Golf-Stars

Florian Fritsch: „Golf könnte eine tolle Freizeitbeschäftigung für Familien sein“

27. Aug. 2019 in Eichenried, Deutschland

Florian Fritsch im exklusiven Interview mit Golf Post. (Foto: Allianz / Tobias Kuberski)

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Im Zuge der BMW International Open 2019 traf sich Golf Post mit dem deutschen Profi Florian Fritsch. Der 33-Jährige, der sich mit 12 Jahren dazu entschied, Golfprofi zu werden, spricht über die Entwicklung den Golfsports im allgemeinen, über die Entwicklung im Jugendbereich und geht darauf ein, welche Rolle große Partner wie die Allianz in diesem Prozess spielen. Des Weiteren spricht er über die Olympischen Spiele und über seine Pläne nach seiner aktiven Zeit.

Florian Fritsch im Interview

Golf Post: Wie beurteilst du die Jugendförderung in Deutschland?

Florian Fritsch: Es wird immer professioneller. Dinge, die früher den Profis exklusiv vorbehalten waren, wie zum Beispiel ein Management, finden immer mehr Zugang zu den unteren Altersklassen. Zu meiner Zeit hat man sich getroffen und eine Stunde an seinem Spiel gearbeitet, heutzutage werden die Jungs schon mikro- und makromäßig gemanaged und so etwas wie ein Karriereweg vorgezeichnet. Wenn das nächste Level erreicht werden soll, gibt es klare Meilensteine bzw. Fähig- und Fertigkeiten, die entwickelt werden müssen. Und darauf wird hingearbeitet. Wir beobachten eine immer weiter fortschreitende Professionalisierung, auch in den unteren Altersklassen. Diese Entwicklung ist sehr wünschenswert, da sie eine Menge Struktur in die Entwicklung bringt. Diese Ressourcen können von einem Individuum aber nur dann maximal genutzt werden, wenn es vorher gelernt hat, damit umzugehen. Also einschätzen zu können, wann man eine Pause braucht oder wo man in seinem Spiel noch Verbesserungspotential sieht. Einfaches Beispiel: Ich bin zehn Jahre alt und möchte Profi werden. Dann habe ich einen Manager, einen Schwungtrainer, einen Ernährungsberater usw. aber ich kenne mich selbst noch gar nicht. Dann werde ich niemals lernen, mich selbständig zu entwickeln.

Golf Post: Innerhalb des Golfsports hat man, wie gerade von dir angesprochen, tolle Strukturen geschaffen. Beim Blick nach außen sieht man jedoch, dass die Mitgliederzahlen stagnieren, teilweise sogar sinken. Was muss passieren, um neue Leute für den Sport zu begeistern?

Florian Fritsch: Nummerisch ist der DGV der neuntgrößte Sportverband in Deutschland. Deswegen sind wir, entgegen der Aussage eines ehemaligen Innenministers, keine Randsportart, sondern wir gehören zur Top 10 in Deutschland. Das ist der erste Punkt, den wir nicht verkennen dürfen. Zweitens ist Golf aufgrund seines hohen Privatfinanzierungsanteils sehr teuer. In den meisten Golfclubs existieren noch finanzielle Hürden wie eine Einschreibegebühr oder eine Investitionsumlage. Das sind noch Überbleibsel aus einer alten Zeit, die sozialverträglich angepasst gehören. Wir müssen es schaffen, dass die finanziellen Hürden geringer werden. Zusätzlich gibt es kaum eine Sportart, in welcher so unterschiedliche Spielstärken zusammen in einem Flight spielen können, ohne voneinander abhängig zu sein. Dadurch hat es einen großen Vorteil aus der familiären Sicht und dies gilt es in den Vordergrund zu stellen. Mir hat es riesigen Spaß gemacht, als ich früher gemeinsam mit meinem Bruder gegen meine Eltern gespielt habe. Golf könnte eine tolle Freizeitbeschäftigung für Familien sein. Dazu müsste aber eine Art Willkommenskultur geschaffen werden. Als ich meinen Sohn bei einem Golfclub angemeldet habe, musste ich drei Bürgschaften in das Anmeldeformular schreiben. Zusätzlich war es in diesem Golfclub noch normal, ein Interview mit dem Präsidenten des Clubs zu halten, um zu prüfen, ob diese Person charakterlich in den Club passt. Wenn man diese ganzen Relikte aus der Vergangenheit tilgt, bekommen wir die Hürden auf der persönlichen Ebene gesenkt. Der Wechsel wird aber zwangsläufig kommen, es ist nur eine Frage der Zeit. Wir müssen es nur vorsichtig angehen und nicht auf einen Schlag alles töten, was die Grundlage der "alten Mitgliedschaft" war.

Golf Post: In welcher Altersklasse sollten wir da ansetzen? Was können wir unternehmen, um Studenten vom Sport zu begeistern?

Florian Fritsch: Ich glaube die Finanzstruktur muss auf die Lebenssituation der Personen angepasst werden. Ein Student wird nicht in der Lage sein, 1.500 Euro für eine Mitgliedschaft zu zahlen. Die meisten Studenten spielen eher in Mannschaften, wo die Mitgliedschaft subventioniert wird. Ich glaube, wenn wir mehr Mitglieder haben wollen, schaffen wir dies nicht über den Jugendbereich, sondern über junge Familien. Es muss erschwinglich gemacht werden, sodass junge Familien den Golfsport wieder als Freizeitaktivität nutzen. Dies lässt sich einmal über eine Senkung der finanziellen Hürde und zweitens über eine deutlich kinderfreundlichere Atmosphäre erreichen. Also um deine Frag zu beantworten: Im Bereich von 10 bis 35 Jahren sollten wir ansetzen, also junge Eltern mit ihren Kindern.

Golf Post: Wenn du dir offensichtlich bereits viele Gedanken zu diesem Thema gemacht hast: Kannst du dir vorstellen nach deiner aktiven Karriere in diesem Bereich zu arbeiten?

Florian Fritsch: Definitiv! Ich habe sehr viel Spaß daran und habe mir schon viele Gedanken über dieses Thema gemacht. Wenn ich zwischen Barcelona und München hin- und herfahre, habe ich ja auch genügend Zeit dazu. Zusätzlich habe ich mir die Leistungssportkonzeption des DGV durchgelesen und mit dem einen oder anderen Club zusammengearbeitet, um im Hintergrund die Konzeption zu entwickeln. Also ich habe da großes Interesse dran und könnte mich sehr gut vorstellen mich, egal in welcher Funktion, in diesem Gebiet einzubringen. Zusätzlich könnte ich mir noch vorstellen Coaching zu machen, da gibt es ganz viele Dinge, die man machen kann.

Golf Post: Das Rheinland und das Ruhrgebiet bereiten gerade gemeinsam eine Olympiabewerbung für vermutlich 2036 vor. Glaubst du, dass so etwas dem Golfsport nochmal einen Push geben könnte?

Florian Fritsch: Ja, weil es einer breiten Bevölkerungsschicht präsentiert wird. Problematisch finde ich nur wie es aufgezogen wird. Aktuell wird in einem Format wie bei den Tour-Turnieren gespielt. Heißt: die Leute haben dann diesen Stereotypen vor Augen, der von hochkarätigen Kleidungsherstellern gesponsert wird und nach dem Spiel hinter irgendwelchen Absperrungen verschwindet, auf denen "VIP/Players only" steht. Dies befeuert genau dieses Bild, welches ungünstig für den Sport ist. Wir müssen es schaffen, rein aus Imagegründen, dass dieses Bild verschwindet. Vielleicht könnte man mit den großen Partnern sprechen und sie davon überzeugen, dass es im Sinne der Zuschauer ablaufen sollte und nicht darum geht, dass die Spieler etwas repräsentieren, außer ihr eigenes Land.

Golf Post: Das könnte dazu führen, dass einige Spieler gar nicht erst antreten, weil sie ihren Sponsor nicht auf der Brust tragen dürfen.

Florian Fritsch: Deswegen muss man mit den Partnern und Firmen sprechen. Man könnte doch ganz einfach den Olympischen Gedanken hochhalten: Während der Olympischen Spiele durfte kein Krieg ausgetragen werden. Es gibt weniger physische Kriege als damals, also könnte man diesen Gedanken abstrakt sehen und man trägt auch keine Wirtschaftskriege während der Spiele aus. Ich bin mir sicher, dass die Firmen diesen Gedanken unterstützen würden. Die wissen ganz genau, wenn sie nur ökonomisch agieren, ohne Engagement für die Leute, stirbt ihre Firma. Denn keine Firma, die nur auf Geld aus ist, wird überleben, weil sie Menschen braucht, die für sie arbeiten. Es muss klar gemacht werden, dass es bei den Olympischen Spielen um keine Imagekampagne geht, sondern um die älteste Sportveranstaltung, die die Erde kennt.

Golf Post: Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Robin Bulitz.

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