Major

Von Horace Rawlins bis Bryson DeChambeau: Streifzug durch 125 Jahre US Open

10. Jun. 2025 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Titelverteidiger im Oakmont Country Club: Bryson DeChambeau, der vergangenes Jahr in Pinehurst seine zweite US Open gewann. (Foto: Getty)

5, 9, 125: Das sind die prägnanten Zahlen der US Open, die in dieser Woche im Oakmont Country Club in Pennsylvania zur Jubiläumsgala bittet. Der Platz wurde entsprechend aufgerüscht, das Rough ist eher ein Sumpf, in dem Bälle förmlich versinken, die Grüns sind glatt wie Glasplatten, aber das ist eine andere Story. Hier und heute geht es um die Historie des zweitältesten Major im Golfsport.

Klärung des Titelanspruchs

1894 gründeten der Newport Country Club, der St. Andrews Golf Club in Yonkers bei New York, The Country Club in Brookline, der Chicago Golf Club und der Shinnecock Hills Golf Club auf Long Island die Amateur Golf Association of the United States, die rasch in United States Golf Association umbenannt wurde, kurz USGA. Die Fünf wollten über die Anwendung einheitlicher Regeln in den USA wachen und eine nationale Meisterschaft aus der Taufe heben. Denn eigentlich ging es beim Gründungsakt in New York um die Klärung eines Anspruchs: Newport und St. Andrews hatten nämlich zuvor den Gewinner ihrer jeweiligen Clubmeisterschaften zum „National Amateur Champion“ erklärt, und das mochte niemand so einfach hinnehmen.

Die Anfänge

Also wurde kurzerhand ein neues Turnier veranstaltet. 1895 gewann der Börsenmakler Charles Blair Macdonald aus Chicago die erste offizielle US-Amateur-Meisterschaft und die bis heute vergebene, nach dem ersten USGA-Präsidenten Theodore Havemeyer benannte Trophäe. Besagter Macdonald, der im schottischen St. Andrews studiert, dort mit Old und Young Tom Morris Golf gespielt und den Chicago Golf Club gegründet hatte, sollte später zu einem der bedeutendsten Golfplatz-Schöpfer der Welt werden.

Tags drauf wurde noch ein offenes Turnier veranstaltet, an dem auch die noch als Parias geltenden Professionals teilnehmen durfte. Es war zu jener vom Amateur- und Gentleman-Denken bestimmten Golfepoche eher eine lästige Pflichtübung. Sei’s drum: Jedenfalls gewann Horace Rawlins auf Newports Neun-Loch-Kurs die erste „Offene Amerikanische Meisterschaft“. Der 21-jährige Engländer war gerade fünf Monate im Land und im austragenden Club beschäftigt, hatte bei dem Event über 36 Loch also ein echtes Heimspiel. Alles weitere ist Geschichte:

1905

Der Schotte Willie Anderson holt sich mit seinem Erfolg im Myopia Hunt Club/Massachusetts zum vierten Mal und zum bislang unerreichten dritten Mal in Serie (1901, 1903 bis 1905) die US Open. Vierfach-Sieger wurden nach ihm der Über-Amateur Bobby Jones, „The Hawk“ Ben Hogan und „The Golden Bear“ Jack Nicklaus. Tiger Woods und Hale Irwin gewannen je drei Mal

1906

Mit seinem ersten von zwei US-Open-Siegen macht es der Schotte Alex Smith im Onwentsia Club/Illinois seinem Bruder Willie (1899) nach. Die beiden sind das bislang einzige Brüderpaar auf der US-Open-Trophäe.

1913

The Country Club zu Brookline in Massachusetts ist Schauplatz eines Wettbewerbs, der nicht nur Golf-, sondern auch Filmgeschichte schreiben soll: Der Ex-Club-Caddie, Amateur und Außenseiter Francis Quimet schlägt im Play-off mit dem ebenfalls zur Legende gewordenen Eddie Lowery an der Tasche sensationell die als Zuschauerattraktionen angereisten britischen Superstars Harry Vardon (Champion 1900) und Ted Ray (Champion 1920). Der Film „Das größte Spiel seines Lebens“ erzählt die ganze Story.

1914

Walter Hagen, Lebemann, Enfant terrible und Instinktgolfer, wird im Midlothian CC/Illinois erstmals US-Open-Champion und begründet damit seine Serie von insgesamt elf Major-Siegen.

1930

Bobby Jones legt im Interlachen CC/Minnesota mit dem Gewinn seiner vierten US Open den Grundstein zum Gewinn des Grand Slam, lässt die US Amateur in Merion sowie The Open in Royal Liverpool und die British Amateur in St. Andrews folgen.

1934

Olin Dutra gewinnt die erste US Open in Merion. Geredet wird aber mehr über den Schotten Bobby Cruickshank, dessen zu kurze Annäherung an Loch elf von einem Stein im Bach aufs Grün springt. Cruickshank wirft begeistert seinen Niblick (9er-Eisen) in die Luft und wird von dem herabstürzenden Schläger heftig am Kopf getroffen. Sein Kommentar: „Das ist das erste Mal, dass ich Par spiele, indem ich zwei Felsen an einem Loch treffe.“

1950

Während des Play-offs in Merion gegen Ben Hogan und George Fazio erhält Lloyd Mangrum, der US-Open-Sieger von 1946, zwei Strafschläge, weil er seinen Ball markiert und aufhebt, um einen Käfer wegzupusten. Damals durften Bälle nur markiert und aufgehoben werden, wenn sie in der Putt-Linie eines Mitspielers lagen; Reinigen war auch auf dem Grün verboten.

1962

Im Oakmont Country Club beginnt die nächste große Karriere: Der 22-jährige Jack Nicklaus gewinnt das Erste seiner 18 Majors. Dafür musste er im Stechen ausgerechnet den amtierende Golf-Regenten, Arnold „The King“ Palmer, schlagen.

1969

Orville Moody gewinnt als Qualifikant sein einziges PGA-Turnier: die 69. US Open im Champions Golf Club in Houston. Immerhin gewann Moody 1989 noch die US Senior Open.

1971

Der schillernde, nie um einen Spruch verlegene Lee Trevino erschreckt vor dem 18-Loch-Stechen in Merion Gegner Jack Nicklaus, indem er eine Gummischlange aus dem Bag zieht. Dann gewinnt er das Play-off mit 68:71 Schlägen und witzelt anschließend: „ Ich liebe dieses Mädchen namens Merion, obwohl ich nicht mal ihren Nachnamen kenne.“

1999

In diesem Jahr wird der 99. US-Open-Sieger gekürt: Payne Stewart besiegt Phil Mickelson um einen Schlag und gewinnt zum zweiten Mal nach 1991. Vier Monate später kommt der ungemein beliebte Sportsmann Stewart im Alter von 42 Jahren bei einem bis heute nicht restlos aufgeklärten Flugzeug-Unglück ums Leben.

2000

In Pebble Beach findet die 100. US Open statt: Tiger Woods gewinnt das erste seiner drei US-Championate, und das mit sage und schreibe 15 Schlägen Vorsprung auf die Konkurrenz. Eine ähnliche Distanz hatte zuvor nur Willie Smith 1988 mit elf Schlägen zuwege gebracht.

2011

Rory McIlroy holt sich auf dem Blue Course des Congressional Country Club in Maryland das erste seiner nunmehr fünf Majors und stellt dabei den bis heute gültigen Rekord von 268 Schlägen über 18 Loch auf. Gemeinsam mit dem zweifachen US-Open-Sieger Brooks Koepka hält der Nordire seit 2011 auch die Bestmarke für den niedrigsten Score: 16 unter Par. Koepka egalisierte das Ergebnis 2017 in Erin Hills.

2015

Das kontrovers bewertete Major im Kessel Chambers Bay im US-Bundesstaat Washington ist die erste US Open, die im Nordwesten der USA ausgetragen wird. Der amtierende Masters-Sieger Jordan Spieth gewinnt das Putt-Duell mit Dustin Johnson auf dem 18. Grün und wird mit 21 Jahren jüngster Champion seit Bobby Jones 1923. Johnson hält sich ein Jahr später in Oakmont schadlos und ist damit heuer qausi der lokale Titelverteidiger.

2024

Den offiziellen Status des Titelverteidigers hat Bryson DeChambeau, der sich auf dem Donald-Ross-Meisterwerk No. 2 im Pinehurst Resort in North Carolina die zweite US Open nach Winged Foot 2020 sichert. Der LIV-Star fängt dabei den lange führenden Rory McIlroy ab, der sich auf den letzten vier Löchern drei Bogeys leistet, während DeChambeau dank eines grandiosen Bunkerschlags das Par auf der 18 rettet und mit einem Schlag Vorsprung gewinnt.


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