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Golf aus gutem Grund: Vorzüge herausstellen und Klischee-Kamellen endlich killen

18. Nov. 2021 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Golf und Politik in Deutschland (Foto: Getty)

Golf und Politik in Deutschland (Foto: Getty)

Alle Jahre wieder … Politiker teilen gern gegen Golfer aus. Das hat schon Tradition. Und lenkt ab von eigenem Versagen. Das Spiel und seine Anhänger taugen besten für politischen Populismus und Profilierung – man muss halt bloß die ollen Klischee-Kamellen ausgraben. Bräsig-betuchte Bruder (und Schwestern-)schaft, Elitisten-Entertainment, Freizeitspaß für fortgeschrittene Altersgruppen und Frischoperierte etc. pp. – Sie wissen schon.

De Maizière, Heinold, Schulz

2011 bezeichnete der damalige Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière Golf im Zuge der Diskussion um die staatliche Unterstützung einer Ryder-Cup-Bewerbung als „Randsportart“; 2014 stellte die schleswig-holsteinische Grünen-Finanzministerin Monika Heinold alle Golfer unter den Generalverdacht der Steuerhinterziehung; 2017 verstieg sich der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz im Wahlkampf zu der Aussage, ihn interessierten Golffahrer mehr als Golfspieler. Und jetzt NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU), gelernter Maschinenschlosser und Sprössling einer Landwirtsfamilie, der mit seinem blöden Spruch an die Adresse der Ärzteschaft im Disput um das Corona-Chaos halt eine dicke Konsens-Kartoffel ernten wollte. Ja, „dissen“ geht auch sublim.

Also, „Statt Golfplatz am Samstag Impfen am Samstag“: DGV-Präsident Claus M. Kobold hat zu Laumanns Lamento alles Notwendige gesagt, inklusive berechtigter Kritik an der „tödlichen Trägheit“ („Neue Zürcher Zeitung“) der Regierungsverantwortlichen – und mit der Schlussfolgerung von „prinzipieller Faulheit“ hat der Jurist seinerseits etwas überzeichnet. Laumann wiederum bedauerte seine Bemerkung: „Es war kein kluger Vergleich.“ Der Theaterdonner ist damit verhallt, Vorhang bitte.

Imageschädliche Nebenwirkungen?

Fernab des aktuellen Vorfalls freilich stellen sich ganz andere Fragen. Wie steht es eigentlich im Jahr 2021 tatsächlich ums Image des Golfsports, wenn Meinungsmacher jedweden Genres immer noch glauben, mit dem tiefen Griff in die Klamottenkiste der Klischees punkten zu können. Und: Hat das Spiel, das gerade in Zeiten einer Pandemie seinen Nutzen auf so vielfältige Weise unter Beweis gestellt hat, dann wirklich eine Lobby?

In der Politik jedenfalls ist es mit der Unterstützung nicht weit her. Man scheut den Schulterschluss mit dem Golfsport und die vermeintlich imageschädlichen Nebenwirkungen des Spiels eher wie der Teufel das Weihwasser. Noch-Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigt sich interessiert, wenn’s sein muss, aber das Netz wirft zum Stichwort „Merkel Golf“ zuvorderst einen Autoverkauf aus. Als Barack Obama beim Besuch der Hannovermesse 2017 angesichts der Golfschläger-Geschenke von Siemens-Boss Joe Kaeser versprach „Ich werde Angela beibringen wie man spielt“, konterte Merkel: „Ich muss noch arbeiten.“

„Die Snobs“ als Blaupause des Klischees

Spieltrieb, und sei er der Gesamtgesundheit, der Prävention und der mentalen Verfassung noch so förderlich, ziemt sich halt im deutschen Bürokratismus nicht. Die Sportgemeinschaft des Deutschen Bundestags hat zwar eine Golfabteilung, die durchaus aktiv ist, doch es wirkt, als wolle man darum möglichst wenig Aufhebens machen. Lediglich FDP-Granden wie Wolfgang Kubicki oder der verstorbene Guido Westerwelle bekennen bzw. bekannten sich freimütig und mit typisch liberaler Breitbeinigkeit zur Fairway-Frequentierung.

Derweil spielt in diversen Vorabendkrimis der schmierige Fiesling garantiert Golf, wahlweise schlürft eine affektierte Mordverdächtige Schaumwein auf der Driving Range, der Pro ist sowieso stets ein halbseidener Hallodri, und generell sind die Drehbuch-Golfer mindestens blasiert und sowieso Dekadenzlinge oder Profilneurotiker. Die Blaupause für dieses Sittengemälde erstellte Medien-Tausendsassa Christian Ulmen 2010 mit seiner Sitcom „Die Snobs“, in der er dauerbeschickerte Stenze und narzisstische Vollpfosten mit Herrenmenschen-Attitüde dargestellt hat.

Das Selbstverständnis der Szene

Das Schlimmste daran: Selbst Golfer hauten sich darob vor Lachen auf die Schenkel. Dabei hätten ihnen die Mienen entgleisen und die Empörung aus allen Poren quellen müssen. Aber das wutschäumende, teilweise gar geifernd artikulierte Aufbegehren um die Öffnung von Golfanlagen während des gesamtgesellschaftlichen Shutdown zu Beginn der Covid-19-Pandemie 2020 mit dem selbsternannten „Revolutionsführer“ Dr. Josef Hingerl (Golfanlage Bergkramerhof) malte schließlich ohnehin ein bezeichnendes Bild vom Selbstverständnis der Szene.

Golf hat so gute Gründe, sich in breiter gesellschaftlich Relevanz ins Bewusstsein von Öffentlichkeit und Politik zu brennen – fernab irgendwelcher megateurer, indes letztlich diffuser „Golf. Mitten ins Glück“-Kampagnen. Gesundheit und Nachhaltigkeit sind Megathemen der Welt im 21. Jahrhundert, und der Golfsport hat alles im Instrumentenkasten, um hier eine tragende Rolle einzunehmen.

Breitangelegte Kampagnen

Die Zusammenarbeit in Baden-Württemberg zwischen Landesverband und Landesregierung zum Thema „Lebensraum Golfplatz - Wir fördern Artenvielfalt“ oder der Beitritt zum „Blühpakt Bayern“, erst recht das DGV-Programm „Golf & Natur“, sind wichtige Schritte in die richtige Richtung. Anderseits ist die schon 2017 angekündigte Gesundheitsinitiative bislang eher ein kaum wahrnehmbares laues Lüftchen. Und sowieso ist in beiden Bereichen immer noch allzuviel dem Engagement Einzelner überlassen.

Brandbriefe wider Diffamierungen zu schreiben ist das Eine – doch das Golf ab und an immer noch derart geschmäht wird, sollte der Verbandszentrale in Wiesbaden zu denken geben. Es wird Zeit für breitangelegte und klug inszenierte thematische Kampagnen, die nachhaltig Aufsehen erregen. Der DGV steht am Abschlag und „hat die Ehre“!

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