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Nicht gut genug für gefittete Schläger? Unsinn zu Lasten des Schwungs

06. Mrz. 2021 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Material diktiert den Schwung. (Foto: Getty)

Material diktiert den Schwung. (Foto: Getty)

Der Frühling ist da, die Plätze sind allerorten wieder offen, die Saison kann endgültig beginnen – höchste Zeit also, mal mit einem seltsamen Irrglauben unter Golfanfängern oder höheren Handicaps aufzuräumen. Es gibt Sportkameraden – m/w/d natürlich –, die allen Ernstes meinen, sie spielten längst nicht gut genug für gefittete Schläger. „Made to Measure“ lohnt sich noch nicht, sei eher was für Fortgeschrittene. Und so weiter. Mit Verlaub, das ist Quatsch. Und geht zu Lasten des Schwungs, beeinträchtigt mindestens den Spaß am Spiel.

Kompensationen, die schwierig rauszukriegen sind

Ein Standardschläger von der Stange mag vielleicht für zehn Prozent der Adepten zufällig passen; alle anderen „gewöhnen sich Kompensationen an, die man später sehr schwierig wieder rauskriegt“, sagt beispielsweise Golflehrer Lukas Exner. „Ein passender Schläger ist sehr wichtig für die Schwungentwicklung“, weiß Exner, der seine Golfschule auf der fränkischen Anlage von Schloss Reichmannsdorf etabliert hat. Und bei Edelmetall in Hamburg entgegnen sie Fitting-Zweiflern gern kurz und bündig: „Gefittete Schläger bringen gerade den Einsteiger weiter. Jemand mit Handicap zwei ist mit seinen bestehenden Schlägern schon auf ein beachtliches Niveau gekommen.“

Eigentlich ist damit schon alles gesagt – schönes Spiel! Ein wenig weiter soll dennoch ausgeholt werden. Gedanken. Argumente. Erkenntnisse.

Statt der Schläger wird die Haltung „gefittet“

Immer wieder kursieren Spekulationen darüber, warum Leute dem Golfsport nach anfänglicher Begeisterung doch wieder den Rücken kehren? Ja, zeitlicher und logistischer Aufwand sind ein Thema, überdies mangelnde Integration und fehlende Angebote, nicht zuletzt gewiss die Attitüden vieler Etablierter. Aber unzureichendes Instrumentarium kann ebenso ein nicht zu unterschätzender Faktor sein.

Es existieren durchaus filigrane, präzise und feingetunte Varianten des grobschlächtigen Prinzips „Was nicht passt, wird passend gemacht“. Doch im Golf kauft sich der Einsteiger vorwiegend irgendwie, irgendwo ein paar x-beliebige Schläger und entert erwartungsvoll die Driving Range. Dort wird dann herumgemurkst, werden Haltung und Bewegungsablauf eher am willkürlichen vorgegebenen Set-up des Equipment ausgerichtet, statt umgekehrt zu verfahren. Als wäre der Golfschwung nicht so schon komplex genug?

Anpassung auf Kosten des Körpers

Das Prinzip „One Size Fits All“ funktioniert halt nur sehr bedingt, wenn Statur, figürliche Proportionen und Hebel den Bewegungsablauf signifikant beeinflussen. Schlimmstenfalls geht das auf Kosten des Körpers. Vergleichbar mit dem Kinder- oder Jugendfahrrad, das schon im Hinblick auf künftige Wachstumsschübe gekauft wird: anfangs kann man ja den Sattel ganz niedrig stellen, wird schon gehen. Geht freilich vor allem auf die Hüft- und sonstige Gelenke von Knöcheln und Knien bis zur Schulter – am falschen Ende gespart.

Individualisierung vor Bekanntheitsgrad

Gefittete Schläger sind nichts für Schnäppchenjäger, das stimmt. Was indes keineswegs heißt, dass Maßarbeit teurer sein muss als Massenware. Hersteller haben Prioritäten: Die einen investieren in Marketing, Branding und einen werbewirksamen Stall von Tourspielern, andere setzen Individualisierung und Performance vor den Bekanntheitsgrad. Oder anders: Ein gefittetes Eisen kann lediglich 100 bis 150 Euro kosten, ein entsprechender Eisensatz von Bernhard Langers neuem Ausrüster Tour Edge zum Beispiel wäre durchaus für rund 900 Euro zu haben (E5-SW).

Material beeinflusst den Schwung

Damit wird das vielgehörte Argument endgültig obsolet, bei entsprechender Entwicklung der Schlagfertigkeit bzw. erst ab einem bestimmten Spiellevel dann auch mal Geld für ein professionelles Fitting auszugeben – Geld, was womöglich zuvor auch stets da war, um mit immer neuen Schlägern, von Driver bis Putter, Schwachstellen im eigenen Spiel ausmerzen zu wollen.

Dabei sind die Kombinationen von Länge, Gewicht, Griff, Flex und besonders der Lie, der Anstellwinkel des Schlägerkopfs zum Schaft, vielfältig wie die Statur der Menschen – und immens ausschlaggebend für die Qualität des Schlags. Andererseits richtet sich der Schwung ebenso automatisch wie unbewusst am Material aus. Und jeder Schwung ist bekanntlich individuell, warum also nicht gleichermaßen die Schläger? Schlechtes Equipment jedenfalls führt unweigerlich zu schlechten Angewohnheiten.

„Es muss sich gut und wiederholbar anfühlen.“

Und dann ist da noch der mentale Aspekt. Die selbst nur vage Ahnung, dass irgendwas nicht passt, erzeugt ganz gewiss kein positives Denken. „Wie angenehm und förderlich hingegen ist ein Gefühl von Stabilität und angenehmen Gewicht“, merkt Lukas Exner an, der seine Unterweisungen auch online gibt, via App, die nur den Golflehrer was kostet. „Es muss sich einfach gut und wiederholbar anfühlen.“


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Im Idealfall konsultiert der Anfänger bereits vor der ersten Unterrichtseinheit einen Fitter oder den Pro, lässt seine „Geometrie“ ausloten und richtet die Wahl der ersten Schläger entsprechend aus. Denn ein maßgenaues Besteck ist Fundament und Gerüst für Konstanz und Fortschritt.

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