Golfreisen

„Tudo a postos“ für Torre: Sergio Garcias Design-Erstling ist im Spiel

25. Okt. 2025 von Michael F. Basche in Comporta, Portugal

Umrahmt von den Kiefernwäldern der portugiesischen Atlantikküste: Torre, das erste Werk von Sergio Garcia als Golfplatz-Designer. (Foto: James Hogg/The Azalea Group)

Etwa eineinhalb Stunden südlich von Lissabon liegt eine Landschaft, die aussieht, als hätte jemand den Sand vergessen, wieder einzusammeln. Das Alentejo dehnt sich weit, das Licht fließt flach, die Kiefernwälder erscheinen endlos, und irgendwo zwischen Dünengräsern und Meeresrauschen liegt der Torre Course. Irgendwo im Nirgendwo. Noch.

Die Herzkammer sozusagen verdoppelt

Anfang Oktober wurde dieses Stück herrlich karger portugiesischer Landschaft offiziell zu einem Golfplatz, wurde das erste vollverantwortliche Designwerk von Sergio García eröffnet. Nur fünf Minuten vom längst gefeierten Dunas Course aus der Feder des meisterlichen Minimalisten David McLay Kidd entfernt hat der Spanier seine Philosophie des idealen Golfplatzes verwirklicht und sozusagen die Herzkammer von Terras da Comporta verdoppelt.


Terras da Comporta gehört zum Portfolio von Vanguard Porperties. Portugals größter Immobilienentwickler und Bauträger will mit dem Projekt Maßstäbe in punkto ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Nachhaltigkeit setzen und mittelfristig die Infrastruktur eines splendiden Gemeinwesens in der Region implementieren. Zum Masterplan für die Entwicklung des insgesamt rund 1.400 Hektar umfassenden Torre- und Dunas-Komplexes in den Gemeinden Alcácer do Sal und Grândola gehören Hotels und die Freigabe von Grundstücken für Villenbebauung, ebenfalls unter strikt nachhaltigen Gesichtspunkten.


Die Nähe zum Meer prägt nicht nur den Wind, sondern auch die Stimmung. Der Torre Course liegt unweit der Mündung des Sado in den Atlantik, wo Flamingos durch das Licht schreiten und die Luft nach Salz und Harz riecht. In der Ferne ist das Meer kaum sichtbar, aber stets spürbar. Die Vegetation – Pinien, Ginster, bunte Gräser – wurde weitgehend belassen, nur gezähmt, nicht ersetzt.

(Foto: James Hogg/The Azalea Group)

„Torre ist technischer, Dunas ist wild“

Rodrigo Ulrich, bei Vanguard Properties für Golf verantwortlich, beschreibt den Unterschied zum benachbarten Dunas Course so: „Torre ist feiner, technischer. Dunas ist wild. Zusammen ergeben sie ein perfektes Paar  – und eine der spannendsten Golfdestinationen Europas.“ Garcías Philosophie zeigt sich in den Proportionen, die Ähnlichkeiten zu seinem Lieblingsparcours Valderrama sind nicht zufällig. Doch wo Valderrama andalusische Gravität hat, besitzt Torre die heitere Klarheit der Atlantikküste.

Gleichwohl hat auch Torre diese Dialektik zwischen Anspruch und Annehmlichkeit. Der Baumeister erweist sich nicht als Konstrukteur der Schwierigkeit, sondern als Komponist des Maßes. So, wie es guten Baumeistern zu eigen sein sollte. „Wir wollten einen Platz, der schön und herausfordernd ist – aber so, dass man ihn nach der Runde wieder spielen möchte“, erklärt García, der den Gästen von Vanguard Properties an diesem Tag aus Termingründen nur per Video-Call zugeschaltet ist.

 

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Ein Gedicht in Beige und Grün

Torre erstreckt sich auf sandigem Terrain, fließt über sanft gewellte, natürliche Dünenzüge, ist durchzogen von Kiefern und Heide, bietet sich indes offener an als Dunas, das nur fünf Autominuten entfernt ist. „Das Land war so gut, dass wir es kaum anfassen mussten“, sagt García. Er, das Team um den Österreicher Matthias Nemes (NCM Network AG) und den ausführenden Architekten Snorri Vilhjalmsson sowie Lead-Shaper Conor Walsh haben die Linien der Landschaft nur nachgezogen

Von oben betrachtet, wirkt der Platz wie ein Gedicht in Beige und Grün. Es gibt sechs verschiedene Abschläge, die schwarzen Tees machen Torre 6.575 Meter lang und sind nur was für Garcia und Co., ansonsten allenfalls ein Angebot an die Eitelkeit. Die gelben wiederum sind mit 5.833 Metern hingegen ein Versprechen an den Realismus.

Kleine Grüns à la Valderrama

Markant sind die kleinen Grüns à la Valderrama, oft verborgen hinter welligen Dünen, die Präzision statt Kraft fordern. „Kleinere Grüns brauchen weniger Wasser und Pflegeprodukte – das ist Nachhaltigkeit, die Sinn ergibt“, verdeutlicht García. Das ist ganz im Sinne von Vanguards nachhaltigem Ansatz. „Aber sie zwingen dich auch, konzentrierter zu spielen. Wenn du triffst, fühlst du dich näher am Loch, näher an dir selbst.“

Der Torre Course ist kein Ort für Übermut, aber auch keiner für Angst. Bahn 12 – ein kurzes Par-4 mit einer schmalen, ansteigenden Schneise – ist das Herzstück dieser Philosophie. Der Spieler muss sich entscheiden: sicher ablegen oder riskieren? Nur wer das Grün anspielt, begreift, dass die Versuchung hier architektonisch eingebaut ist. Der Blick von der 12 hinunter zum Atlantik – ein schmaler, flimmernder Streifen am Horizont – öffnet den Raum, während das Spiel selbst eng bleibt.

(Foto: James Hogg/The Azalea Group)

Die Handschrift des Ballstrikers Garcia

Oder die 13, Garcías erklärtes Lieblingsloch: ein Par-3 bergab, mit dem größten Grün des Platzes. Dennoch wirkt es klein, weil es von Bunkern umzingelt ist. Ein leicht verzogener Schlag – und der Sand frisst den Score. „Ich liebe solche Löcher, weil sie Entscheidungen fordern“, sagt García. „Du musst denken, bevor du schlägst – aber wenn du triffst, fühlt es sich an, als hättest du alles verstanden.“ Zwischen diesen beiden Löchern als Eckpunkten entfaltet sich die Handschrift des Masters-Champions von 2017: Doglegs, die mehr erzählen als sie abkürzen, blinde Abschläge, die das Vertrauen in die Idee fordern, Bunker, die nicht bestrafen, sondern mahnen. Nichts ist willkürlich, nichts zu viel.

Dass ausgerechnet Ballstriker García einen Platz entwirft, der Präzision über Power stellt, ist keine Überraschung, sondern eine logische Konsequenz: „Kurse, die nur schwierig sind, machen keinen Sinn. Man denkt, vielleicht kommt ein Tour-Event – und baut zu schwierig“, sagt der 45-Jährige. „Aber die anderen 51 Wochen sind Amateure hier. Und die sollen wiederkommen.“

 

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García hat seinen Platz noch gar nicht gespielt, aber der trägt

Vielleicht ist es diese Mischung aus Schönheit, Maß und Nachhaltigkeit, die Torre so besonders macht. Kein Platz, der protzt, sondern einer, der spricht – leise, aber deutlich. Die Fairways sind großzügig auf der Slice-Seite, die Bunker sitzen dort, wo man denkt, man sei sicher. Man spürt, dass hier jemand entworfen hat, der weiß, wie sich Fehler anfühlen – und wie gute Schläge wirken.

Sergio García hat seinen Platz noch gar nicht gespielt, kann es natürlich kaum erwarten. Aber vielleicht ist das gar kein Nachteil. Denn ein guter Architekt muss sein Werk nicht sofort betreten. Es genügt, wenn es trägt. Am Abend liegt über dem Torre Course diese eigenartige Ruhe, die herrscht, wenn etwas fertig, aber noch frisch ist. Fast unberührt, wartend. Alles ist, wie es sein soll. Alles ist an seinem Platz. Oder auf portugiesisch: Tudo a postos.

(Foto: James Hogg/The Azalea Group)

Das Comporta Café und Quinta da Comporta

Wer nach der Runde die Schläger ablegt, kann dem Golferlebnis im Comporta Café nachsinnen – einer Institution mit Fisch, Meerblick und dem Charme portugiesischer Leichtigkeit. Oder im Boutique-Hotel Quinta da Comporta einkehren, wo rustikale Balken auf Wellnessarchitektur treffen und der Kräutergarten mehr Stil verrät als so mancher Sternekoch. Terras da Comporta ist ein stilles Zusammenspiel von Natur, Design, Genuss – ohne Dramatik, aber mit Haltung. 


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