Golf in Deutschland

Steigende Personalkosten und Fachkräftemangel: Es geht nicht ums Geld allein

16. Mrz. 2023 von Michael F. Basche in Hohen Neuendorf, Deutschland

Greenkeeping und Personalkosten: Die größten Ausgaben für Golf Clubs. (Foto: Getty)

Greenkeeping und Personalkosten: Die größten Ausgaben für Golf Clubs. (Foto: Getty)

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Alle reden über die Preise: Butter, Baumaterialien, Betriebsstoffe. Oder von Verfügbarkeiten: Rohstoffknappheit, Produktionsengpässe, Lieferkettenproblematik. Die Aspekte der aktuellen Kostenkrise sind vielfältig, ihre Verästelungen und Konsequenzen reichen weit – selbst ohne die Verknüpfung mit dem wahren weltweiten Megaproblem dieser Zeit, dem Klimawandel. Vom Menschen freilich wird selten gesprochen. Dabei wird der auch teurer. Sofern überhaupt verfügbar. Stichwort Personalkosten und Fachkräftemangel. Die aktuellen Tarifstreitigkeiten und Streiks oder schleppende, wenn nicht gar ausfallende Dienstleistungs- und Serviceangebote andererseits mögen ein Ärgernis sein, zeichnen aber gleichzeitig ein Bild der Gesamtlage. Und davon, was noch kommen kann.

Anstieg von 14 bis 17 Prozent

Als der Deutsche Golf Verband (DGV) im vergangenen Herbst das wirtschaftliche Stimmungsbild bei den Golfclubs abgefragt hat, bildete der Personalsektor mit Steigerungen von 14 Prozent immerhin nach dem Greenkeeping (25 Prozent) die zweite Säule des Preisdrucks. Andere Erhebungen sprechen von 17 Prozent. Tendenz eher steigend. Ist ja klar: Golfanlagen-Mitarbeiter spüren die Inflation selbstredend ebenfalls in der eigenen Haushaltskasse und werden entsprechend beim Arbeitgeber vorstellig. „Nicht am ersten Tag der Krise“, verdeutlicht der Golf-Wirtschaftsexperte Dr. Reinhard Koss, vereidigter Sachverständiger und gleichzeitig Geschäftsführer von Golf in Hude und der Golfanlage Syke. „Aber irgendwann kommt auf jeder Anlage der Zeitpunkt, wo die Leute mehr Geld fordern.“

Inflationsausgleichsprämie „musst du erstmal übrig haben“

Kluge Manager haben vorgebaut und schon im vergangenen Jahr die Löhne und Gehälter um beispielsweise fünf Prozent erhöht. Dann muss man beim nächsten „Schluck aus der Pulle“ nicht so heftig schlucken, um es mal salopp zu formulieren. Nicht enthalten ist die Inflationsausgleichsprämie, die sich der Gesetzgeber ausgedacht und an die Arbeitgeber weitergereicht hat, eine für manchen Betrieb bittere Pille, die mit dem Überzug der Steuer- und Abgabenbefreiung nur spärlich versüßt ist. So toll wie das für Mitarbeiter ist: „Diese 3.000 Euro mal zehn oder mehr Beschäftigte müssen aus eigener Tasche aufgebracht werden“, verdeutlicht Koss. „Das Geld musst du als Anlage erstmal übrig haben.“

Personalbedarf fängt im Greenkeeping an

Wer über das Wirtschaftsgut Arbeit spricht und schreibt, kommt an der Situation auf dem Arbeitsmarkt nicht vorbei. Am Damoklesschwert Fachkräftemangel, das über dem wirtschaftlichen Wachstum hängt. Gleichsam über den Golfanlagen. „An allen Ecken besteht Bedarf. Aber es ist ganz schwierig, geeignetes Personal zu finden, beim Greenkeeping angefangen“, bestätigt Florian Gneist bei einer stichprobenhaften Umfrage von Golf Post. Der Geschäftsführer der Betriebs-GmbH des Berliner Golfclub Stolper Heide in Hohen Neuendorf arbeitet mittlerweile mit einem schottischen Greenkeeper-Vermittler – „weil sich seit zwei Jahren hier in der Region Brandenburg niemand auf unsere Anzeigen, Ausschreibungen oder übers Arbeitsamt meldet“. Trotz der direkten Nachbarschaft zum Berliner Bezirk Reinickendorf und damit zur Bundeshauptstadt.

„Wenn du nicht noch was drauf legst …“

Die Kennzahlen der Bundesagentur für Arbeit untermauern das: Bei „Garten-, Landschafts-, Sportplatzbau“ steht der Pegel im Soll; die diesbezüglichen Personal-Defizite sind nicht zuletzt dem demografischen Wandel geschuldet, sprich einer überalterten Gesellschaft. Für den generell spärlichen Nachwuchs ist das Metier überdies schlichtweg nicht attraktiv. „Viele denken sich halt: Warum soll ich morgens um 6 Uhr mit der Arbeit anfangen, während ich bei einer Corona-Teststation um 10 Uhr kommen darf und 18 Euro die Stunde kriege?“, ätzt ein Manager, der aus nachvollziehbaren Gründen ungenannt bleiben möchte: „Wenn du dann nicht der Nette bist und hier und da noch was drauf legst, hast du keine Chance.“

Wandel vom Anbieter- zum Nachfragemarkt

Der Arbeitsmarkt ist mit dem Wandel von der Baby-Boomer-Generation zur Ein-Kind-Familie halt vom Anbieter- zum Nachfragemarkt geworden – so, wie sich die Golfanlagen insgesamt als Teil der Freizeitbranche in einem Käufer- statt Verkäufermarkt wiedergefunden hat. Will heißen: Die Bewerber können sich den Arbeitgeber aussuchen. Das hat beispielsweise Dr. Jutta Rump, Hochschul-Professorin mit Schwerpunkt Internationales Personalmanagement und Organisationsentwicklung sowie Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability in Ludwigshafen, schon 2019 beim Internationalen Golffachkongress des Bundesverbands Golfanlagen (BVGA) im A-Rosa Resort Scharmützelsee anschaulich dargelegt.

Das Portal „Traumjob Golfplatz“

Freilich, mit Malussen wie Wochenend- und Feiertagsarbeit, Hochsaison-Stress, diffusen Ausbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten und mediokren Vergütungen lässt sich’s für Golfanlagen nicht besonders vorteilhaft punkten. Also haben DGV, Golf Management Verband Deutschland (GMVD), Greenkeeper Verband Deutschland (GVD) und PGA of Germany in einer gemeinsamen Anstrengung das Portal „Traumjob Golfplatz“ aus der Taufe gehoben. „Entdecke die Vielfalt“ heißt es dort: „Der Golfplatz ist einer der schönsten Orte, an dem man arbeiten kann.“

Greenkeeper: "Traumjob" auf dem Golfplatz? (Foto: Getty)

Greenkeeper: "Traumjob" auf dem Golfplatz? (Foto: Getty)

Ohnehin gilt: „Die Zeiten sind passé, als man Leute auspressen konnte, und die froh waren, überhaupt einen Job zu haben“, mahnt Florian Geist. Der Hotellerie und Gastronomie hat genau diese vielfach immer noch praktizierte Mentalität zu den Hoch-Zeiten von Corona extrem geschadet. Die Leute sind den eh geschlossenen Betrieben in Scharen davon gelaufen und bis heute nicht wiedergekommen. Einschlägigen Studien zufolge sind 35.000 Beschäftigte aus besagtem Bereich heute im Handel tätig. Allein über die Tricks und Abwerbemanöver, mit denen Betreiber von (Golf-)Hotels ihre dünne Personaldecke aufzupolstern versuchen, ließe sie sich eine Artikelserie verfassen.

„Du musst dich echt kümmern“

Doch beim Buhlen um Mitarbeiter kommt es längst nicht mehr aufs Geld allein oder auf geldwerte Vergünstigungen an: Die Unternehmenskultur macht den Unterschied. „Du musst dich echt kümmern und deinen Mitarbeitern, vorhandenen wie potenziellen, einen Mehrwert bieten“, sagt Florian Gneist und berichtet von glücklichen Gesichtern bei der Weihnachtsfeier und Freude über einen zusätzlichen Tankgutschein. Aber es geht keineswegs bloß um Feierlichkeiten und Finanzielles. Ein wesentlicher Faktor zur Motivation und Bindung von Mitarbeitern, das betont nicht nur Gneist, ist die ideelle und emotionale Wertschätzung der geleisteten Arbeit. Und: Das dann entsprechend zu vermitteln.

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