Laura Fünfstück darf sich Tour-Siegerin nennen. Der Weg war kein leichter, von einer Rückenverletzung in der Saison 2021/22, die sie fast anderthalb Jahre außer Gefecht gesetzt hat, zurück auf einen Stammplatz in der Elite. Golf Post traf sie im Juni beim Amundi German Masters und mit ihr über ihre dort schon ansteigende Formkurve, die Entwicklung von Frauensport im Allgemeinen und das persönliche Glück gesprochen.
Der Sieg kam nicht aus dem Nichts, sondern ist durch einige Top-10-Platzierungen in diesem Jahr vorbereitet worden. Auch wenn Laura Fünfstück seit 2022 zurück auf der Tour ist, arbeitet sie immer noch daran, den richtigen Schwung zu finden. “Ich habe das Gefühl, dass ich deutlich näher an dem dran bin, was ich insgesamt machen möchte”, sagte sie Ende Juni. “Es gibt Wochen, in denen ich ein gutes Gefühl dafür habe, wie es sich anfühlen soll und wo der Schläger und wo mein Körper sein soll, dann mische ich auch oben mit. Dann gibt es aber auch Wochen, in denen es nicht so läuft, wie ich das gerne hätte. Ich hoffe, dass es immer mehr Wochen werden, in denen ich weiß: So soll es sich anfühlen.”
Eine dieser Wochen war der vierte Platz in Tschechien und auch wenn danach erstmal keine Topergebnisse sondern mehr verpasste Cuts folgten, von einem ist auszugehen: In London stimmte das Gefühl. In Hamburg war sie noch der Meinung, dass sich ihre Veränderungen nicht so sehr in ihren Ergebnissen niederschlagen, aber der Sieg spricht eine eindeutige Sprache.
Mit der Lebensgefährtin gemeinsam on Tour
Ihre Frau Rosie war eine der ersten, die ihr zum Sieg gratulierten. Die beiden sind seit sechs Jahren zusammen und haben Anfang Juni geheiratet. Ein ganzes Wochenende widmeten sie der Feier mit ihren Liebsten. “Meine Familie kommt aus Deutschland, ein Teil aus Italien, Rosies Familie aus England. Da reisen natürlich viele an, deshalb haben wir gesagt, wir machen kein Tages-Event, weil wir die Leute auch sehen und die Chance haben wollen, länger zu quatschen. Es war mega schön.”
Die beiden haben sich 2018 nach einem Monday Qualifier Event kennen gelernt, aber erst 2019 mehr Zeit miteinander verbracht. “Irgendwie kam das so zustande, auch mit Hilfe von ein paar anderen Spielerinnen wie Karo Lampert”, erzählt Fünfstück.
Es hat einige Vorteile, eine Tour-Kollegin als Partnerin zu haben. “Vorteil ist natürlich, man sieht seinen Partner wirklich, weil sonst ist der Job, den wir machen, eher einsam und nicht gerade familienfreundlich.” Dafür muss man auf der Tour dann nicht nur mit seinen eigenen Gefühlen umgehen. “Bei manchen Events musst du mit deinen eigenen Emotionen kämpfen, hoffst natürlich auch gleichzeitig für deine Partnerin, dass es gut läuft und fühlst mit, wenn es nicht so gut läuft. Einerseits hast du jemanden, der dir immer helfen kann, dich emotional zu regulieren, aber du darfst natürlich auch das Gleiche im Gegenzug tun.”
“Ich bin super glücklich, dass wir zusammen auf der Tour unterwegs sind. Ich kann es mir mittlerweile gar nicht mehr anders vorstellen. Dieses Jahr ist das erste Jahr, in dem wir beide die gleiche Kategorie haben, jetzt können wir endlich mal ein bisschen planen.”
So ging es auch direkt nach der Hochzeit gemeinsam im Tourleben weiter. “Wir hatten uns entschieden, Belgien und Tschechien direkt danach zu spielen, weil in Tschechien der Cut-Off für die Amundi Evian Championship Qualifikation war. Aber dann waren wir auf dem Weg nach Belgien und dachten uns “Tolle Idee, was machen wir hier?”
Wachsende Leichtungsdichte im Damengolf
Als Turniersiegerin gehört Laura Fünfstück zu einer wachsenden Gruppe deutscher Golferinnen, die gleichzeitig ein Ergebnis, aber auch Urheberinnen des immer größer werdenden Damengolfs sind. Fünfstück hat die Entwicklung der letzten Jahre besonders durch ihre einjährige Abwesenheit bemerkt. “Ich habe gemerkt, dass sich viel getan hat in Sachen Leichtungsdichte.” Vorher hätten auch zwei Durchschnittstage gereicht, um am Wochenende zu spielen, heutzutage ist das nicht mehr der Fall.
Sowohl die Coaches als auch die technische Ausrüstung der Spielerinnen hätten sich merklich weiterentwickelt und sorgt für mehr Qualität auf dem Golfplatz. “Es ist mehr Medieninteresse da, das ist dann natürlich auch interessanter für Sponsoren.” Allein die Tatsache, dass die Ladies European Tour einen vollen Turnierkalender spielt sei bemerkenswert. “Das war in meinem ersten Jahr gar nicht so”, erinnert sie sich.
“Ich glaube, allgemein merkt man, dass auch das weibliche Sport-Produkt interessant sein kann. Wenn man Charaktere hervorhebt und die Persönlichkeiten präsentieren kann, ist es genauso interessant wie bei den Männern. Der Sport wird vielleicht ein bisschen anders gespielt, aber das ist auch okay so.”
Diese Beobachtungen überträgt sie nicht nur auf den Golfsport sondern erkennt auch in anderen Frauensportarten die Weiterentwicklung. Ihre Frau Rosie sei zum Beispiel ein großer Fan der Frauenmannschaft des FC Arsenal. “Es ist ein bisschen ein anderes Produkt, du hast andere Zuschauer, aber die haben eine coole Zeit.” Es sei deutlich familiärer, aber die Atmosphäre sei ähnlich und das Stadion ausverkauft. “Arsenal hat extrem viel in das Frauenteam investiert, die haben die Topspielerinnen und auch Persönlichkeiten ins Team reingeholt, ich glaube dann ist es natürlich auch wieder interessant."
Gerade den Versuch, über Charaktere Interesse zu wecken, unternimmt auch die Ladies European Tour. “Wenn du die Spielerinnen nicht kennst, interessiert dich auch die Tour nicht. Wenn man die Spielerinnen kennt, dann wird auch die Performance interessanter.” Einige Spielerinnen versuchen dies auch selbst über Instagram zu erreichen. “Es sind die persönlichen Geschichten, die die Leute interessieren, nicht wie ich trainiere, sondern was machst du am Wochenende oder in einer freien Woche.”
Bei all der positiven Entwicklung, preisgeldtechnisch sei aber noch “Luft nach oben”, auch wenn sie weiß, dass die Entwicklung nachhaltig sein muss. “Man muss ganz klar sagen, die Saudis sind momentan die Vorreiter im Frauen-Golf.” So zum Beispiel auch bei der PIF London Championship. Mit insgesamt 1,5 Millionen Dollar Preisgeld gehört das Turnier zu den höherdotierten Events des Jahres. Als Siegerin profitiert Fünfstück davon, mit ungefähr 192.000 Dollar, die an sie gingen.