Golf Post Premium Panorama

Good Good, Austin und die PGA Tour: „Schöne neue Welt“ im Golf-Establishment

22. Okt. 2025 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Mit den Tour-Stars auf Du und Du: Die Jungs von Good Good haben jetzt ihr eigenes Turnier auf der PGA Tour. (Foto: Good Good/Instagram)

„Brave New World“ ist ein 1932 erschienener Roman des englischen Schriftstellers Aldous Huxley. In dessen negativer Utopie werden die Menschen einer fiktiven Gesellschaft im Jahre 2540 – kurz gesagt – mit allerlei Manipulationen bei Laune und bei der Stange gehalten. Die „schöne neue Welt“ im Profigolf der Männer wiederum begann mit dem Auftauchen der LIV Golf League.

Der Konkurrenz-Circuit, geboren aus dem geopolitischen Prestigebedürfnis einer mit Öl zu Geld gekommenen Monarchie und den sportpolitischen Ambitionen ihres Wirtschaftswesirs, begünstigt von der vermeintlichen Monopolstellung des Golfestablishments, geradezu herausgefordert von dessen selbstgefälliger Ignoranz und genährt durch die Unwilligkeit zu jedweder Reflexion und Reform, leitete eine Zeitenwende ein.

Schutzwall aus Etikette und vermeintlicher Ehrbarkeit

Und plötzlich bekam das Gefüge Risse. Jahrzehntelang hatte besagtes Establishment es sich samt seiner Versäumnisse und etlicher Leichen im Keller hinter diesem Schutzwall aus Etikette und vermeintlicher Ehrbarkeit bequem gemacht und sich dank steuerlicher Vergünstigungen in dieser Trutzburg wohlig eingerichtet. Von „Golf. But louder“ aufgeschreckt, mussten auf einmal immer mehr Dollarbündel her, um die Löcher in der Bastion zu stopfen, auf dass der Wind of Change nicht weiteren Mörtel, sprich Spieler, aus den Fugen des Konstrukts namens PGA Tour weht.

Das PIP als Büchse der Pandora

Erinnern Sie sich noch an das PIP, das Player Impact Program, mit dem die Wirkweise der Tour-Stars in den sogenannten sozialen Medien und damit in der Öffentlichkeit belohnt werden sollte? Ein englisches Online-Portal schrieb mal, PIP stehe für alles, was im Profigolf falsch läuft.

Man könnte auch sagen, die PGA Tour habe damit für sich eine Art Büchse der Pandora geöffnet, aus der die ohnehin grassierende Seuche von Momentsgier, Augenblickshybris, Effekthascherei und Selbstdarstellung – aka soziale Medien – vor allem ungefiltert ins Nervensystem des Golfsports einsickert.  YouTuber und andere Influencer reüssieren im Kielwasser der verringerten Aufmerksamkeitsspanne des Rezipienten.

„Am Tropf der Content-Camarilla"

Überspringen wir ein paar Jahre, in denen das dünne Rinnsal zu einem reißenden Strom geworden ist, auf dem beispielsweise Bryson DeChambeau erfolgreich surft. Streifen wir allenfalls den einstigen Twitterkönig Max Homa und dessen muntere Sprüche, der dem Medium ohnehin abgeschworen hat. Erinnern wir uns stattdessen an die Creator Classic, dieser Turnierserie für YouTuber und Golf-Influenzer, die im Zuge der neuen Welle immer bedeutsamer wurden.

Schon vor etlichen Monaten haben wir diesbezüglich notiert: „Früher segelte die Internetblase im Kielwasser des Sports und buhlte um bunte Bildchen, heute hängt die Tour am Tropf der Content-Camarilla, die sich Golfprofis kauft, wie es ansonsten Werbepartner und Sponsoren tun.“ Und weiter hieß es: „Man könnte angesichts solcher Paradigmenwechsel, des Wandels grundlegender Rahmenbedingungen, auch sagen: Hier wedelt neuerdings der Schwanz mit dem Hund. Der wiederum versucht sich recht hilflos an einem Eigenleben, hat aber längst kapituliert.“

Die Schlauheit des Fuchses und die Dummheit der Gänse

Daran hat sich nichts geändert. Bis heute irrlichtert die PGA Tour durchs moderne Medienmilieu, mit einem für 50 Millionen Dollar installierten eigene Produktionszentrum im Schlepptau, das Live-Übertragungen, Kurzvideos, Dokumentationen und Social-Media-Inhalte aufbereiten soll, aber bislang seine Existenberechtigung noch nicht dokumentiert hat. Stattdessen wanzt man sich weiterhin an die neuen Medienmachthaber heran, die vor Lachen kaum in den Schlaf kommen dürften. Die Schlauheit des Fuchses beruht bekanntlich zu 90 Prozent auf der Dummheit der Gänse.

Zwei Millionen Abonnenten, …

Jetzt haben die YouTuber also auch bald ein eigenes Turnier auf der PGA Tour. Im November kommenden Jahres steigt im texanischen Austin die Good Good Championship. Alle Achtung, die seit 2020 offiziell als Golf-Entertainment-Unternehmen agierende Rasselbande um das Gründerduo Garrett Clark und Matt Kendrick hat’s wahrlich geschafft. Der YouTube-Goliath hat mittlerweile rund zwei Millionen Abonnenten, dreht Videos mit Tiger Woods, Rory McIlroy, lässt Golfprofessionals als Testimonials für die eigene Bekleidungskollektion antreten und sogar „Jahrhundertgolfer“ Jack Nicklaus in einen Good-Good-Hoodie schlüpfen.

 

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… 45 Millionen von Manning und Co.

Clark, Kendrick und Co. kooperieren mit Callaway, sind Anteilseigner beim TGL-Team Los Angeles Golf Club und generell offenbar so prospektiv, dass eine Investorengruppe um den Ex-Football-Star Peyton Manning unlängst 45 Millionen Dollar für globale Expansion, Marketing und Merchandise eingeschossen hat. Als Turnierpartner der PGA Tour ist Good Good jetzt endgültig in die Beletage des Profigolf aufgestiegen.

Klar, dass die Bonzen aus Ponte Vedra Beach das schönreden. Sie selbst kriegen es offenbar nicht hin. Was Wunder, steife Anzugträger und eine junge, hippe, in Apps konsumierende Zielgruppe passen nicht zusammen. Hier soll’s die Reichweite der YouTuber richten. „Diese Jungs bieten beste Golfunterhaltung“, sagt selbst Rory McIlroy, der als Mitbegründer der TGL dieselbe Fanbase adressiert.

Kapitulation vor dem Klamauk?

Und ja, vielleicht muss das alles so sein. „Brave New World“: Warum soll die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung vor dem Profigolf halt machen? Das  Creator-Korps ist längst zum neuen Kraftfaktor bei der virtuellen Vermittlung des Spiels avanciert. Bleibt abzuwarten, in welchem Ausmaß, in welcher Form von Selbstaufgabe sich das vollzieht. Was da gerade stattfindet, riecht ein bisschen nach Kapitulation vor dem Klamauk.

Oder anders: Die PGA Tour liefert sich einer Entwicklung aus, die eher einem Placebo gleicht und deren Halbwertzeit nicht abzusehen ist. Denn eines steht fest: Flüchtigkeit ist im modernen Medienmilieu elementar, morgen wird eine andere Sau durchs digitale Dorf getrieben. Substanzielle Kundenbindung ist das nicht.

Der andere Ansatz der DP World Tour

Gutmenschen werden einwänden: Man muss halt mit der Zeit gehen. Dagegen steht das Beispiel der DP World Tour, wenngleich die nicht in den Dimensionen der PGA Tour unterwegs ist. Doch Virginia Water verfolgt womöglich den nachhaltigeren Weg, wenn neue Märkte und Zielgruppen tatsächlich geostrategisch angepeilt werden – siehe das erfolgreiche Premieren-Gastspiel in Indien vergangene Woche.

Und wenn schon mit der Zeit gegangen werden muss, was wahrscheinlich alternativ los ist: Wie wär’s denn mal mit generellen Reformen der Turnierstruktur? Mit strafferen, schnelleren, munteren, zeitgemäßeren Formaten, mit mehr Matchplay beispielsweise, so schwierig das für Sponsoren und TV-Partner sein mag? Wir fragen für einen Freund …


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