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Quo vadis, Golf: Der Balance-Akt beim Werben um die Millennials

26. Mrz. 2021 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Jordan Spieth, Justin Thomas und Rory McIlroy zählen zur Generation der Millennials. (Foto: Getty)nson, Justin Thomas und Rory McIlroy zählen zur Generation der Millennials. (Foto: Getty)

Jordan Spieth, Justin Thomas und Rory McIlroy zählen zur Generation der Millennials. (Foto: Getty)

Wer sich mit Gesellschaftsforschung und Marketing beschäftigt, dem laufen sie permanent über den Weg: die Millennials, jene Altersgruppe der Anfang 20- bis Ende 30-Jährigen, geboren zwischen 1981 und 1996. Im Golf sind die Millennials gleichermaßen unübersehbar, denn sie bestimmen das Geschehen an der Weltspitze. Dustin Johnson ist Jahrgang ’84; Justin Thomas, Bryson DeChambeau und Xander Schauffele kamen 1993 zur Welt; Jon Rahm 1994; Tyrrell Hatton ist ein ‘91er, Rory McIlroy ein ‘89er, und so weiter.

Bei den 36-Jährigen beginnt der Schwund

Schaut man nun auf die aktuellen Zahlen des organisierten Golfsports in Deutschland, dann ergibt sich eine interessante Parallele: So, wie sich in der Golfweltrangliste die älteren Semester allmählich von den Spitzenplätzen des Tableaus verabschieden, so beginnt in der Bilanz des Deutschen Golf Verbands für das Jahr 2020 bei den 36- bis 40-Jährigen der Schwund.

Während sämtliche Altersklassen darunter – möglicherweise auch „dank“ Corona – moderate bis ordentliche Zuwächse verzeichneten, verabschieden sich die „älteren“ Millennials wieder vom großen Spiel mit dem kleinen Ball. Über 8.000 Clubgolfer gingen vergangenes Jahr in drei Alterskohorten verloren, bis jenseits 56. Lebensjahrs die Golffaszination und damit wieder ein Plus einsetzt.

Phänomen der „Baby Boomer“ ist endlich

Das gibt zu denken. Jahrelang lebte der Golfsport von den „Baby Boomern“ und „Empty Nestern“, die dank Tagesfreizeit und Mobilität die Anlagen bevölkerten – überdies nicht selten gutsaturiert. Doch dieses Phänomen ist naturgemäß endlich – und nicht automatisch wiederholbar. Das Minus bei den „nachwachsenden“ Generation gibt jedenfalls wenig Anlass, darauf zu warten, dass die Millennials ja irgendwann ebenfalls in den Lebensherbst ein- und dann gewiss dem Golfsport beitreten werden.

Zumal deren Lebenswelten ohnehin andere sind als zu Zeiten, in denen die heutige Ü50-Riege ihre Golfentscheidung traf. Das hat nicht bloß mit dem vergleichsweise überbordenden (Freizeit-)Möglichkeiten dieser modernen Welt zu tun, die nahezu jeden Markt zum Käufermarkt machen, weil das Angebot die Nachfrage um ein Vielfaches übersteigt.

Das Geld sitzt nicht besonders locker

Die Millennials, die als neue Mittelschicht zur treibenden Kraft in Wirtschaft und Gesellschaft avancieren und hierzulande bereits 20 Prozent aller Privathaushalte stellen, leben in einem Spannungsfeld von vermeintlichen Widersprüchlichkeiten. Stichworte der Ambivalenz sind: Hedonismus und soziale Verantwortung, Freiheit und Bindung, Bequemlichkeit und Sinnhaftigkeit, Öffentlichkeit und Schutz von Privatsphäre. Das Ganze vor dem Hintergrund von Jobunsicherheiten und Zukunftsängsten.

Aus diesen Aspekten nährt sich die arithmetische Aufgabe, vor der nicht zuletzt die Golfbranche steht. Denn die Generation Y zwischen „Baby Boomern“ und der heranwachsenden Generation Z weckt ob ihres wachsenden Marktanteils zwar bei jedem Marketeer begehrliche Gedanken, ist aber schwierig zu greifen. Das Geld sitzt nicht sonderlich locker.

Balance-Akt zwischen den Ambivalenzen

Gemäß einer Studie von Consors Finanz, einem Anbieter von Konsumentenkrediten, beschränken 76 Prozent der Millennials ihre Ausgaben auf das Nötigste. Die „Millennial Survey 2019“ des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens Deloitte wiederum stellt in Deutschland eine gewachsene Skepsis hinsichtlich der Zukunft fest. Demnach vertrauen nur 13 Prozent auf eine verbesserte wirtschaftliche Situation.

Andererseits sollen die Millennials künftig an den Rezeptionen und Theken der Clubhäuser die Zeche zahlen. Damit die Gleichung aufgeht, muss ein Balance-Akt zwischen den zuvor angeführten Ambivalenzen her. Denn dieser Markt, so die allgemeine Erkenntnis, ist entscheidend für die Zukunft jeden Golfclubs. Gleichwohl behaupten manche Experten, dass niemand im Golf-Business den Hauch einer Ahnung habe, wie diese Zielgruppe zu erreichen und anzugehen sei.

Die Renaissance des Country Clubs

Gut, das ist provokant formuliert. In den Managerbüros der Golfanlagen sitzen durchaus kluge und innovative Köpfe, die über den Tellerrand des reinen Sports hinaus schauen können. Genau dort nämlich könnte die Lösung liegen: den Club mit zeitgemäßen zusätzlichen Angeboten zu einer zweiten Heimat zu machen, zum Refugium für den entspannten Aufenthalt fernab des Alltags. Und zwar für die gesamte Familie.

In den USA erleben derartige Ensembles gerade eine Renaissance, vielfach gleich in Form von Wohngemeinschaften – was, zugegeben, einen gewissen finanzielle Status voraussetzt. Dennoch: Der vormals vom Muff des Spießigen belegte Country Club wird neu gedacht, die Millennials nehmen es dankend an. Einstige „Altersdörfer“ entwickeln sich so zu lebhaften Aktivitätszentren mit hoher sozialer Kompetenz für Groß und Klein, das Spannungsfeld wird aufgelöst. In Deutschland deuten sich vereinzelt ähnliche Leuchtturm-Projekte an.

Studie der PGA-of-America-Tochter Nextgengolf

Jenseits des großen Teichs werden freilich die entsprechenden Untersuchungen und Anleitungen gleich mitgeliefert. Die PGA-of-America-Tochter Nextgengolf (nomen est omen) beispielsweise hat mit der Golfconsulting-Firma GGA Partners eine Studie unter dem Titel „Life in Flux: The Evolving Priorities of Millennial Golfers“ aufgelegt und dafür zwischen November 2020 und Januar 2021 insgesamt 1.600 Golfer der Generation Y im Durchschnittsalter von 29 Jahren nach ihren Vorstellungen und Bedürfnissen befragt. Zu den Ergebnissen zählt (natürlich), dass Golf gerade in Zeiten einer Pandemie für 60 Prozent an Bedeutung gewonnen hat. 51 Prozent erklärten, dass die Arbeit im „Home Office“ ihnen mehr Flexibilität fürs Golfspielen bietet.

Konsumbereitschaft, wenn das Angebot stimmt

Gleichzeitig bevorzugen ebenfalls 60 Prozent der Befragten Golfanlagen, auf denen soziale und ökologische Werte aktiv betrieben und gelebt werden. 64 Prozent gaben an, dass solche Faktoren ihre Entscheidung für eine Anlage oder einen Club positiv beeinflussen. 73 Prozent würden dafür sogar vergleichsweise mehr Geld ausgeben. Was zu beweisen war.

Außerdem sind die Millennials in der Studie sehr an zusätzlichen Angeboten der Anlage oder des Clubs interessiert, die wenig mit dem traditionellen Golfbetrieb zu tun haben: Spiel unter Flutlicht beispielsweise oder an Simulatoren, Stichwort „Gamification“; darüber hinaus generell an einem vielseitigen Cluberlebnis mit entspanntem Essen, Geselligkeit und Fitness.

Wo sind die Detail-Erhebungen für den deutschen Markt?

Es ist keine neue Erkenntnis, dass gerade Corona die zwischenzeitlich abgeflaute Liebe zum heimischen Golfclub oder zur Golfanlage als sportlicher Heimstatt neu bzw. überhaupt entflammt hat. Die Verantwortlichen müssen ihre durchaus willige Klientel halt bloß abholen, entsprechende Weichen stellen und Angebote machen. Studien wie die von Nextgengolf sind hilfreiche Blaupausen – warum gibt es solche dezidierten Erhebungen nicht auch für den deutschen Golfmarkt?

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