Golf in Deutschland

Golf in Zeiten von Corona: Denkt mal ans Image statt an Extrawürste!

20. Mrz. 2020 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Auch Golfplätze gehören zu Zeiten des Coronavirus geschlossen. (Foto: Getty)

Auch Golfplätze gehören zu Zeiten des Coronavirus geschlossen. (Foto: Getty)

So, das kann jetzt in Teilen polemisch werden, zarte Gemüter oder Anhänger der Aufregungs- und Shitstormkultur dürfen gern wegklicken: Doch was in den vergangenen Tagen über Golf in Zeiten von Covid-19 gerade in den sozialen Netzwerken zu lesen war, das treibt – ehrlich gesagt – die Dimples aus dem Ball. Ja, draußen ist herrlichster Frühling. Ja, Golf ist wenig verdächtig, ein Vollkontaktsport oder Gruppenkuscheln zu sein, und auf den Handschlag kann man getrost mal verzichten. Ja, moderate Bewegung an der frischen Luft ist gesund und eine ideale Prophylaxe gegen alles mögliche. Alles richtig – aber …


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Leute, geht‘s noch! Was an Verordnungen wie „Zu schließen ist der Sportbetrieb auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen“ ist so schwierig zu verstehen? Trotzdem schleichen sich welche auf den Platz, bemühen spitzfindige Interpretationen darüber, was Privatrunden von organisiertem Spielbetrieb unterscheidet. Ganz Schlaue dröseln so lange an den Informationstexten herum, bis sich irgendwo eine vermeintliche Lücke auftut. Dann kommt das Ordnungsamt und scheucht die Unbelehrbaren von der Wiese.

Unerfüllter Nutzungsvertrag? Haftung?

Später sitzen ebendiese zu Hause – wahrscheinlich neben dem gehamsterten Toilettenpapier – und machen sich korinthenkackerisch Gedanken, wen sie haftbar machen können, weil der Golfanlagenbetreiber den abgeschlossenen Nutzungsvertrag nicht erfüllt. Sogar das war zu lesen. Schämt Euch! Falls nicht, so seid Euch der Fremdscham des Autors versichert.

Sicherlich, das sind alles Einzelfälle, zu einem Aufregerkonglomerat verdichtet. Natürlich ist es wie immer nur die verschwindend kleine Minderheit der Besserwisser. Selbstverständlich gehört Überzeichnung zur Wirkweise von Meinung und Kritik. Vor allem gibt es ganz viele, die mit gutem Beispiel vorangehen, die mahnen und daran erinnern, dass wir alle hoffentlich alsbald wieder auf wunderbar gepflegten Wiesen zu Werke gehen können. Sofern die noch da sind.

Denn nicht nur die Greenkeeper verrichten auf den Anlagen trotz des Shutdown weiterhin den Dienst. Das sehr greifbare Gespenst der Existenzangst treibt sich überdies vielerorts herum. Nur weil niemand spielt, sinken ja keineswegs die Betriebs- und Betriebsmittelkosten signifikant: Es muss weiterhin gemäht, gewässert, gepflegt werden; Golfanlagen sind keine Betriebe, die zur Gänze ins künstliche Koma versetzt werden können, sondern ein lebender Organismus, der genährt und gehegt werden will.

Vielleicht sollten sich die Schlauberger und Superkreativen eher mal darüber Gedanken machen: Wie lässt sich der Anlage helfen, statt dem eigenen Ego Staubzucker sonst wohin zu blasen? Jemand mit einer Idee?

Ausnahmen für Golfer? Was für ein Bild in der Öffentlichkeit!

Ein weiterer Gedanke – jenseits der hinlänglich dargestellten Notwendigkeiten zur Aufrechterhaltung des Gesundheitssystem („flatten the curve“) –, der seltsamerweise kaum zu lesen ist. Uns allen liegt das Image des Golfsports doch so sehr am Herzen. Freilich, kaum wird‘s mal eng, ist alles wie weggeblasen. Hauptsache, wir können spielen. Andere wollen das ebenso: Fußball, Handball, Vereine, Betriebssportgruppen, was, wer und wo auch immer. Und dürfen es nicht.

Aber wir Golfer wollen eine Extrawurst? Weil wir unseren Sport in Enklaven ausüben, in nur bedingt zugänglichen Refugien, die gesundheitliche Unbedenklichkeit versprechen? Bei aller Salutogenese des Golfspiels: Das hat was von Parallelexistenz, oder? In Zeiten, wo gesellschaftliche Solidarität gefordert ist wie kaum jemals zuvor. Vom Bild für die breite Öffentlichkeit gar nicht zu reden: Schau an, die Golfer! Kriegen eine Extrawurst. Kein Wunder, halten sich ja eh für was besseres. Wollen wir das?

Findige Lösungen in anderen Ländern

Woanders sind die Golfanlagen bislang offen. In den USA, in Kanada und in Großbritannien beispielsweise. Dort preisen sie die heilsame Wirkung des Spiels – zurecht. „Golf ist ok, wenn man Abstand voneinander hält“, sagt beispielsweise Sir Patrick Vallance, oberster wissenschaftlicher Berater der britischen Regierung. Und sie sind findig, um Ansteckungsrisiken weiter zu minimieren, lassen den Cup als Puttziel aus dem Loch herausstehen, damit niemand einen möglicherweise kontaminierten Flaggenstock anfassen muss:


Oder lassen den Pin gleich ganz weg, vermitteln zudem klare Verhaltensmaßregeln für die Runde:


In Großbritannien kursiert zudem eine Petition des Golfverbands mit der Bitte an die Regierung, wenigstens die Plätze selbst offen zu lassen. „30 Prozent der Kurse könnten pleite gehen, was mittel- und unmittelbar hunderttausende Arbeitsplätze gefährdet“, heißt es darin unter anderem.

Gewiss, dieser Blick über die Grenzen tut weh, wenn man selbst zur golferischen Untätigkeit verdammt ist. Allerdings geht man in Trump- und Johnson-Land bekanntermaßen generell deutlich laxer mit dem Corona-Virus um: Möge ihnen die Welle erspart bleiben, die Epidemiologen und Virologen unausweichlich kommen sehen.

Sondergenehmigung für Leistungssportler?

Hierzulande haben übrigens der Hamburger und der Golfverband Schleswig Holstein gleichsam einen Antrag auf Ausnahmeregelung zur Ausübung des Golfsports gestellt. Es handele sich immerhin um einen Individualsport an der frischen Luft wie das ebenfalls nicht verbotene Joggen im Park. Mag sein, jedoch: siehe oben.

Ausgangspunkt der Initiative war, dass Kaderspieler und -spielerinnen wie Esther Henseleit derzeit nicht trainieren, sich nicht spielbereit halten können. Für Leistungssportler mag eine Sondergenehmigung vertretbar sein, keine Frage. Wir Hobbygolfer indes bleiben brav zu Hause, üben daheim, was sich üben lässt, und sitzen ansonsten das verfluchte Virus solidarisch aus.


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