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Das undurchsichtige Gebaren der PGA Tour: Lieber Saudi-Zaster als US-Partner?

03. Nov. 2023 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

(Fotos: Getty)

Poker um die Zukunft der PGA Tour (v. l.): PIF-Boss Yasir Al-Rumayyan, KKR-Frontmann Henry R. Kravis, Endeavor-Chef Ari Emanuel, Fenway-Inhaber John W. Henry und "Commish" Jay Monahan. (Fotos: Getty)

Das ist happig: 900 Dollar ruft die PGA Tour neuerdings für eine Runde über den TPC Sawgrass auf. Die haben’s offenbar bitter nötig, werden einige sagen. Andere sprechen vielleicht von Monopol, Marktausschöpfung und der Melange aus dem Maßstab als Players-Kurs, der Meisterhaftigkeit des Architekten-Ehepaars Alice und Pete Dye sowie dem Mythos des berühmten Lochs 17. Wahrscheinlich ist es irgendwas von allem.

Buchstäblich Haus und Hof verpfändet

Und ja, in Ponte Vedra Beach kommt es gerade auf jeden Dollar an. Die Tour hat sich beim finanziellen Armdrücken mit dem saudi-arabischen Staatsfonds PIF um die Deutungs- und Gestaltungshoheit im Profigolf der Herren ziemlich verausgabt und pfeift sozusagen auf dem letzten Cent. Commissioner Jay Monahan hat buchstäblich Haus und Hof verpfändet und einen Kredit auf die wirtschaftliche Zukunft gezogen, um die Bastion gegen die Usurpatoren aus der Wüste mit immer mehr Millionen in Form von Preisgeldern, Prämien und Boni zu verstärken. Ein desaströses, selbstmörderisches Treiben, das der „Commish“ eigentlich ausgeschlossen hatte, als er ganz zu Beginn des Wettrüstens eingeräumt hatte, dass der Krieg gegen die Saudis nicht zu gewinnen sei, wenn er nur mit Geld als Waffe geführt werde.

Rahmenabkommen war eine Kapitulation

Aber was man alles so sagt. Beispielsweise über die Integrität der PGA Tour in Sachen Sportswashing und klarer Haltung angesichts der nachgewiesenen Beteiligung des Regimes in Riad an den Terroranschlägen vom 11. September 2001: „Ich würde jeden Spieler, der die PGA Tour verlassen hat, oder jeden Spieler, der dies in Erwägung zieht, fragen: Mussten Sie sich jemals dafür entschuldigen, Mitglied der PGA Tour zu sein?“ Es war ein Lippenbekenntnis.

Am Ende siegte der Mammon über die Moral. Wie so oft. Die Verkündung des Rahmenabkommens mit dem PIF und seinem Chef Yasir Al-Rumayyan am 6. Juni kam einer Kapitulation gleich: Wenn du sie nicht besiegen kannst, verbünde dich mit ihnen. Damit öffnet Monahan das absolutistische System für Partner von außerhalb des viel zitierten „Ökosystems im Weltgolf“, lässt externen Einfluss zu und „Fremde“ an der Macht und am merkantilen Monopol teilhaben – ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Tour.

Kurzer Flirt für den „Freier“ Endeavor

So was führt naturgemäß auch anderswo zu Begehrlichkeiten und lockt Investmentinteressenten an wie Fallobst die Fruchtfliegen. Vor wenigen Wochen informierte Executive Vice President Jason Gore denn auch die Spieler in einem Memo: „Diese Verhandlungen haben zu unaufgeforderten Anfragen und Vorschlägen von einer Reihe anderer Interessenten geführt.“ Einer der drei namentlich genannten Freier ist freilich schon wieder raus, es war ein kurzer Flirt. Nachdem Ari Emanuel, der Chef des Management- und Entertainmentriesen Endeavor am 11. Oktober im Wirtschaftskanal Bloomberg ein Angebot an die Tour bestätigt hatte, teilte sein COO Mark Shapiro jetzt mit: „Sie haben es offiziell abgelehnt. Wir sind große Fans des Golfsports und werden die PGA Tour weiterhin [im Bereich Rechtverkauf, Turnierverwaltung und Spielermanagement] unterstützen, aber wir werden kein wie immer gearteter Investor sein.“ Von Tourseite wurde das bestätigt.

Zehn Prozent an PGA Tour Enterprises

Nach Informationen des Sportbusinessportals „Sportico“ wollte Endeavor eine Investorengruppe für zehn Prozent des neu zu gründenden profitorientierten Konstrukt PGA Tour Enterprises (vormals NewCo) bringen, in das die Tour ihr kapitalisierbares Tafelsilber wie Medien- und Lizenzrechte etc. auslagern will – auch, um einer Abererkennung der Gemeinnützigkeit und dem darauf zwingend folgenden Zugriff der US-Finanzbehörden zu entgehen. Für die Vermittlung und Steuerung der Investorengruppe soll Endeavor ein jährliches Salär von 25 Millionen Dollar verlangt haben. Gegen die PIF-Perspektive hatten sie damit offenkundig keine Chance. Al-Rumayyan will als alleiniger Partner einsteigen und zwei bis drei Milliarden Dollar als Morgengabe mitbringen, allerdings als Aufsichtsratsvorsitzender letztlich auch das Sagen haben.

Es bleiben vor allem Fenway und KKR

Bleiben die Fenway Sports Group von John W. Henry, der sich als Kapitalgeber und Teameigner auch bei Tiger Woods’ und Rory McIlroys Unternehmung TMRW Sports sowie beim Stadionspektakel TGL engagiert und McIlroy gerade in seine Unit Boston Common Golf geholt hat. Ostküsten-Lokalmatador Keegan Bradley, Wutnickel Tyrrell Hatton und der Australier Adam Scott vervollständigen das BCG-Quartett, das damit als erstes TGL-Team komplett ist. Zuvor hatten sich bereits Justin Thomas dem Atlanta Drive GC und Collin Morikawa dem Los Angeles GC angeschlossen.


TGL: Rahm ist raus

Im Zusammenhang mit der Entwicklung der TGL-Teams gibt es eine interessante Personalie: Jon Rahm hat seine Teilnahme an der ersten Spielzeit des Stadionspektakels aufgekündigt. Via „X“ erklärt der Spanier, die TGL-Turniere in Palm Beach Gardens seien mit seinen sonstigen Verpflichtungen schwierig vereinbar. Das liegt nahe, da Rahm nicht in Florida lebt, sondern jedes Mal aus Arizona anreisen müsste und womöglich auf den Trips zu Tour-Events einen Umweg in Kauf nehmen müsste, während die meisten anderen TGL-Teilnehmer sozusagen in der Nachbarschaft des SoFi Center auf dem Campus des Palm Beach State College leben und montags schnell rüberspringen können, bevor sie dann am Dienstag Richtung Tour reisen.

Eine pikante Note bekommt Rahms Entscheidung allerdings dadurch, dass gerade die Offerte von LIV Golf an ihn und seine Gegenforderung bekannt geworden sind. Von 300 gegenüber. 500 Millionen Dollar war die Rede. Nicht, dass da doch was dran ist und Rahm deswegen von den tourtreuen Woods und McIlroy zur Persona non grata erklärt worden ist.


Dritter im Bunde der namentlich bekannten Tour-Anteilsaspiranten ist die New Yorker Beteiligungsgesellschaft KKR & Co (Kohlberg Kravis Roberts & Co.) – nomen es omen – mit ihrem Frontmann Henry R. Kravis. KKR gilt nach Blackstone als zweitgrößte private Beteiligungsgesellschaft der Welt. Details über Größenordnung oder Konditionen der Bewerbungen sind weder von Fenway noch von KKR bekannt.

Peanuts für den PIF

Freilich, mit der Money Machine PIF, einer Schotter-Schatulle vom Ausmaß des legendären Dagobert Duck’schen Geldspeichers, kann keiner der beiden mit- und die in Aussicht gestellten zwei bis drei Milliarden als Morgengabe für die PGA Tour Enterprises gegenhalten. Vermutlich nicht mal in Summe. Für Al-Rumayyan wiederum sind das ebenso Peanuts wie die zwei Milliarden Anschubhilfe, die er in die LIV Golf League gesteckt hat. Zur Einordnung: Allein in den vergangenen Monaten hat er mit dem 700-Milliarden-Dollar-Krösus PIF für 3,6 Milliarden das Flugzeugleasing von Standard Chartered übernommen, einen zehnprozentigen Anteil an der spanischen Telefongesellschaft Telefonica gekauft und ganz nebenbei mit 300 Millionen Euro um die Dienste des französischen Fußballsuperstars Kylian Mbappé gebuhlt.

„So schnell wird nichts passieren“

Was wunder, dass die Tour in all ihrem weiterhin undurchsichtigen Gebaren nach wie vor auf den Pakt mit dem PIF fixiert ist. Wenngleich dessen Ausgestaltung sich offenbar aufgrund der Forderungen von Al-Rumayyan als sperrig erweist. Wie schrieb Jason Gore in seinem Memo: „Wir konzentrieren uns weiterhin darauf, eine endgültige Vereinbarung mit dem PIF und der DP World Tour zu erreichen.“ Nicht nur Davis Love III geht indes davon aus, dass der Deal kaum vor dem Ablauf des vereinbarten (Waffenstillstands-)Frist am 31. Dezember zustande kommen wird. „Das Einzige, was ich weiß, ist, dass nichts so schnell passieren wird“, bestätigte der zweifache Ryder-Cup-Teamchef dieser Tage das schlechtest gehütete Geheimnis im Golf. Allerdings ließe sich die Deadline in gegenseitigem Einvernehmen verlängern.

Zwei Fliegen mit einer Klappe? Warum eigentlich?

Andererseits könnte die PGA Tour zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, wenn es gelänge, mit Fenway, KKR und womöglich dem von Woods-Spezi Colin Neville vertretenen Investmentbanking-Unternehmen Raine Group (New York) eine Allianz gegen Al-Rumayyan zu schnüren. Vor der geballten pekuniären Power hätten wohl auch die Saudis zumindest Respekt. Zudem hätten PGA Tour und PGA Tour Enterprises dann die Politik wieder auf ihrer Seite, nachdem Richard Blumenthal, der dem Untersuchungsausschuss des US-Senats vorsitzt, bei der ersten Anhörung in Sachen PIF-Pakt bereits mit scharfen Worten getadelt hatte, dass sich die PGA Tour bei der Suche nach Geldgebern nicht zuerst in den USA umgeschaut, sondern direkt mit den Saudis angebandelt habe.

Bald haben wieder Saudi-Sympathisanten das Sagen

Aber braucht es das Wohlwollen des derzeit ganz knapp von Blumenthals Demokraten dominierten US-Senats (51:49 Sitze) überhaupt? Angesichts der des politischen Pallawatsch in den USA ist es nur eine Frage der Zeit, bis auf dem Kapitol in Washington wieder Saudi-Sympathisanten das Sagen haben. Bei der ersten Anhörung haben die republikanischen Ausschussmitglieder allenfalls windelweiche Proforma-Kritik an den Machenschaften mit der Monarchie geübt – wenn überhaupt. Also muss es die PGA Tour bloß noch ein bisschen hinauszögern: Am 24. November 2024 sind Wahlen. Und Donald Trump – wer soll ihn schlagen? – hat bereits während seiner ersten Amtszeit nach der Pfeife der Saudis getanzt.

 

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Cui bono: Wem nutzt das alles?

Zum Schluss bleibt noch die universelle, zu allen Zeiten gültige Frage, die der römische Redner Marcus Tullius Cicero bereits 80 v. Chr. gestellt hat: Cui bono, wem nutzt es? Klar, der Geltungssucht des Yasir Al-Rumayyan und seines Herrn und Meisters, Saudi-Kronprinz Mohammed bin Salman. Letztlich natürlich der PGA Tour, deren Souveränität mit Geld erstickt wird. Und dann wäre da noch Ed Herlihy, der Vorsitzende des Policy Board und alles andere als uneigennützige Mit-Strippenzieher neben Jimmy „Dealmaker“ Dunne. Herlihy hat zigmillionen Beweggründe fürs Zustandekommen des Deals mit dem PIF. Davon demnächst mehr.

Konkurrenz durch Hinterbänkler der PGA Tour

Jetzt stattdessen noch ein „Apropos DP World Tour“: Wenn Jason Gore im gleichen Federstrich von „Vereinbarung mit dem PIF und der DP World Tour“ spricht, dann erscheint zumindest Letzteres wie pure Heuchelei. In Virginia Water dürfen Keith Pelley und die Seinen, aller demonstrierten Einigkeit und Freundschaft zum Trotz, abwarten, was der strategische Alliierte Big Brother jenseits des großen Teichs mit den Saudis auskungelt.

Die Europäer sitzen bei den Verhandlungen allenfalls am Katzentisch. Und kriegen jetzt die Professionals aufgedrückt, die eine uneingeschränkte Startgarantie auf der PGA Tour verpasst haben (Platz 126 bis 200 im FedEx-Cup-Ranking) und nun den DP-World-Tour-Mitgliedern die Startplätze und das ohnehin oft lausige Preisgeld streitig machen dürfen. So ist das halt, wenn man Juniorpartner ist. Wenigstens dürfen pro Turnier maximal fünf sogenannte Affiliate Members melden. Trotzdem: Es hat was von Resterampe für die Hinterbänkler der PGA Tour. Währenddessen verliert die DP World Tour durch die PGA-Tour-Karten für die zehn noch nicht qualifizierten europäischen Saisonbesten alljährlich weitere Top-Spieler an den großen Bruder. Nicht nur Eddie Pepperell nennt all das ein Desaster.

 

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