückte Indien endgültig ins Zentrum des internationalen Golf-Kalenders mit der aktuell laufenden DP World Tour India Championship, einem Turnier, das erstmals Weltstars wie Rory McIlroy und Viktor Hovland auf indischem Boden vereinte.

Nachwuchsarbeit als Fundament

Wenn Golf in irgendeinem Land eine Zukunft haben soll, dann geht das über den Nachwuchs. Genauso in Indien. Die Indian Golf Foundation, gegründet 2000 vom früheren Nationalspieler Amit Luthra, bietet Kindern aus armen Verhältnissen kostenlose Förderung, vom Training bis zur Schulausbildung. Einige ihrer Schützlinge erhielten bereits Stipendien an US-Universitäten, andere gewannen nationale Jugendtitel. Parallel dazu engagieren sich private Unternehmen wie die DLF Foundation mit professionellen Trainingsprogrammen für junge Talente. Diese Initiativen verändern, wer Golf spielt – und wer es sich überhaupt vorstellen kann zu spielen.

Ein Sport zwischen Tradition und Aufbruch

Die Indian Golf Union begleitet und stärkt diese Entwicklung, organisiert Jugendmeisterschaften und sucht Kooperationen mit internationalen Partnern. Eine Spende von Nicholas Callaway, dem Sohn des Callaway-Gründers, brachte 2025 Ausrüstung für Hunderte Kinder. Solche Impulse holen den Golfsport in Indien von der exklusiven Clubwiese auf die öffentliche Bühne. Der Sport wird sichtbarer, greifbarer und beginnt, Teil einer modernen, selbstbewussten indischen Gesellschaft zu werden.


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