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DP World Tour 2023: Ein Flug mit Höhen und Tiefen unter dem Radar – und Rom!

29. Dez. 2023 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Keith Pelley, CEO der PGA European Tour. (Foto: Getty)

Keith Pelley, CEO der PGA European Tour. (Foto: Getty)

Ist Ihnen was aufgefallen? In all dem Ballyhoo um den geplanten Deal zwischen PGA Tour und saudi-arabischer Staatsschatulle PIF ist die DP World Tour kaum vorgekommen. Der europäische Circuit wurde in offiziellen Schreibweisen zwar als Partner im Rahmenabkommen stets brav angeführt – aber das war's auch schon. Keine Erwähnung von einer Teilnahme des CEO Keith Pelley an irgendwelchen Verhandlungen, keine Informationen über einen eventuellen Sitz im Vorstand der geplanten PGA Tour Enterprises. Virginia Water musste sich nicht mal vor irgendeinem politischen Gremium verantworten – im Gegensatz zur PGA Tour, die vom Untersuchungsausschuss des US-Senats einbestellt wurde, um zu erklären, wie „ein brutales, repressives Regime Einfluss auf eine geschätzte amerikanische Institution kaufen kann“.

Erfahrung mit saudischem Einfluss

Das ist vielleicht der Vorteil, wenn man im globalen Golfgeschiebe allenfalls der Juniorpartner oder höchstens ein Appendix ist. Andererseits haben die Engländer bereits Erfahrung mit saudischem Einfluss im Sport, siehe Newcastle United. Und Pelley hatte Riad und sein Saudi International ja bereits mit offenen Armen und drei Mal im Jahreskalender der Tour aufgenommen, bis „Big Brother“ angesichts der heraufziehenden LIV Golf League seine Spieler abzog und selbiges von der damaligen European Tour erwartete.

Der Makler des Machbaren

Wir haben Keith Pelley bei seiner Amtsübernahme mal als Makler des Machbaren apostrophiert. Diesem Titel ist der Kanadier heuer einmal mehr gerecht geworden, nachdem er seinen Circuit in den vergangenen Jahren vom englischen Patienten zu einer in jedem Winkel der Welt agierenden Tour gemacht hat, die 2024 mit der neuen Swing-Struktur ihres Spielplans und einem Rekord-Preisgeldaufkommen reüssiert. Im Spannungsfeld mit der PGA Tour, ihrer wirtschaftlichen Macht und dem Lockruf des dort verteilten Gelds steht Pelley ebenso auf verlorenem Posten wie sein US-Pendant Jay Monahan beim finanziellen Armdrücken mit dem PIF. Die Verunglimpfung als „Feeder Tour“, als Zubringerbetrieb für die PGA Tour verbrämt lediglich die Macht des Markts. Und das historische Zitat „Wenn du sie nicht besiegen kannst, verbünde dich mit ihnen“ gilt für beide.

Cleverer als US-Pendant Monahan

Nur: Die European Tour Group laviert in diesem Mahlstrom deutlich cleverer als Monahan, der den Friedensschluss und das Rahmenabkommen vom 6. Juni schon viel früher hätte haben können – nämlich, als Pelley im Zuge des ominösen Malta-Meetings ein Treffen mit PIF-Boss Yasir Al-Rumayyan vermitteln wollte.

Damals schlug Monahan die Hand aus, die ihm gereicht wurde. Anschließend verzockte er beinahe Haus und Hof, als ihm gegen den Wind aus der Wüste nichts anderes einfiel, als mit immer mehr Dollarbündeln die Risse in der Bastion des Establishments zu stopfen, die nicht zuletzt durch jahrelanges Feudalherrschertum über die Köpfe der Untertanen, sprich der Mitglieder, hinweg entstandenen waren. Um dann am Ende doch seine Parlamentäre Jimmy Dunne und Ed Herlihy mit der weißen Fahne der Kapitulation bei Al-Rumayyan anklopfen zu lassen und tun zu müssen, was er den Spielern unter Androhung ewiger Verdammnis verboten hatte – um die Penunzen des PIF zu buhlen.

Gestärkte Allianz, verlorene Spieler

Pelley agierte deutlich smarter. Man darf attestieren, dass er in seinen ureigenen Bemühungen um eine schiedlich-friedliche Koexistenz mit den Saudis vermutlich ebenfalls zurückgepfiffen wurde. Also blieb ihm nur die intensivierte Strategische Allianz mit der PGA Tour, die ihm co-sanktionierte Turniere und Sponsorengelder aus den Einflussbereich der PGA Tour eingebracht hat. Das wiederum hatte natürlich seinen Preis: Beispielsweise die Tickets für Top-Leute wie Adrian Meronk, Victor Perez, Ryan Fox oder Bob MacIntyre, die sich fürs Erste auf der PGA Tour versuchen dürfen. Jede Medaille hat halt zwei Seiten. Man kann es freilich auch als Kanalisierung des ohnehin unausweichlichen Exodus ansehen.

Bußgeld-Einnahmen statt Sperren auf Lebenszeit

Überdies behandelte er seine LIV-Überläufer deutlich diplomatischer als Monahan, der „seine“ Abtrünnigen mit markigen Worten auf Lebenszeit in Acht und Bann geschlagen hatte – um demnächst wohl kleinlaut Rückkehrregeln verhandeln zu müssen. Die DP World Tour sprach allenfalls Sperren aus und verhängte Bußgelder, was im April vom Sportsgerichtshof in London legitimiert wurde.

Während die PGA Tour „dank“ ihrer rigiden Haltung bloß Adressat von Kartellrechtsklagen wurde, Millionen Dollar für juristische Gegenmaßnahmen verplemperte und zudem ins Visier der US-Justiz- und Finanzbehörden rückte, spülte Pelleys Politik Virginia Water ein paar Millionen Pfund an Strafzahlungen in die Kasse und bescherte der DP World Tour zum Auftakt der neuen Saison bei den Gastspielen in Südafrika mit Dean Burmester und Louis Oosthuizen Gewinner, die zwar von der LIV-Liga kommen, indes als Lokalmatadoren durchaus willkommen waren.

Jede Menge sportlicher Spaß

Das bisschen damit verbunden Häme kann Pelley getrost wegstecken, die Europäer hatten 2023 jede Menge sportlichen Spaß. Erst rang Rory McIlroy in Dubai den LIV’ler Patrick Reed nieder, dann gewann der inzwischen abhanden gekommene Jon Rahm mit dem Masters als einziger Europäer ein Major, schließlich holte sich Viktor Hovland im East Lake Golf Club den randvollen Golftopf der Tour Championship. Dazu der kometenhafte Aufstieg des Ludvig Åberg, von dem wir hoffen, dass sein Versprechen „Ich werde niemals dem Geld nachjagen“ eine größere Halbwertzeit hat als Rahms Worthülsen.

Überstrahlt wurde das alles natürlich vom triumphalen Rennen um den Ryder Cup in Rom und vom Genius des Glücksgriffs Luke Donald, der die rostigen Amerikaner mit dem grandiosen Schachzug der vorgezogenen Vierer kalt erwischte, sodass seinem Dutzend ein 6:6 in den Einzeln reichte, um den Vorsprung über die Ziellinie zu retten. Eine Genugtuung, die der für 2025 erneut auf den Schild gehobene Donald nicht müde wird, den Amerikanern unter die Nase zu reiben:

Summa summarum ist festzuhalten: DP World Tour und European Tour Group haben sich 2023 im Schatten des Ringens um die Deutungshoheit im globalen Golfsport beachtlich arrangiert. Und wenn sich die Golflandschaft so verändert wie allenthalben erwartet wird, wenn PIF, PGA Tour und Strategic Sports Group demnächst in den PGA Tour Enterprises gemeinsame Sache machen und irgendwann tatsächlich eine World Tour kommt, dann gibt es eine neue Beletage – und die etatmäßige PGA Tour wird selbst zu einer Art Feeder Tour. Brave new Golf world.

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