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Die PGA Show und das innovative Equipment: Irgendwie war alles schon mal da

26. Jan. 2022 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Was ist wirklich neu bei der PGA Show? (Foto: @Tagmarshal/Twitter)

Was ist wirklich neu bei der PGA Show? (Foto: @Tagmarshal/Twitter)

Wer kennt sie nicht, die Fabel vom Hasen und dem Igel? Das pfiffige Stacheltier beordert fürs Wettrennen die zum Verwechseln ähnliche Gattin ins andere Ende der Ackerfurche, und wenn Meister Lampe heran keucht, schallt es stets hüben wie drüben: „Ick bün all dor!“

„Ick bün all dor“

Das norddeutsche Volksmärchen kommt einem immer dann in den Sinn, wenn die Golfschläger-Industrie sich mal wieder in atemloser Aufgeregtheit „neu erfunden“ hat: noch innovativer, bahnbrechender, revolutionärer. Fehlerverzeihender sowieso. Mehr Länge garantierend auch. Gerade bei der PGA Merchandise Show in Orlando/Florida wieder zu besichtigen, dem Gipfeltreffen der Ausrüster-Branche. Freilich: Könnten die Artefakte aus der Frühzeit des Spiels reden, dann würden sie entgegnen: „Ich bin schon da!“. Wie das Ehepaar Igel.

(Foto: Michael F. Basche)

(Foto: Michael F. Basche)

Alles war schon mal da, irgendwie. Bloß nicht aus Weltraumwerkstoffen. Doch die Formgebung bestimmter Hybridhölzer erinnert frappierend an jene ersten Knüppel, die sich die Golf-Altvorderen aus schief gewachsenen Stämmchen des hartholzigen Dornbaums schnitzten.

Geschichte wiederholt sich

Seither sucht der „Homo ludens“, der spielenden Mensch nach dem bestmöglichen Material zur Steigerung des sportlichen Erfolgserlebnisses. Kreativ, tüftelnd, findig. Andererseits hat Rory McIlroy mal gesagt: „Die Hersteller haben alle tolles Equipment, viele lassen ihre Schläger in den gleichen Fabriken fertigen. Da gibt es keine großen Unterschiede mehr.“

Und Geschichte wiederholt sich bekanntlich. Das meiste, was heutzutage als letzter Schrei aus dem Labor angepriesen wird, hatte nämlich im Lauf der vielhundertjährigen Golfhistorie garantiert einen Vorgänger. Oder einen Prototypen, wenn man so will.

(Foto: Michael F. Basche)

(Foto: Michael F. Basche)

Schon 1902, sehr lange bevor TaylorMade als erster Hersteller mit variablen Schraubgewichten an der Sohle für Furore sorgte und dergestalt Treffmoment wie Ballflug zu optimieren trachtete, ließ sich in den USA ein gewisser Henry Febiger einen Driver patentieren, in dessen ausgehöhltem Kopf etliche lose Kügelchen für vorteilhafte Gewichtsverlagerung beim Schwung sorgten und den Trampolineffekt erhöhten.

Materialmix und verstellbarer Loft

Materialmix war bereits Ende des 19. Jahrhunderts angesagt. Am 3. April 1891 ließ Gummi-Fabrikant William Currie aus Edinburgh sein „Currie Metalwood“ mit einem Kopf aus Kanonenbronze (Kupfer-Zinn-Zink-Legierung) und einem kautschukartigen Einsatz in der Schlagfläche mit der Nummer 5741 als britisches Patent registrieren.

(Foto: Michael F. Basche)

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Bereits 1892 experimentierte der zweifache Open-Champion Willie Park Jr. aus Musselburgh mit extremen Offset-Schlagflächen. Schläger mit verstellbarem Loft gab es – sogar als Eisen von Robert Lish Urquhart – ohnehin schon 1895.

Inquisitorische Folterwerkzeuge

Drumherum kreisen Driver wie Krocket-Hämmer, Hölzer wie Fleischklopfer, Eisen, die Rasenkanten-Stechern gleichen. Manche Ergebnisse des Erfindergeists sind mechanische Wunderwerke, andere ähneln eher inquisitorischen Folterwerkzeugen. Allein über die Genese des Putters und den Aberwitz vieler seiner Kopfformen lassen sich Enzyklopädien verfassen.

Die Zeremonienmeister des heutigen Golf drücken ihren Protagonisten gern antiquarisches Equipment in die Hand, Amüsement durch angewandte Anachronismen sozusagen. Ungleich interessanter wäre es zu erleben, wie sich damalige Golfrecken mit modernem Material schlagen. Tom Morris Jr. beispielsweise, vierfacher Open-Sieger in Reihe, 1875 im Alter von 24 Jahren zu früh verstorben auf dem Weg in die sportliche Unsterblichkeit – seinerzeit ein gewaltiger Driver und gefürchteter Putter, der sich auch im Profizirkus des 21. Jahrhunderts zu behaupten wüsste. Fiktion.

Old Tom Morris’ leises Lachen

Stattdessen hört, wer genau hin lauscht, den „Golf-Allvater“ Old Tom Morris auf den ewigen Fairways über das ganze Marketinggerassel leise lachen: „Ick bün all dor!“

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