Scottie Scheffler gehört zu den Top-Favoriten bei der 153. British Open in Royal Portrush. Kurz vor dem vierten Major des Jahres zeigt der Weltranglistenerste eine überraschend reflektierte Seite. In einer Pressekonferenz sprach Scheffler offen über den Stellenwert von Siegen, seine Motivation und darüber, was ihn wirklich erfüllt.
„Du gewinnst, feierst, darfst deine Familie umarmen, meine Schwester ist da – es ist ein unglaublicher Moment“, beschreibt Scheffler die großen Siege seiner Karriere „Und dann? Dann geht es darum: Was essen wir heute Abend? Das Leben geht weiter.“ Der 29-Jährige gibt zu, dass ihn diese Vergänglichkeit beschäftigt: „Ich bin nicht hier, um jemanden zu inspirieren, der beste Spieler der Welt zu werden. Wozu auch? Das ist kein erfüllendes Leben. Es ist erfüllend aus Sicht des Erfolges, aber nicht aus den tiefsten Bereichen deines Herzens.“
Scottie Scheffler „Wenn ich gewinne, ist das für zwei Minuten großartig “
Scheffler spricht von einem täglichen inneren Kampf: „Es gibt so viele Menschen, die dorthin gelangen, wo sie glauben, endlich Erfüllung zu finden. Und dann sind sie da, Nummer 1 der Welt, und fragen sich: Wo ist der Sinn?“ Besonders bewegend ist seine Reflexion über den Drang zu gewinnen: „Warum will ich die Open Championship so unbedingt gewinnen? Ich weiß es nicht. Wenn ich gewinne, ist das für zwei Minuten großartig. Dann kommt die nächste Woche: ‚Hey, du hast zwei Majors dieses Jahr gewonnen – wie wichtig ist dir jetzt der FedExCup?‘ Und schon geht alles wieder von vorn los.“
Obwohl Golf eine seiner größten Freuden ist, betont Scheffler: „Füllt das die tiefsten Wünsche und Sehnsüchte meines Herzens? Absolut nicht. Das ist nicht das Wichtigste in meinem Leben. Deshalb kämpfe ich damit, warum mir das überhaupt so wichtig ist. Ich wäre viel lieber ein großartiger Vater als ein großartiger Golfer. Am Ende des Tages ist das für mich wichtiger.“
„Ich wäre viel lieber ein großartiger Vater als ein großartiger Golfer.“
Scheffler spricht auch offen darüber, was ihn wirklich erfüllt: „Ich liebe es, Golf zu spielen. Ich liebe es, meine Träume zu leben. Ich liebe es, Vater zu sein. Ich liebe es, mich um meinen Sohn zu kümmern. Ich liebe es, meine Familie mit dem, was ich hier tue, zu versorgen. Jeden Tag, wenn ich früh aufstehe, um zu trainieren, dankt mir meine Frau. Und wenn ich nach Hause komme, danke ich ihr jeden Tag dafür, dass sie sich um unseren Sohn kümmert. Das ist der Grund, warum ich immer wieder sage: Familie ist meine Priorität. Wenn Golf jemals meine Beziehung zu meiner Frau oder meinem Sohn beeinträchtigen würde, wäre das der letzte Tag, an dem ich hier draußen spiele.“
Auch über die Schattenseiten des Sports spricht Scheffler ehrlich: „Man verliert im Golf viel häufiger, als man gewinnt. In Sportarten wie Basketball oder Football kann man viel öfter siegen. Aber im Golf gewinnt man selten. Das Gefühl des Sieges hält einfach nicht lange an.“ Scheffler zieht dabei sogar einen Vergleich zum Tennis: „Ich glaube, ich habe mal auf die Statistiken geschaut — es war einer der besten Tennisspieler, vielleicht Federer oder Djokovic. Die haben nur ungefähr 48 Prozent ihrer Punkte gewonnen. Das zeigt, wie oft selbst die Besten verlieren.“
Scottie Scheffler just gave one of the best (and deepest) press conference answers ever heard. pic.twitter.com/SUIRKuLwgb
— Golf Digest (@GolfDigest) July 15, 2025
"Man kann Großes erreichen, aber die Show geht einfach immer weiter."
Sein Fazit fällt nachdenklich aus: „Profi-Sport zu betreiben, ist eigentlich eine sehr merkwürdige Sache. Wir stecken so viel Arbeit und Energie hinein für etwas, das so flüchtig ist. Das Gefühl des Sieges hält einfach nicht lange an. Wenn ich am Ende des Jahres zurückblicke — auf den Sieg beim Masters, auf den Gewinn der PGA Championship — dann empfinde ich große Dankbarkeit und Wertschätzung. Aber es ist schwer zu erklären, wie es gleichzeitig nicht wirklich erfüllt. Ich würde es als unbefriedigendes Unterfangen beschreiben.“
Scheffler reflektiert auch über seinen Umgang mit Erfolgsdruck und seine Haltung zur Nummer-1-Position in der Welt: „Nummer 1 der Welt zu sein, ist eine großartige Leistung, keine Frage. Das sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Aber man wird nicht die Nummer 1, indem man ständig an Rankings denkt. Und man bleibt auch nicht Nummer 1, wenn man sich nur auf Platzierungen konzentriert. Jedes Turnier ist eine neue Herausforderung.“ Er erklärt weiter: „Diese Woche zum Beispiel: Im besten Fall gewinne ich das Turnier. Aber direkt danach komme ich nach Memphis, und die Frage ist: ‚Okay, du hast zwei Majors gewonnen, was kommt jetzt?‘ Und wenn ich Zweiter werde oder Letzter, egal – wir ziehen immer weiter zur nächsten Woche. Das ist einerseits das Schöne am Golf, andererseits auch das Frustrierende: Man kann Großes erreichen, aber die Show geht einfach immer weiter.“