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Prädikat „wegweisend“: Engländer machen den Graugolfer „salonfähig“

29. Jan. 2021 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Niall Horan und Rory McIlroy (Foto: Getty)

Niall Horan und Rory McIlroy (Foto: Getty)

Von den regnerischen Nebelinseln jenseits des Kanals kamen diese Woche zwei Nachrichten, die gemeinhin ein bisschen unter „ferner liefen“, in ihrer enormen Tragweite freilich nicht zu unterschätzen sind. Zum einen hat der englische Golfverband verlauten lassen, fürderhin auch dem sogenannten „unabhängigen“ Golfer die Möglichkeit zu geben, ein Handicap eintragen und verwalten zu lassen – überdies mit dem höchstinstanzlichen Segen des R&A. Das ist eine Entscheidung von weitreichender Wucht und Wirkung.

Der Graugolfer als Paria

Ausgerechnet die Erfinder der geschlossenen Golf-Gesellschaft, denen ihre Societies selbst heute noch über alles gehen, machen die sportliche Vergleichsformel des Spiels zum Allgemein-, ja zum Jedermanngut. Und damit eine Spezies „salonfähig“, über die gern die Nase gerümpft wird – nicht zuletzt in hiesigen Golfgefilden.

Jahrelang galt der Graugolfer, der Gelegenheitsspieler, der Golf-Nomade – und das ist geschlechterübergreifend gemeint – als Paria, der zwar Greenfee zahlt, aber eigentlich in seinem Spieltrieb von der braven beitragsbasierten Gemeinschaft schmarotzt und sich ins gemachte Nest, aka Golfplatz, legt. Pfui.

Ausschluss mangels Handicap-Nachweis

So was sanktioniert das Establishment unnachgiebig mit Ausschluss und Ungemach. Den Outlaws wird einfach ein Handicap verwehrt: Kein Clubausweis, keine Stammvorgabe, kein Nachweis der Spielfertigkeit – das Damoklesschwert der Ablehnung schwebt über jedem Erscheinen vor den Schranken des Tribunals namens Golfclub-Rezeption, das allzu oft mit den Statuten winkt und den „Hochstapler“ bestenfalls auf den Kurzplatz oder die Driving Range schickt.

Es sei denn, man legt sich einen veritablen Akzent zu und verweist auf eine möglichst weit entfernte, dennoch seriös klingende Auslandsmitgliedschaft. In Kanada beispielsweise. Kein Quatsch, sondern persönlich ausprobiert und damit durchgekommen – was in Sachen Willkür des Systems zu beweisen war, aber an dieser Stelle nur ein Side Step sein soll.

Teilhabe für Gelegenheitsgolfer

Hierzulande, das gehört der Vollständigkeit halber ebenfalls angemerkt, dient die Vereinigung clubfreier Golfer (VcG) als eine Art Auffangbecken. Geduldet indes wird man sogar mit deren Ausweis nicht überall und vielerorts nur gegen höheres Entgelt.

Jedenfalls ermöglichen die Engländer nun alsbald der „Subkultur“ die Golf-Teilhabe, Handicap-Komitees verwalten die Vorgaben, das neue World Handicap System macht es ohnehin einfacher. Das hat was von Inklusion, golfgesellschaftliche Tabus werden aufgebrochen, die Gilde macht sich locker.

Millionenstarke Zielgruppe

Ein smarter Move ist das sowieso: England Golf erschließt eine millionenstarke Zielgruppe (1,2 bis 1,8), die sich auf diese Weise mit anderen Botschaften adressieren lässt und garantiert nicht undankbar zeigen wird. Für Deutschland übrigens wird die Zahl der unorganisierten Gelegenheitsgolfer  ebenfalls dort verordnet: In der Grauzone tummeln sich angeblich Interessierte in siebenstelliger Kopfzahl, die entweder immer mal wieder einen Schläger in der Hand haben – im Urlaub etwa – oder womöglich nur einen kleinen Schubs, etwas Ermunterung brauchen.

Und allen Skeptikern, die jetzt als Menetekel eine Bedrohung des mitgliederfixierten Vereinswesens an die Wand malen, sei gesagt: Ein Club, dem die Seinen nur die Treue halten, weil er ihre Vorgaben führt, hat ganz andere Probleme als bloß die Liberalisierung der „Handicap-Berechtigten“.

„Modest! Golf“ managt bereits Hatton und Co.

Damit zur anderen Nachricht von fast revolutionärer Bedeutung. Denn die Gralshüter des Golfspiels vom R&A haben eine wegweisende Weichenstellung vollzogen und verfolgen künftig mit dem golfverrückten Ex-„One-Direction“-Popstar Niall Horan – Achtung, Wortspiel – eine gemeinsame Richtung.


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Der irische Singer-Songwriter und Gitarrist kam 2010 mit der britischen Boygroup groß raus und ist längst auch in der Golfbranche eine Größe. Mit ihrer 2016 gegründeten Agentur „Modest! Golf“ managen Horan und sein Partner Mark McDonnell unter anderem die Profis Tyrrell Hatton, Leona Maguire, Connor Syme, Olivia Cowan und Guido Migliozzi sowie den Behindertengolfer Brendan Lawlor.

Jugendprogramme, um die Kids zu erreichen

Für den R&A soll „Modest! Golf“ künftig Jugendprogramme konzipieren und entwickeln, um die Kids ins und ans Spiel zu bringen. Einer der ältesten Sportverbände der Welt baut damit auf die Zug- und Strahlkraft eines modernen Idols – klasse!

Horan wiederum, der sich u. a. bereits mit Justin Rose in einem Charity-Turnier engagiert und schon weit über zwei Millionen Euro eingesammelt hat , spricht von einer Ehre: „Ich bin stolz, für und mit dem R&A an der Golfentwicklung arbeiten zu dürfen, um jüngeren Generationen zu demonstrieren, was für ein großartiges Spiel Golf ist.“

Modern und auf heutige Freizeitgestaltung abgestimmt

Zeitgemäßer soll‘s werden, abgestimmt auf die Freizeitgestaltung der heutigen Spaßgesellschaft; Horan und sein Team basteln an Spaßformaten, am Zugang zum Spiel. Die Anziehungskraft soll verstärkt und der Einfluss sozialer Netzwerke sowie von Influenzern aus Sport und Entertainment mehr genutzt werden. Ende des Jahres sind erste Ergebnisse zu erwarten.


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Dem R&A geht es darum, Golf einem neuen Publikum in einem positiveren Licht zu präsentieren – als friedlichen sowie für jedermann zugänglichen Freizeitspaß – und einige der „weniger hilfreichen Assoziationen mit dem Spiel“ (O-Ton) aus der Welt zu schaffen.

„Die Agentur ,Modest! Golf‘ verfügt über eine reiche Expertise und tiefe Einblicke ins Unterhaltungsbusiness“, sagt dazu Phil Anderton, der beim R&A für solche Entwicklungsmaßnahmen zuständig ist. „In Kombination mit unserer Erfahrung in Sachen weltweiter Golfentwicklung wollen wir neue Maßnahmen etablieren, die ein neues Publikum erreichen und junge Menschen zum Golfspielen mit ihrer Familie und Freunden inspirieren.“

Hut ab vor dem innovativen Denken der traditionsbewussten Blazerträger aus St. Andrews.

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