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European Tour erklärt: Profit als Profi – so viel muss man verdienen

11. Nov. 2021 von Benjamin Reeve in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Florian Fritsch erklärt, wie ein durchschnittlicher Profi auf der European Tour finanziell aufgestellt ist. (Foto: Getty)

Florian Fritsch erklärt, wie ein durchschnittlicher Profi auf der European Tour finanziell aufgestellt ist. (Foto: Getty)

In unserer Serie "Die European Tour mit Florian Fritsch" stellen wir mit Hilfe des ehemaligen Challenge- und European-Tour-Profis Florian Fritsch die Funktions- und Arbeitsweisen der European Tour dar. Das Gespräch mit dem Insider offenbart spannende Details und interessante Anekdoten.

Wie viel muss man auf der European Tour verdienen, um Plus zu machen?

Wenn man in den Medien über die Einkünfte von Spielern der European Tour informiert wird, handelt es sich meist um die Top-50 der Moneylist – Lee Westwood, Henrik Stenson, Tommy Fleetwood oder Jon Rahm. Die Tour führt aber ungefähr 400 Spieler, die bei weitem nicht alle so viel Geld verdienen wie die Herren im Rampenlicht.

Auch ist es gar nicht so einfach die Einkommen der Profis zu bestimmen, denn nur ein Teil wird direkt durch den sportlichen Erfolg erwirtschaftet. Die Listen der Preisgelder sind öffentlich einsehbar und dadurch transparent. „Dabei ist wichtig, dass das Preisgeldsystem der European Tour linear absteigt", erklärt Florian Fritsch. "Das Geld konzentriert sich an der Spitze. Während also der Preisgeldunterschied zwischen drittem und zehntem Platz extrem groß ist, macht es weiter hinten kaum einen Unterschied, ob man 50. oder 53. wird. Das System bevorzugt also Spieler, die bereit sind, Risiken einzugehen“, so Fritsch weiter, der in seiner aktiven Zeit rund 980.000 Euro gewinnen konnte.

Gutes Geld gewann Justin Rose, hier 2018 bei den Turkish Airlines Open. (Foto: Getty))

Gutes Geld gewann Justin Rose, hier 2018 bei den Turkish Airlines Open. (Foto: Getty)

Jedoch kommen weitere Einnahmen durch Sponsorenverträge zusammen. Die Höhe dieser Gelder hängt weniger am sportlichen Erfolg als an der Vermarktung der eigenen Person und Marke.

Einnahmen durch Preisgeld und durch Sponsoren

„Verallgemeinernde Zahlen kann man schlecht nennen, da die Summen von vielen Faktoren abhängen“, bestätigt Florian Fritsch. „Das hat zwar auch mit dem sportlichen Standing des Spielers zu tun, aber auch viel mit dem Image, das der Athlet hat. Wie sein Auftreten und seine Reichweite in den Medien und sozialen Medien sind, oder letztlich welche Wirtschaftskraft der Golfmarkt seines Heimatlandes hat“, so Fritsch weiter.

Ein Britischer Golfer ist somit bei Werbeverträgen im Vorteil, weil sein Heimatmarkt für die großen Sponsoren interessanter ist. Finanziell spielen die Profis der PGA Tour in einer anderen Liga, aber die Systematik der Zusammensetzung des Sponsorings ist dieselbe.

„Ein erster Anhaltspunkt für die Höhe der Sponsoreneinnahmen ist die Vertragslaufzeit, der nächste, ob der Spieler nur einen Sponsor hat also ein „Clean Athlete“ ist“, erklärt Fritsch. „Ansonsten sieht man häufig, dass sich die Label der Corporate Partner auf Brust, Ärmel oder Kappe unterscheiden.“ Diese einzelnen Deals sind zumeist nicht so hoch dotiert. Besser stehe man finanziell mit einem exklusiven Sponsor da.

Cap-Deal bring bis zu 50.000 Euro

Über das Marketing der Kleidung kann ein durchschnittlicher Spieler auf der European Tour zwischen 60.000 und 100.000 Euro einnehmen. Die Kappe bringt zwischen 30.000 und 50.000 Euro, das Brust- und Ärmel-Logo jeweils zwischen 10.000 und 15.000 Euro. Ein Kleidungsdeal kann von 10.000 bis 20.000 Euro einbringen.

Hinzu kommen Verträge mit Ausrüstern. Ein Werbedeal für das Bag kann zwischen 30.000 und 50.000 Euro einbringen und ein Schlägerdeal von 20.000 bis 40.000 Euro.

„Es werden aber üblicherweise noch erfolgsabhängige Boni vereinbart“, so Fritsch. Für Top-3 Platzierungen würden diese zwischen 5.000 und 10.000 Euro wert sein. Zudem sind Auftritte für den Sponsor (Corporate Days), die rund 5.000 Euro einbringen, Attachments, die zwischen 5.000 und 10.000 Euro bringen und Barter-Deals zu berücksichtigen.

Zusammengenommen kann ein durchschnittlicher Spieler auf der European Tour zwischen 150.000 und 300.000 Euro im Jahr an Werbe- und Sponsoringeinnahmen verbuchen.

„Demgegenüber stehen beachtliche Ausgaben, die berücksichtigt werden müssen“, so Fritsch. „Von Caddie bis Versicherungen muss man erstmal in Vorkasse gehen. Und man weiß erst am Ende, ob es sich rechnet.“

Fixkosten von rund 218.000 Euro

Der Spieler sollte mit durchschnittlichen beruflichen und privaten Ausgaben in Höhe von rund 218.000 Euro rechnen.

Bei einer Saison mit 25 Turnieren teilen sich die Kosten wie folgt auf: Am meisten kostet die Begleitung des eigenen Caddies auf der European Tour. Rund 2.500 Euro pro Turnier ergeben inklusive Boni ca. 62.500 Euro in der Saison. Die Unterbringung und Verpflegung während des Turniers schlägt mit rund 1.000 Euro pro Turnier, d.h. 25.000 Euro in der Saison, zu Buche. Hinzu kommen pro Turnier Kosten für die Logistik und sonstige Ausgaben in Höhe von rund 1.000 Euro (25.000 Euro im Jahr).

Soll und Haben in der Übersicht zeigt, viel Spielraum hat der Durchschnittsprofi nicht. (Grafik: Golf Post)

Einnahmen und berufliche Ausgaben in der Übersicht. Hinzu kommen private Ausgaben wie Urlaub und Miete. (Grafik: Golf Post)

Aber auch unabhängig von den Turnieren selbst müssen über das Jahr Versicherungen (10.000 Euro), Mitgliedschaften (1.000 Euro), Trainer (10.000-20.000 Euro), Steuerberater und Buchhalter (10.000 Euro) das Management (20.000 Euro) und letztlich Material (u.a. Trackman 15.000 Euro) bezahlt werden.

„Bereits in meinem ersten Jahr auf der Tour habe ich miterlebt wie zwei Spieler mitten in der Saison aufhören mussten“, berichtet Fritsch. Nach mittelmäßigen Leistungen eines südafrikanischen Spielers sei dessen einziger Sponsor von ihm abgerückt. Ohne konnte der Spieler keine Turniere bestreiten und blieb in Südafrika. „So etwas ist brutal. Man hat die Tour-Karte und kann auf einmal nicht mehr spielen“, ergänzt Fritsch. Bei einem schwedischen Kollegen sei es ähnlich gewesen. „Er hatte, aus welchen Gründen auch immer, kaum Sponsoren und spielte die meisten Turniere mit einem deutlich günstigeren Local Caddie. Außerdem reiste er meist später an als die anderen Spieler, um Geld zu sparen", erklärt Fritsch. Es sei für kaum einen Kollegen verwunderlich gewesen, dass der Schwede mit diesen Einschränkungen nicht positiv wirtschaften konnte. „Nach der Hälfte der Saison musste er die Segel streichen, weil er nicht genügend Geld verdient hatte.“

Private Ausgaben wie Miete, Versicherungen, Logistik usw. sind sehr unterschiedlich zu bewerten. Mindestens sollte aber ein durchschnittlicher Singlehaushalt in die Rechnung einfließen, der in Deutschland mit rund 30.000 Euro im Jahr zu Buche schlägt.

Den Sponsoreneinnahmen von 150.000 bis 300.000 Euro stehen konservativ gerechnete Fixkosten von 218.000 Euro gegenüber. Falls ein Spieler kein hochdotierter Werbeträger ist, sich aber dennoch eine Familie und eine schöne Wohnung für diese "leisten möchte", sollte er das ein oder andere Turnier auf einem Platz beenden, der genug Preisgeld verspricht. „That’s the game“, resümiert Fritsch.

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