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Der PIF-Pakt: Zwei Schuljungen vor’m Tribunal und Al-Rumayyans Anmaßung

13. Jul. 2023 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

(Fotos: Getty)

Ich bin der König der (Golf-)Welt: PIF-Chef Yasir Al-Rumayyan, hier per Fotomontage im offenbar heiß begehrten Green Jacket des Augusta-National-Mitglieds, verfolgt mit LIV Golf wohl auch sehr eigennützige Ziele.(Fotos: Getty)

Danke, „Golf Channel“, für diesen unterhaltsamen Dreistünder samt Nachbearbeitung. Man verfolgt nicht allzu oft eine Anhörung beim US-Senat: Ein asketisch-streng, geradezu adleräugig agierender Vorsitzender; ein zauseliger demokratischer Parteifreund, der mehr über Golfgemeinsamkeiten schwadronierte als Fragen zu stellen; joviale republikanische Senatoren, die demonstrierten, wie nahe sich die Grand Old Party und der Golfsport in den USA stehen – und zwei geradezu devote Delinquenten, die im Angesicht des Polittribunals wirkten wie beim Streiche-Aushecken erwischte Schuljungen. „Ja, Senator“, „Danke für die Frage, Senator“, „Danke, dass wir Gelegenheit bekommen, das erklären zu dürfen, Senator“.

„Einfluss auf eine geschätzte amerikanische Institution“

Die PGA Tour war vorgeladen worden, um Auskunft über den angestrebten Pakt mit dem saudi-arabischen Staatsfonds PIF zu erteilen. Oder in der Lesart des Ausschussvorsitzenden Richard Blumenthal: Um zu erklären, „wie ein brutales, repressives Regime Einfluss auf eine geschätzte amerikanische Institution kaufen, sie sogar übernehmen kann, nur um sein öffentliches Image zu säubern.“ Überdies, so fügte der Demokrat aus Connecticut an: „Ein Regime, das Journalisten ermordet, Dissidenten inhaftiert und gefoltert, den Krieg im Jemen gefördert und andere terroristische Aktivitäten, einschließlich 9/11, unterstützt hat. Das nennt man Sportswashing.“ Er hätte dazu gleichermaßen gern PIF-Chef Yasir Al-Rumayyan und LIV-Golf-Impresario Greg Norman einvernommen. Indes, der mit „Eure Exzellenz“ anzusprechende Saudi und „The Great White Shark“ aus Australien mussten die Einladung aus Termingründen ausschlagen. Na sowas …

Ein Eindruck vom Hearing

Ron Price, der im Tour-Hauptquartier in Ponte Vedra Beach das operative Geschäft managt und den noch krankgeschriebenen Commissioner Jay Monahan vertreten musste, fühlte sich in seiner Rolle als „Strohmann“ sichtlich unwohl. Er wäre vermutlich souveräner und weniger schuldbewusst rübergekommen, wenn er nicht ständig die Hände unterm Tisch versteckt hätte und mit eingefallenen Schultern dagesessen wäre. Jimmy „Dealmaker“ Dunne, der Strippenzieher des Arrangements mit PIF-Chef Yasir Al-Rumayyan wiederum vermochte sich mit einiger Grandezza aus der Affäre zu ziehen, kumpelte zwischendrin ein bisschen mit den Senatoren herum und dufte mit seinem emotionalen Erleben der Terroranschläge vom 11. September 2001 sogar ein paar Sympathiepunkte sammeln. Soweit der Eindruck vom Hearing.

Kaum neue Informationen

Was die beiden – ab und an etwas haspelnd – dann den Senatoren zu sagen hatten, war keineswegs neu. Allein dafür hätten Price und Dunne nicht auf dem Capitol Hill in Washington antreten müssen: dass es bislang bloß eine Vereinbarung gebe, ein Miteinander in Form einer neuen Unternehmung mit dem Arbeitstitel „NewCo“ zu finden. Dass der PIF und mithin das Regime in Riad darin lediglich Minderheitspartner sein und die PGA Tour absolute Kontrolle über alles haben werde. Dass die Finanzen der Tour aufs Äußerste strapaziert seien und das Tauziehen mit der LIV Golf League um Top-Stars und sportliche Deutungshoheit nicht mehr lange durchzuhalten gewesen wäre. Dass es folglich keine andere Wahl gegeben habe als sich mit dem Rivalen zu verbünden. Dass eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit die Integrität und das Wertesystem der Tour nicht beeinträchtigt werde.

Entschuldigung für Geheimnistuerei

Kennt man längst. Diesbezüglich hat die PGA Tour im Vorfeld ordentlich Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Es gab sogar noch einen Tag vor dem Senatsauftritt einen offenen Brief von Ron Price in „The Athletic“, neuerdings der Sportableger der „New York Times“, in dem der Chief Operating Officer noch mal alle Aspekte des „Framework Agreement“ darlegte und sich für die anfängliche Geheimnistuerei sowie das überraschende Outing am 6. Juni entschuldigte: „Das haben wir nicht besonders gut gemanagt.“

Eine, zwei oder drei Milliarden Einstandskapital?

Selbst Prices Offenbarung riss niemanden wirklich vom Sessel, dass die Saudis der gemeinsamen Unternehmung „NewCo“ offenbar eine Milliarde Dollar als Startkapital mitgeben wollen. An anderer Stelle war bereits von zwei oder gar drei Milliarden die Rede. Egal, damit war jedenfalls die Argumentation von „Ober-Inquisitor“ Blumenthal ausgehebelt, die PGA Tour habe sehr wohl eine Wahl gehabt und hätte sich vor der Ultima Ratio Saudi-Arabien erstmal um andere Kapitalgeber bemühen müssen. Warum denn mühselig um ein paar Hundert Millionen feilschen, wenn man für Milliarden bloß ein bisschen das Gewissen verbiegen und die vormals so eherne moralische Haltung korrigieren muss.

Der Senator verzichtete folglich darauf, Price und Dunne deswegen in die Zange zu nehmen: „Ich akzeptiere, dass ihr von der Vereinbarung nicht mehr zurücktreten könnt und hoffe, dass ihr wenigstens richtig hart verhandelt.“ Auch ein klares Plazet gegen den im Rahmenvertrag angesprochenen Maulkorb-Erlass für Spieler in Sachen Kritik an Saudi-Arabien bekam Blumenthal nicht. Price und Dunne eierten herum und verschanzten sich hinter schwammigen Aussagen, sie würden solch eine „non-disparagement clause“ (Nichtverunglimpfungsklausel) natürlich nicht empfehlen. Und die Gremien der PGA Tour würden derlei ohnehin nicht akzeptieren.

Keine Unterstützung von den Republikanern

Sowieso: Die republikanischen Ausschussmitglieder ließen ihren demokratischen Vorsitzenden gehörig im Regen stehen, als sie mehr oder weniger deutlich durchblicken ließen, dass der Staat sich eigentlich nicht in Businessbelange einzumischen habe und nicht mal ein Untersuchungsausschuss anberaumt worden sei, als die US-Regierung den Saudis Waffenlieferungen zugesagt oder der PIF sich bei Uber und Disney eingekauft habe.

Rand on LIV- why is government involved?
by u/KaraAnneBlack in golf

„Kein Wunder, dass die Leute über LIV lachen“

Die Aktenlage ist dafür wesentlich unterhaltsamer. Dem Senatsausschuss liegen nämlich Dokumente über eine Präsentation der Private-Equity-Firma und LIV-Berater PCP Capital Partners vor, die den PGA-Tour-Verhandlungsführern Jimmy Dunne und Ed Herlihy eine Präsentation mit dem Titel „Das Beste beider Welten“ vorgelegt hat. Demzufolge sollen beispielsweise Tiger Woods und Rory McIlroy Besitzer von LIV-Teams werden und an mindestens zehn Events der Liga teilnehmen. Ausgerechnet die beiden Wortführer des Widerstands gegen den Konkurrenz-Circuit, die nie ein Hehl aus ihrer Antipathie gegen die Saudis und ihr Konkurrenz-Konstrukt gemacht haben? Ausgerechnet McIlroy, der kein Hehl aus seinem Hass gegen LIV macht? Ausgerechnet Woods, der aktuell nicht mal alle Majors bestreiten kann und längst einen sehr reduzierten Spielplan angekündigt hat? „Kein Wunder, dass die Leute über LIV lachen“, hat „Golfweek“-Edelfeder Eamon Lynch während der „Golf Channel“-Übertragung zu dieser Utopie gesagt. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Al-Rumayyan als Mitglied von Augusta und Royal and Ancient

Aber es kommt noch besser. PIF-Direktor Yasir Al-Rumayyan soll für „Das Beste beider Welten“ nicht nur Vorsitzender des Golfweltverbands IGF werden und damit Annika Sörenstam ablösen, sonder vor allem Mitglied im Augusta National Golf Club und im Royal and Ancient Golf Club of St. Andrews. Echt jetzt? Mensch, PCP Capital Partners, was habt ihr beim Verfassen Eurer Präsentation bloß geraucht? Wenn die PGA Tour derart großen Einfluss auf die beiden Ikonen hätte, wären die LIV-Überläufer bis in alle Ewigkeit vom Masters und von der vom R&A veranstalteten Open Championship ausgeschlossen worden und das Golf-Establishment würde immer noch über das Druckmittel der Major-Meriten verfügen, um seine Stars bei der Stange zu halten.

Rausschmiss von Norman ist Teil des Deals

Die Schnapsidee der Londoner Finanzmenschen ist allerdings Wasser auf die Mühlen all derer, die glauben, dass der golfverrückte Al-Rumayyan das ganze LIV-Theater vor allem inszeniert habe, um sich zum König des Spiels zu krönen. Mit den 700 Milliarden Dollar des PIF im Rücken kann man sich halt eine Menge Anmaßung leisten und finanzieren.

Übrigens, aus den Dokumenten, die dem Senat vorliegen, geht ebenfalls hervor, dass die PGA Tour ihrerseits auf einen Rausschmiss von Greg Norman als CEO von LIV Golf und Commissioner der Liga sowie der in alle LIV-Aktivitäten involvierte PR- und Marketing-Agentur Performance54 drängt. Spätestens, wenn die Liga unter der Aufsicht von „NewCo“ und womöglich unter der direkten Regie von Jimmy Dunne und Ed Herlihy läuft, die sich den Job schon zuzuschanzen versuchen, sollen der von Revanchismus getriebene Unruhestifter und seine Erfüllungsgehilfen verschwinden. Aber das wurde an dieser Stelle ohnehin bereits prognostiziert.

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