Dieses Eichhörnchen ist der pure Hohn: Der niedliche Nager knabbert an einer Nuss und lächelt dabei versonnen-genießerisch. Wie putzig. Doch „Sciurus carolinensis“, so der lateinische Name für das amerikanische Grauhörnchen, steht gleichzeitig als Turnier-Logo für einen der biestigsten Kurse auf dem Golfglobus, für eine 18-Loch-Tortur, die heuer zum zehnten Mal in ihrer Geschichte Schauplatz der US Open ist.
„Ich mag es, wenn die Leute auf dem Platz leiden“
Oakmont, sagt Titelverteidiger Bryson DeChambeau, „ist nicht nur eine Herausforderung für dein Spiel, sondern auch für deine Psyche. Vor der „Offenen Amerikanischen“ 2016, als Dustin Johnson sich das erste seiner zwei Majors holte, hat der damalige Superintendent John Zimmer erzählt: „Ich mag es, wenn die Leute auf dem Platz leiden. Und unsere Mitglieder sind sauer, wenn ihre Gäste da draußen keine ungemütliche Zeit verbracht haben!“ Das gilt bis heute. Kurz, der Oakmont Country Club ist ein Hort von Golf-Sadisten.
Auch für eine unangekündigte US Open schwierig genug
Nicht von ungefähr liebt der amerikanische Golfverband USGA dieses „Oakmonster“ im Speckgürtel nordöstlich von Pittsburgh. Man hat gern brutale Bedingungen: Oakmont ist dafür der perfekte Parcours, und für die USGA als Anchor Site so was wie der Old Course in St. Andrews für die Rota der R&A – die Nummer eins der Kurse für die jeweiligen Majors.
„Ich glaube nicht, dass die Leute den Fernseher einschalten, um zu sehen, wie einige der Jungs einen 200-Yard-Schlag aufs Grün spielen. Ich denke vielmehr, dass sie die US Open einschalten, um zuzuschauen, wie irgendwer Acht über Par schießt und sich auf der Runde richtig quälen muss.“
Xander Schauffele
Der sechsfache Major- und zweifache US-Open-Sieger Lee Trevino hat mal gesagt, Oakmont sei der einzige Platz in den USA, der so anspruchsvoll und anstrengend ist, dass dort auch unangekündigt und ohne Vorbereitung eine US Open stattfinden könne. Das Credo des über 120 Jahre alten Privatclubs ist schlicht: Der schwierigste Platz zu sein, den wer auch immer jemals gespielt hat.
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210 Bunker und gemeine Entwässerungsgräben
„Falls einer beim Clubeintritt noch kein golferischer Sadist war, dann ist er es spätestens nach ein paar Jahren Mitgliedschaft“, bestätigt Head-Pro Bob Ford. In diesem Sinne ließen die Mitglieder Anfang der 2000er-Jahre sogar fast 15.000 Bäume fällen, um den ursprünglich nahezu baumlosen Charakter des einstigen Ackerlands wieder herzustellen und die grimmige Bebunkerung – 210 Sandhindernisse sind es insgesamt – sowie die gemeinen Entwässerungsgräben hervorzuheben.
Die Vegetation war eins das perfekte Habitat für besagtes Eichhörnchen, dessen Lebensraum der Platz-Politur zum Opfer gefallen. Im Logo hat man ihm schon 1962 wenigstens eine Art Denkmal gesetzt. Vor jeder Championship, die in Oakmont ausgetragen wird, bekommt der namenlose Nager eine Art Facelift und funktioniert perfekt als Booster für Oakmonts Merchandising.
Grünsgeschwindigkeit: 16 auf dem Stimpmeter
Nun also die zehnte US Open. Designer Gil Hanse hat den Kurs am Ufer des Allegheny River vor drei Jahren noch mal überarbeitet und dem originären Layout angepasst, vor allem die Konturen der Grüns, die Tiger Woods 2007 als „die schwierigsten, die je gespielt habe“ bezeichnete. Wenn Oakmont schon angsteinflößend ist, dann sind die Grüns der pure Terror. In dieser Woche wurden mit dem Stimpmeter Geschwindigkeit von sage und schreibe 16 Fuß gemessen, das hat was von Glasplatte.
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Trotz des Einsatzes von Handmähern: Das Rough ist eher ein Sumpf
Und das ohnehin eher wie ein Sumpf wirkende Rough wird gegen die Spielrichtung geharkt, damit verirrte Bälle bloß nicht auf den Halmen zum Liegen kommen. Da bringt auch wenig Erleichterung, dass dieser Tage dort noch mit Handmähern zu Werke gegangen wurde.
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Henry Clay Fownes und sein „charakterbildend“ strammer Kurs
Das alles ist buchstäblich im Sinne des Erfinders. Henry Clay Fownes widmete sich Anfang des 20. Jahrhunderts ein Jahr lang dem Bau seines eigenen Golfplatzes. Der Pittsburgher Stahlunternehmer, als Calvinist von puritanischer Gesinnung und Strenge, hatte sich wegen einer Arteriosklerose bereits im Alter von 40 Jahren aus dem Geschäftsleben zurückgezogen und Golf als Therapeutikum entdeckt. Nur, die Plätze waren ihm nicht anspruchsvoll genug, er wollte einen „charakterbildend“ strammen Kurs.
Sein Sohn William Clark Fownes prägte den Satz: „„Ein schwacher Schlag ist ein verlorener Schlag. Ungeschickte, Rückgratlose und Galeriespieler haben hier nichts zu suchen.“ Fownes Jr. war auch berüchtigt, flugs Bunker an Stellen zu bauen, wo gestreute Bälle „ungestraft“ landeten, nicht selten über Nacht.
Church-Pews-Bunker um zwei weiteren „Kirchenbänke“ verlängert
1904 wurde die Anlage eröffnet: mit welligen Fairways und vor allem gehörig ondulierten und in ihrer Form oft unkonventionellen Grüns, die bis heute in die Kategorie „bestrafendes Design“ fallen. Ohne Wasserhindernisse, indes schon damals mit rund 200 Sandfallen inklusive des berühmt-berüchtigten Church-Pews-Bunkers zwischen dem dritten und vierten Fairway, dem Hanse zwei weitere „Kirchenbänke“ verpasst hat. Das Resümee des Designers: „Du bist gut beraten, wenn der Platz nach Beendigung deiner Arbeit nicht einfacher geworden ist.“
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