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Outing der Saudi Liga während der Players: Was ist nun mit Normans Papiertiger?

08. Mrz. 2022 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Rückt Greg Norman endlich neue Informationen raus? (Foto: Getty)

Rückt Greg Norman endlich neue Informationen raus? (Foto: Getty)

Es ist die Woche der Wahrheit: Alles, was im Profigolf Rang und Namen hat, trifft sich zur Players Championship im TPC Sawgrass – na ja, alle außer dem noch nicht fitten Tiger Woods, dem nicht mehr fitten Bryson DeChambeau, dem Nestbeschmutzer Phil Mickelson und dem werdende Vater Kevin Na. Aber sonst: großes Spieler-Kino.

Und ausgerechnet während dieses Gipfeltreffens, während des Flaggschiff-Turniers und inoffiziellen fünften Majors der PGA Tour wollen Greg Norman und seine Hintermänner aus Riad angeblich offenbaren, was es mit der Saudi-Liga und dem Angriff aufs Golf-Establishment konkret auf sich hat. Endlich.

Nicht mal schemenhafte Konturen

So will es jedenfalls der Reporter Alan Shipnuck aus den üblichen gut unterrichteten Kreisen erfahren haben. Jener Alan Shipnuck, der neulich zur Promotion seiner Biographie über „Golf’s Most Colorful Superstar“ Phil Mickelson aus einem Telefonat mit „Lefty“ zitierte und das perfide Kalkül des sechsfachen Majorsiegers bloß stellte, die „scary motherfuckers“ aus Saudi Arabien als Hebel für die Durchsetzung seiner persönlichen pekuniären Interessen gegen die Tour einzusetzen.

Aber diese Woche werden alle Fragen beantwortet? Wirklich? Greg Norman, der sich den Saudis als Impresario verkauft hat, enthüllt die bislang nicht mal schemenhafte Konturen des Konkurrenz-Circuits? Der Australier redet nicht nur von „ungeheuerlichem Mobbing“ der Tour gegenüber den Spielern und winkt mit dem Kartellrecht, sondern lässt mal Taten folgen? „The Great White Shark“ nennt Ross und Reiter, nachdem er für seine LIV Golf Investments bislang allenfalls einen Funktionärs-Wasserkopf angeheuert hat?

Mickelson und das Drei-Affen-Prinzip

Die Golf-Öffentlichkeit erfährt nach mindestens zwei Jahren heißer Luft, welche Spieler übergelaufen sind – laut Shipnuck sollen sich ja bereits 20 Top-Akteure verdingt haben –, in welchem Format und wo die Super Golf League fürderhin ihren Schrecken entfalten will? Immerhin hat Norman groß gepustet, das sei noch nicht das Ende, sondern erst der Anfang, als die PGA Tour während des Genesis Invitational ihre Hautevolee in einem sorgsam orchestrierten Line-up samt und sonders zur Ehrenerklärung für die sportliche Heimat hat antreten lassen.

Hinter vorgehaltener Experten-Hand wird übrigens gemunkelt, dass nicht zuletzt Mickelsons Monolog den einen oder anderen zum Umdenken veranlasst hat – wer will sich schon mit so was gemein machen, wenn nun sogar einer aus dem „Inner Circle“ kein Hehl aus Mord, Menschenrechtsverletzungen und sonstigen Missständen macht. Bislang hat das mit der Teilnahme am Saudi International und dem Interesse an garantierten Gagen in einem alternativen Zirkus ja ganz gut nach dem Drei-Affen-Prinzip funktioniert: Nichts sehen, nichts hören, nicht drüber reden.

Miefige Melange aus Gerüchten und Geschmäckle

Also, Butter bei die Fische! Bislang nämlich gab es nicht mal eine offizielle Verlautbarung, dass die neue Liga überhaupt existiert, welchen Namen sie letztlich haben wird und ob Norman wirklich ihr Commissioner ist. Bisher war alles lediglich eine miefige Melange aus Gerüchten und dem Geschmäckle, dass da einer – Norman – von Saudi-Gnaden und mit dem Geld des Hunderte Milliarden schweren Public Investment Fund PIF sein Mütchen kühlen will, weil der 66-Jährige das Messer auf die PGA Tour gewetzt hat, die ihm in den 1990er-Jahren seine Idee von einer Welttour geklaut und daraus die WGC-Events gemacht hat. Das ist Fakt, wenngleich Norman es – natürlich – bestreitet.

Der Rest jedenfalls ist definitiv Fama: Beispielsweise soll die Saudi-Liga zwölf bis 14 Stationen haben, unter anderem auf Plätzen des von der Tour ebenfalls geschassten Donald Trump. Zehn Gastspiele von Normans Tingeltour sind in den USA geplant, angeblich wurden überdies etliche renommierte amerikanische Privatanlagen zwecks Ausrichtung angesprochen und mit einer „Wochenmiete“ von drei Millionen Dollar geködert. Laut Michael Bamberg von „Golf.com“ habe jedoch „bislang kein Club auch nur ansatzweise Interesse gezeigt“.

Das Tournee-Format ist auf Teams ausgerichtet, die jeweils eine Art Eigner haben – einen Spieler, ein Unternehmen oder eine Organisation – der beispielsweise Sponsoren für sein Team akquirieren und sogar Spieler-Transfers aushandeln darf. Irgendwie à la Formel 1.

Obszöne Offerten, aber auch Rausschmisse möglich

Der Tross umfasst 40 bis 48 Spieler, jedes Event geht über 54 statt der gewohnten 72 Loch, die Runden werden per Kanonenstart eröffnet, um eventuelle Wetter-Nachteile für Vormittags- oder Nachmittags-Startgruppen zu eliminieren.

Ein Cut ist nicht vorgesehen, dafür gibt’s Preisgeld im Übermaß, 20 bis 30 Millionen Dollar pro Akteur und Turnier – die Basishonorare sowie das Überläufer-Handgeld obendrauf. Bekanntlich wurden ja bereits obszöne Offerten in dreistelliger Millionenhöhe für Zugpferde wie Dustin Johnson oder Bryson DeChambeau kolportiert. Andererseits können Spieler, die unter Form agieren, auch rausfliegen bzw. durch „frisches Blut“ ersetzt werden.

Keine Stars, keine Zugpferde

Ein pikanter Aspekt angesichts der Tatsache, dass die PGA Tour allen Abweichlern mit lebenslanger Sperre droht. Wer auf der Saudi-Liga scheitert, dem bleibt wirklich nur der Ruhestand – einen Weg zurück dürfte es jedenfalls nicht geben.

Doch wen hat Norman denn wirklich bis zur Stunde: Jason Kokrak wahrscheinlich, der nach eigener Aussage „in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Geld verdienen“ will und ohnehin Botschafter von Golf Saudi ist; Lee Westwood vielleicht, der sagt, man müsse schon „komplett taub“ sein, um den Sirenengesang der Saudis zu überhören.

„Ohne Tigers Segen chancenlos“

Und sonst? Niemand, jedenfalls dem Genesis-Gelöbnis zufolge: Kein Jon Rahm, der seine Treue schwor; kein Collin Morikawa, der auf Tiger Woods’ Spuren wandeln will; keinen Viktor Hovland oder DeChambeau, die dort spielen wollen, wo die Besten spielen. Wiewohl laut Mickelson „sicher jeder Spieler in den Top-100 angesprochen worden ist“, sieht die Saudi-Schimäre derzeit eher aus wie eine Jungsenioren-Liga.

„Vielleicht muss Greg Norman demnächst selbst aufteen, damit sie das Feld vollkriegen“, hat Rory McIlroy neulich gespottet. Und fügte ganz nüchtern an: „Tiger Woods ist nach wie vor das Epizentrum unseres Profi-Universums. Ohne ihn fehlt dem Ganzen das Fundament. Zwar spielt er derzeit nicht, aber sie haben nicht mal seine Zustimmung – damit sind sie chancenlos.“

Um im Bild zu bleiben: Norman und die Saudis sind als Tiger gesprungen und – bislang – allenfalls als Bettvorleger gelandet. Eine International Series auf der Asian Tour, mit 300 Millionen Dollar aus Riad gepimpt, lockt weder TV noch Fans hinterm Tour-Ofen vor. Selbst wenn die Super Golf League ebenfalls dort andocken und ihren Protagonisten dadurch die Chance auf Major-Starts und Weltranglisten-Punkte offen halten würde: Es muss in dieser Players-Woche schon eine Menge passieren, um Normans Konstrukt die Volatilität eines Papiertigers zu nehmen.

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