Golftraining

Birdietrain im Interview: „Golfer müssen davon ausgehen, dass ihre Annahmen falsch sein können“

13. Aug. 2021 von Birdietrain in Köln, Deutschland

Lukas Eisinger (r.) und Joscha Lampe (l.) von Birdietrain im Interview. (Fotos: Birdietrain)

Lukas Eisinger (l.) und Joscha Lampe (r.) von Birdietrain im Interview. (Fotos: Birdietrain)

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Joscha Lampe und Lukas Eisinger haben über ihre Online-Trainingsplattform Birdietrain zahlreiche Golfschwünge analysiert und arbeiten intensiv mit Golfern zusammen, um deren Golfspiel zu verbessern. Im Interview mit Golf Post erklären sie, warum es so wichtig ist, einem von Experten ausgearbeiteten Trainingsplan zu folgen und welche Fehlannahmen Golfer häufig vom Erfolg abhalten.

Joscha Lampe und Lukas Eisinger von Birdietrain im Interview

Golf Post: Was sind häufige Gründe, weshalb ich mit meinem Training nicht weiter komme?

Birdietrain: Allein in 2020 haben wir mit einer vierstelligen Zahl an Golfern gesprochen und auch deswegen eine recht eindeutige Antwort. Auf der Metaebene bestehen folgende wesentliche Probleme: Wenn der Golfer ehrlich zu sich ist oder alternativ wir ehrlich zu ihm sind, ist ihm fast immer der Weg hin zu einer Verbesserung eigentlich nicht vollständig klar. Es scheitert also bereits an der Frage: Was muss ich in welcher Reihenfolge ändern? Manchmal sind Golfer auch überzeugt diesen Weg für sich sicher zu kennen. In der Regel sind diese Golfer aber deutlich weiter von einem zielführenden Weg entfernt als Golfer, die zwar einen groben Plan haben, aber einfach Restzweifel haben und diese auch äußern.

Ab und zu ist allerdings tatsächlich jemand dabei, der ziemlich gut versteht, was er in welcher Reihenfolge verbessern muss. Meistens ist es dann wiederum jedoch so, dass derjenige schon seit Langem diese tatsächlich relevanten Aspekte in seinem Training bearbeitet und trotzdem nicht vorankommt. In diesen Fällen scheitert die Umsetzung am „Wie“, also wie trainiert wird.

Das ist auch nicht anders zu erwarten, da man als Golfer aus verschiedenen Gründen häufig nicht ausreichend darin ausgebildet wird, die Prinzipien zu verfolgen, die man verfolgen muss, um in die Umsetzung der eigentlich richtigen Dinge zu kommen.

Das notwendige Verständnis für das richtige Denken und das richtige Handeln im eigenen Training haben wir in ca. 40 Videos in einem eigenen Modul zusammengefasst. Da bekommt man die Anstöße, die vielen Golfern oft fehlen, um einen eigentlich guten Plan dann auch in der Praxis umsetzen zu können.

Erst in der Praxis werden die wichtigen Erfahrung gesammelt, die sich dann beim Spieler einprägen. Es kann also sein, dass man als Golfer zwar weiß, was man trainieren muss und derjenige vielleicht nur ein wesentliches Prinzip für die Umsetzung nicht kennt oder missachtet und allein deswegen nicht so vorankommt, wie er es eigentlich mit seinem Einsatz verdient hätte.

Golf Post: Gibt es häufige Schwungfehler, die innerhalb weniger Minuten oder Stunden per „Quick Fix“ zu beheben sind? Für welche Fehler braucht man Wochen, vielleicht sogar Monate, um sie abzustellen?

Birdietrain: Der Golfschwung ist ein automatisiertes motorisches Muster. Das lässt sich nicht so einfach ändern, vor allem, wenn man den Anspruch hat, schon nach wenigen Schlägen neue Elemente, ohne darüber nachzudenken, abrufen zu können. Das funktioniert in der Regel nicht. Trotzdem kann man aber häufig akute Ballflug- und Ballkontaktprobleme in der Hinsicht sehr schnell lösen, wenn es darum geht jemanden dahin zu bringen, das umsetzen zu können, was sein Problem löst. Das kann auch schon nach einem Schlag funktionieren.

Die Schwierigkeit besteht darin, den Golfer nicht nur einmal in die Umsetzung zu bringen, sondern ihm dabei zu helfen, dass er auch beim eigenständigen Üben weiss, wie er konstant die richtige Bewegung ausführt und optimal trainiert. Das gestaltet sich dann in der Praxis häufig doch schwieriger, weil Golfern wesentliches Wissen über entscheidende Prinzipien für zielführendes Training nicht bekannt ist.

Golf Post: Gibt es Fehlannahmen, Irrtümer oder falsche Vorstellungen, die Golfer bezüglich Golftraining haben?

Birdietrain: Golf ist prädestiniert für Fehlannahmen, Irrtümer und falsche Vorstellungen. Das ist bei allem so, was sehr komplex ist. Alle Mythen im Golf aufzuschlüsseln, könnte ein ganzes Buch hervorbringen. Es ist sehr einfach falsche Rückschlüsse im Golf zu ziehen. Das ist auch einer der wesentlichen Gründe, warum die meisten Golfer weit hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben. Es ist wichtig, Golfer darin zu sensibilisieren, dass sie ohne konkrete Erläuterungen und das Absegnen eines echten Experten davon ausgehen müssen, dass ihre Annahmen trotz aller scheinbaren Logik und trotz der bestätigenden Meinung vieler anderer Golfer auch falsch sein können. Je besser sie unterstützt werden, desto geringer ist die Gefahr, diesen Mythen oder falschen Vorstellungen zu folgen und dadurch sehr viel Zeit zu verlieren und Frust anzuhäufen.

Einer von unzähligen Irrtümern ist die Suche nach dem einen Schlüssel für den Schwung. Diesen gibt es nicht. Es gibt allerdings einen klaren Plan, strukturiert an der Verbesserung der natürlich höchst individuellen Ursache-Wirkungsketten zu arbeiten, um den Schwung und damit das Spiel mittelfristig auf ein neues Niveau zu heben. Diesen Prozess wird man allerdings erst dann angehen, wenn man nicht fälschlicherweise glaubt, eigentlich zu wissen, woran es hapert.

Golf Post: Wie trainiere ich effizient und effektiv, um das Beste aus der Zeit rauszuholen, die ich investiere?

Birdietrain: Wie effektives Training für eine bestimmte Person aussieht, lässt sich pauschal nicht sagen. Es hängt stark von der jeweiligen Situation eines Spielers, dem Stadium des Trainingsprozesses und auch von den Zielen des Spielers ab. Wenn man die Person und die Ziele eines Spielers als Trainer verstanden hat, weiß der Trainer was innerhalb eines größeren Plans der nächste Schritt für den Spieler ist.

Weiterhin ist es so, dass die Art des Trainings während der Weiterentwicklung eines Spielers sich auch verändert. Jemand, der eine technische Limitierung hat, arbeitet zunächst an seiner Technik auf der Range. Je besser er darin ist zum Beispiel weniger von außen zu kommen, desto mehr verknüpft er die Technikveränderung mit einer dazu passenden Fähigkeit wie ggf. der Fähigkeit den Ball gerade und nicht mehr zu weit links starten zu lassen. Somit kann der Golfer auch dazu übergehen vermehrt gezielt diese Fähigkeit zu trainieren, also den Ball weniger links starten zu lassen. Je besser derjenige mithilfe der verbesserten Technik darin wird die Startrichtung zu kontrollieren, desto mehr geht er dazu über ergebnisorientiert auf der Range zu trainieren, um dann die verbessere Technik und die verbesserte Fähigkeit im nächsten Schritt immer mehr auf dem Platz anzuwenden.

Dabei trainiert er dann auf Basis der aktuellen Fähigkeiten den Umgang und die Anwendbarkeit mit der bestehenden Technik auf dem Platz. Während des Spielens auf dem Platz hilft möglicherweise wiederum die Implementierung von mentalen Aspekten, Mindset Aspekten oder Dingen wie einer geeigneten Pre-Shot-Routine. Folglich ist es entscheidend zu verstehen, wo im Trainingsprozess der Spieler aktuell steht und welche Trainingsimpulse dementsprechend gerade gefordert sind. Es gilt hier also die passende Abstimmung einzelner Trainingsformen zu einer bestimmten Zeit für eine jeweilige Person zu finden.

Golf Post: Sollte ich am Ende der Saison bzw. im Winter anders trainieren, als im Frühjahr oder Sommer?

Birdietrain: Wir sind grundsätzlich Verfechter der Einstellung, permanent an dem zu arbeiten, was einen als Golfer besser macht. Dabei ist es zunächst zweitrangig, welche Jahreszeit gerade ist. All unsere Schüler freuen sich über kurzfristige Ergebnisse, allerdings ist vielen von ihnen die Langfristigkeit am wichtigsten. Wenn man als Spieler passend ausgebildet wird, schließt das Verfolgen von langfristigen Zielen das Erreichen von kurzfristigen Zielen auch nicht aus. Golfern wird relativ häufig ein zu starres Bild von Techniktraining im Winter und Anwendung im Sommer vermittelt. Sofern eine der wesentlichen Schwächen in der Technik eines Golfers liegt, was in der Regel der Fall ist, macht es auch im Sommer Sinn, intensiv daran zu arbeiten. Klare Schwächen bearbeitet man in der Regel am besten sofort.

Eine wichtige Voraussetzung muss dabei allerdings gegeben sein: das Techniktraining darf nicht mit dem Spielen auf dem Platz verwechselt werden. Ein Spieler muss darin ausgebildet werden, trotz Techniktrainings auf dem Platz immer sehr pragmatisch zu denken und zu handeln, um aufkommende Probleme und Situationen auch sofort bestmöglich lösen zu können. Es ist eine Fähigkeit in sich auf dem Platz bestmöglich zu scoren, dessen Entwicklung genauso permanent im Fokus steht sollte, wie die Technikentwicklung oder andere Aspekte.

Wer Techniktraining so gestaltet als würde er auf dem Platz spielen, macht etwas falsch und wer so auf dem Platz spielt als würde er Techniktraining machen, macht auch etwas falsch. In unserem 5-Schritte-Programm bilden wir Golfer im 1 zu 1 Coaching darin aus, sich umfassend weiterzuentwickeln zu können.

Golf Post: Was habt Ihr aus der Arbeit mit vielen unterschiedlichen Golfern gelernt?

Birdietrain: Weltweit hat in 2020 wahrscheinlich kaum jemand mehr Golfer und deren Schwünge analysiert als wir das getan haben. Das ist schließlich nur möglich, weil Golfer ein gewisses Maß an Interesse für unsere Philosophie zeigen und auch ein gewisses Maß an initialem Vertrauen in uns haben. Das, was wir durch die Zusammenarbeit mit unseren Schülern gelernt haben, lässt sich sicherlich nicht in ein paar Zeilen zusammenfassen. Dennoch gibt es ein paar Highlights für uns von denen wir hier berichten können.

Eine Erkenntnis, welche uns als Trainer freut und bestärkt, konnten wir durch unsere relativ große Reichweite klarer realisieren: es gibt erstaunlich viele Golfer, die sich ernsthaft mit Golf auseinandersetzen und einfach großen Spaß daran haben, die Herausforderung anzunehmen im Golf immer besser werden zu wollen. Dadurch haben wir die Möglichkeit unsere Philosophie als Trainer nicht zu sehr verwässern zu müssen, um dem Querschnitt eines Golfclubs gerecht zu werden. Im Gegenteil! Wir können unser System immer besser auf Golfer zuschneiden, die ein recht hohes Maß an Einsatz und Interesse mitbringen.

Weiterhin verstehen wir immer besser, warum die Online-Zusammenarbeit mit Golfern im Schnitt so viel bessere Ergebnisse im Vergleich zu der klassischen Unterrichtsform bringt. Wir versuchen das natürlich auch weiterhin immer besser zu verstehen, um unser Training weiter zu optimieren, aber die Kombination aus dem Erkennen und Verbessern der komplexen Ursache-Wirkungsketten gepaart mit häufigem Feedback, einem klaren und sinnvollen Plan für den Spieler, mehr Eigenverantwortung des Spielers und wesentlich mehr inhaltlichen Anstößen zusätzlich zum Techniktraining in den verschiedenen Bereichen des Golfspiels, funktioniert sehr gut.

Sicherlich ist der wesentliche Teil der Erfolge aber auch auf das Finden von interessierten und grundlegend motivierten Golfern zurückzuführen. Die Bewerbungen, die für eine Online-Zusammenarbeit mit Birdietrain eingehen, sind zum Teil wirkliche Highlights. Es macht aktuell schon besonderen Spaß die Leute zu unterstützen, die letztendlich bei uns im Training landen. Um also die Frage mit einem Satz zu beantworten: Wir haben gelernt dankbar für die Schüler zu sein, mit denen wir aktuell zusammenarbeiten dürfen.

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