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„Lefty, der Lautsprecher“: Tatsächlich PIP-Primus oder bloß eine „Hail Mary“?

30. Dez. 2021 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Phil Mickelson beansprucht den Sieg des "Players-Impact-Program" für sich. (Foto: Getty)

Phil Mickelson beansprucht den Sieg des "Players-Impact-Program" für sich. (Foto: Getty)

Das Bryson-Brooks-Ballyhoo war vergebens, DeChambeau und Koepka haben sich eine Saison lang gezofft wie die Kesselflicker und schauen trotzdem in die Röhre. Im Ranking des heuer neu eingeführten und arg umstrittenen Player Impact Program (PIP) rangieren sie offensichtlich unter ferner liefen: Der PIP-Primus 2021 heißt Philip Alfred Mickelson, jedenfalls nach eigenem Bekunden.

PIP-Proklamation per Twitter

Gestern rief sich „Lefty“ via Twitter selbst zum designierten Champion aus und bedankte sich bei den „Crazies (und echten Unterstützern), die mir geholfen haben“, den Löwenanteil von acht Millionen Dollar einzusacken, den die PGA Tour für den Gewinner ihres mit 40 Millionen gefüllten Popularitäts-Prämien-Pools auskehrt. Dabei beharrte Commissioner Jay Monahan in der Vergangenheit doch stets darauf, weder die Namen der betreffenden zehn Spieler, noch deren Ranking oder Details der Wertung publizieren zu wollen. Aber so ist das nun mal, wenn man – wie im Fall des PIP-Popanzes – heiße Luft statt Leistung honoriert. Dann darf man sich nicht wundern, dass das Sujet selbst zur Effekthascherei missbraucht wird: Die Geister, die ich rief …

Dabei dachte jeder, dass Tiger Woods selbst vom Sofa aus die Chose schon schaukeln würde, immerhin war der 15-fache Major-Sieger in den vergangenen Monaten bei Google der meistgesuchte US-Sportler, ein maßgeblicher PIP-Faktor.

Tiger Woods: Alles für die Katz’

Überdies quälte sich der Rekonvaleszent auf die Driving Range und mit Sohnemann Charlie durchs Eltern-Kind-Turnier, um der Weltöffentlichkeit seine wundersame Wiederauferstehung zu demonstrieren. Alles – Achtung Wortspiel – für die Katz’. Scherz beseite: Aus „The Year of the Cat“ – die Älteren unter uns werden sich an den Song von Al Stewart erinnern – ist in Mickelsons Deutung nun endgültig „The Year of the P“ geworden. Phil veranstaltet „Phiresides“, wird bei der PGA Championship im Mai ältester Major-Sieger der Golfgeschichte und schließlich Populismus-Preisträger.

Ausgerechnet potenzielle Saudi-Galionsfigur gewinnt

Diese Entwicklung zeigt in aller Augenfälligkeit den Aberwitz der PIP-Posse, dank deren finanzieller Ausstattung die PGA Tour ihre Stars zusätzlich bei Laune und von einer möglichen Premier oder Super Golf League fern halten will, letztlich hingegen bloß den von Aufmerksamkeitsgier und Selbstdarstellungstrieb befeuerten Jahrmarkt der Eitelkeiten in den sozialen Medien bestätigt. Und pikanterweise gewinnt ausgerechnet jener Aktive, der dem Werben der Saudis um potenzielle Galionsfiguren für ihren Konkurrenz-Circuit bislang besonders willfährig gegenüber gestanden hat. Ein Schelm, wer Böse dabei denkt.

Der Teufel und seine Verdauungsvorlieben

Über den Umstand, dass sich die vulgäre Metapher vom Teufel und seinen Verdauungsvorlieben tatsächlich bestätigt und das Geld wie erwartet einmal mehr dahin geht, wo schon sehr viel Geld ist, muss grad gar nicht mehr diskutiert werden. Zur Erinnerung: Mickelson ist allein an Preisgeldern über 94 Millionen Dollar schwer. Die Forderung in vielen Kommentaren, die Moneten sinnvoller einzusetzen, für Professionals, die es wirklich nötig haben, oder für die Nachwuchsarbeit beispielsweise, ist aller Ehren wert, gleichwohl nicht der Sinn der PIP-Penunze.


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Es handelt sich schlichtweg um Kompensations-Kohle für die Inszenierung des schönen Scheins, mit der ohnehin saturierte Stars zusätzlich gepampert werden sollen. Sorry, mit der „die enge Beziehung der Top-Spieler zur Tour honoriert wird“, wie Rory McIlroy mal etwas charmanter formuliert hat. „Das Player Impact Program bedient alles, was in der modernen Gesellschaft falsch läuft“, befand hingegen vor einigen Monaten das das Portal „Golf Magic“. Ins Schwarze getroffen.

Und Mickelson, ohnehin von enormer öffentlicher Wirkweise und mit großer Fangemeinde, klimpert geradezu konzertant auf der Social-Media-Klaviatur. Obwohl er überhaupt erst seit 2018 auf Twitter und Instagram dabei ist. Der 51-Jährige hat zu allem und zu jedem was zu sagen – von Distanz-Debatte bis Omikron-„Overkill“ –; macht Kaffee-, Sonnenbrillen und CBD-Werbung oder produziert skurrile Tanzeinlagen für seinen Hemden-Sponsor.

Und wenn ihm nichts mehr einfällt, erinnert er lautsprecherisch an seinen Coup von Kiawah Island. Zyniker fürchten bereits, dass sich Mickelsons Repertoire künftig ungefähr dergestalt erweitern könnte: „Es lief beim Turnier XYZ zwar nicht nach Wunsch, aber – hey! – ich bin immerhin PIP-Sieger.“

Dank dieser Masche und einer flotten Verlautbarungs-Frequenz hat er selbst den Tiger ausgestochen, der heute 46 Jahre alt wird und getrost als heimlicher Held auch des Player Impact Program angesehen werden darf. Mit nicht mal einer Handvoll knapper Nachrichten im Lauf des Jahres und dem Auftritt bei der PNC Championship schaffte es Woods laut „Lefty“ nämlich immerhin auf Platz zwei. Der ist mit sechs Millionen Dollar dotiert – und mit Süffisanz vom Sieger: „Er hat mein Mitgefühl.“

Finales Buhlen um Aufmerksamkeit?

Manche Beobachter unken übrigens, Mickelson habe mit seinem Triumph-Tweet eine Art „Hail Mary“ schießen wollen, um in quasi letzter Minute erneut größtmöglichen Nutzen zu generieren. Denn die Wertung fürs Player Impact Program 2021 endet am 31. Dezember. Anhänger des American Football wissen, was mit dem Vergleich gemeint ist: Die Verzweiflungstat des Spielmachers einer in Rückstand liegenden Mannschaft, der mit einem blinden Wurf in die gegnerische Endzone das Blatt noch zu wenden hofft –und dann ein „Ave Maria“ betet, auf dass einer seiner Receiver das Ei irgendwie zum Touchdown fangen möge.

„Golf Digest“ berichtet allerdings, dass der sechsfache Majorsieger sich zurecht als Matador feiert; eine Quelle bei der Tour habe den Spitzenplatz bestätigt, wiewohl die Auswertung keineswegs abgeschlossen sei. Final muss das Ergebnis außerdem von einem unabhängigen Prüfer bestätigt werden.

Zudem hat Mickelson vor der Scheckübergabe zwei Bedingungen zu erfüllen: Er muss sich für ein besonderes Event zur Verfügung stellen – bei Tour-Sponsoren, vor Medien, in Form einer Golf Clinic oder ähnliches – und muss darüber hinaus zu einem bedeutenden Turnier antreten, das er normalerweise nicht im Spielplan hat. Vor diesem Hintergrund erklärt sich prompt Mickelsons überraschende Zusage fürs Tournament of Champions in der ersten Januarwoche auf Hawaii, das er zwei Mal (1994, 1998) gewonnen, indes nach 2001 nie mehr gespielt hat.

2022 werden 50 Millionen PIP-Dollar verteilt

Im Februar sollen das offizielle PIP-Endergebnis und die zehn Prämien-Profiteure per internem Memo an die Tour-Mitglieder, sprich die Spieler, bekannt gegeben werden. Details werden garantiert durchsickern, und spätestens dann weiß die Golfwelt, wie DeChambeau und Koepka abgeschnitten haben. Das Bedauern über eine hintere Platzierung dürfte sich allerdings in Grenzen halten: Bei The Match V haben die Krawallbrüder ja bereits ordentlich abgesahnt.

Und in ein paar Tagen heißt es ohnehin: Auf ein Neues! 2022 werden sogar 50 Millionen unter den zehn Spielern verteilt, die gemäß Tour-Sprech „dem Gesamtprodukt den meisten Mehrwert hinzufügen“. Was unverändert bleibt, ist der schale Beigeschmack.

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