So haben sich die Gründer des Oakmont Country Club das vorgestellt: Verzweifelte Gesichter, ratloses Haareraufen, fliegende Schläger wie bei Rory McIlroy und Kontrollverluste auf den Grüns wie bei Shane Lowry. Die Mitglieder im Clubhaus werden den gestrigen zweiten Tag der 125. US Open mit Genugtuung verfolgt haben, nachdem sie sich bei früheren US Open bereits beschwert haben, der Platz sei für die Profis einfacher als im Jahresmittel für die Mitglieder.
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Gestern schafften nur sieben der 156 Spieler eine Runde in den roten Zahlen, allen voran Sam Burns. Dank einer 65 (-5) führt der 28-Jährige auch das Trio derer an, die auf dem Leaderboard unter Par liegen - da waren’s nur noch drei.
Im Gegensatz zu seinem Kumpel Scottie Scheffler nutzte Burns den Vormittags-Slot ausgiebig zum eigenen Vorteil: Bei bewölktem Himmel und mäßigem Wind glänzte der Profi aus Louisiana mit seinem Eisenspiel und schaffte das Kunststück, seine sämtlichen sechs Birdies aus einer Distanz von rund drei Metern zur Fahne zu lochen. Anschließend haderte er eher mit dem Ausgang seiner Auftaktrunde, als er auf den letzten vier Löchern fünf Schläge verlor. „Ich habe gestern wirklich gut gespielt, abgesehen vom Finish. Heute ging es nur darum, mental davon wegzukommen und eine gute Runde zu spielen“, bilanzierte Burns. „Bei der 65 war nicht alles Gold, was glänzt, aber es gab zu viel Gutes, um lange über das bisschen Schlechte nachzudenken.“
Und noch was für Statistik-Freaks, das gleichzeitig als gutes Omen für Sam Burns herhalten kann: Er ist der zweite Spieler der US-Open-Geschichte nach Curtis Strange 1989 im Oak Hill Country Club, der zur Halbzeit in Führung liegt, obwohl er nach Runde eins noch außerhalb der Top-30 lag. Sie werden es erahnt haben, Strange gewann damals. Es war sogar die Titelverteidigung seines Erfolgs vom Vorjahr im Country Club zu Brookline.
Thriston Lawrence und das anfänglich Hoch
Starker Auftakt: Nur einer war gestern besser als Sam Burns – anfänglich jedenfalls. Thriston Lawrence war der einzige Spieler, der im Lauf des zweiten Tages dieser US Open mal bei sechs unter Par lag, als der auf Bahn zehn gestartete Südafrikaner auf den ersten vier Löchern drei Birdies schoss. Doch das wollte Oakmont dann doch nicht zulassen und stoppte den Höhenflug: Im Lauf der nächsten neun Bahnen musste Lawrence sechs Bogeys und ein Doppelbogey notieren, da war auch der zwischenzeitliche Schlaggewinn auf der nominellen Eins nur ein schwacher Trost. Mal sehen, wie der 28-Jährige seine Runde heute zu Ende bringt.
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Scheffler: Irgendwie zufrieden, aber total frustriert
Ernüchternd: Das ist nicht die US Open, die Scottie Scheffler sich vorgestellt hat. Am ersten Tag im Oakmont Country Club musste der Weltranglistenerste sechs Bogeys notieren, der zweitschlechteste Wert seiner Karriere. Gestern lief es für Scheffler etwas besser, er spielte nur fünf Bogeys bei vier Birdies und brachte eine Eins-über-71 ins Clubhaus. „Es hätte viel schlimmer kommen können“ sagte Scheffler. „Aber mir ist es heute ganz gut gelungen, den Schaden in Grenzen zu halten.“ Der 28-Jährige wirkte tatsächlich einigermaßen zufrieden, jedenfalls öffentlich. Die Bilder eines völlig frustrierten Scottie Scheffler beim abschließenden Training auf der Range mit Coach Randy Smith sprechen freilich eine andere Sprache:
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Oakmonts spiegelglatte Grüns
Der Ball rollt und rollt und rollt …: Wenn man auf den spiegelglatten Grüns im Oakmont Country Club bei der Annäherung nicht den richtigen Spot trifft – dann kann das Resultat regelrecht verstörend sein. So wie bei Will Chandler auf Bahn zwei:
Will Chandler’s ball rolls backwards for more than 40 seconds on the 2nd green at Oakmont
byu/DontDoCrackMan ingolf
Die „Kirchenbänke“: 13 Rippen und 550 Tonnen Sand
Komplettierung: Haben Sie bei all den Schrecknissen von Oakmont bislang nicht etwas vermisst? Richtig, die berühmten „Kirchenbänke“ waren noch gar nicht im Spiel – voilà, hier ist der von Gil Hanse noch mal verlängerte „Church Pew Bunker“ zwischen dem dritten und vierten Fairway, 93 Meter lang, gut 38 Meter breit, mit nunmehr 13 Rippen und gefüllt mit 550 Tonnen Sand:
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<h2">Oakmont für Hobby-Golfer: 115 bis 120 Schläge
Gretchenfrage: Die ersten beiden Runden der 125. US Open sind (weitgehend) gespielt, der Cut liegt bei +7 und forderte bereits prominente Opfer: Titelverteidiger Bryson DeChambeau ist ebenso raus wie Phil Mickelson, der sechs Mal Zweiter wurde und wohl seine letzte US Open bestritten hat, so „Lefty nicht von der USGA für Shinnecock Hills nächstes Jahr mit einer Einladung bedacht wird.
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Angesichts der Scores – man nehme beispielsweise nur die +17 von Shane Lowry – stellt sich mal wieder die Frage: Wie würde eigentlich ein Hobby-Golfer auf dem „Oakmonster“ abschneiden? Sagen wir, einer mit einem Handicap zwischen 15 und 18. Die USGA hat für sowas einen „Handicap Generator“, der mit den Daten des jeweiligen Open-Kurses gefüttert ist und errechnet für einen 15-Handicapper einen sogenannten „Target Score“ von 98. Experten. Meint, dafür muss man sein bestes Golf spielen, was allenfalls bei 15 bis 20 Prozent der Runden der Fall ist. Experten gehen daher davon aus, dass Mid-Handycapper eher dreistellig abschneiden und 115 bis 120 Schläge benötigen würde. Aber lassen wir doch mal die Profis selbst zu Wort kommen:
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Der „1895 Club“ als Cash Cow für die USGA
Ausverkauft: Vergangenes Jahr in Pinehurst hat die USGA den „1895 Club“ eingeführt, eine Premium-Hospitality, deren Namensgebung an die erste „Offene Amerikanische“ im Newport Country Club auf Rhode Island erinnern soll, gewonnen von dessen englischem Head-Pro Horace Rawlins. Auch im Oakmont Country Club wurde das zweistöckige Gebäude wieder aufgebaut, steht zwischen den Bahnen 14 und 15, bietet hervorragende Ausblicke auf das US-Open-Geschehen, zudem einen Fine-Dining-Bereich im ersten Stock und eine Sportsbar auf dem Oberdeck. Der „1895 Club“ ist für die USGA eine Cash Cow: Die jeweils 650 Tickets pro Turniertag waren binnen kürzester Zeit ausverkauft – trotz Tagespreisen von 1.800 Dollar und Wochenpreisen von 6.500 Dollar pro Person.
Oakmont zeigte bis 1964, was eine Harke ist
Wussten Sie: … dass im Oakmont Country Club sogar jeder Schlag in einen Bunker noch zusätzlich bestraft wurde. Die frühen Bunkerharken waren schwere, unhandliche Geräte mit großen dreieckigen Zinken, die tiefe Furchen im Sand hinterließen – von wegen fein geharkte Oberfläche. Das „Folterwerkzeug“ kam noch bei der US Open 1962 zum Einsatz, als Jack Nicklaus seinen ersten Profisieg und sein erstes Major feierte, und wurde dann 1964 vom Club aus dem Spiel genommen. Es gibt dieses geflügelte Wort „jemandem zeigen, was eine Harke ist“ – vielleicht stammt die Redewendung ja aus Pennsylvania …
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