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Der neue USGA-Boss: Whan steht für Wandel

19. Feb. 2021 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Mike Whan übernimmt im Sommer den Posten des CEO der USGA. (Foto: Getty)

Mike Whan übernimmt im Sommer den Posten des CEO der USGA. (Foto: Getty)

Ein bisschen hätte man es erwarten können: Erst verkündet Mike Davis seinen Rückzug als CEO des amerikanischen Golfverbands USGA, dann hängt Michael Whan den Job des LPGA-Commissioners an den Nagel – um diese Woche von USGA-Präsident J. Stuart „Stu“ Francis als Davis-Nachfolger vorgestellt zu werden. Und im Nachhinein sagt jeder: Na klar, das passt. Da findet zusammen, was zusammengehört. Gefolgt von der Frage: Was ist zu erwarten vom nunmehr achten Skipper auf der Brücke der Golfbehörde?

„Superstar“ unter den Golf-Machern

Whan steht für Wandel. Das ist die Antwort in Kürze. Der 56-Jährige ist für das US-Portal „Global Golf Post“ ein „Superstar“ unter den Golf-Machern, weil er die von internen Querelen und wirtschaftlichen Problemen gebeutelte LPGA seit seiner Übernahme 2009 zu einem prosperierenden Produkt machte, das heuer bei den 34 Turnieren ein Rekordpreisgeld von 76,45 Millionen Dollar ausschüttet, zudem auch die Corona-Klippen souverän umschifft.

So schlecht steht die USGA bei weitem nicht da, wenn Whan im Sommer das Kommando übernimmt; Präsident Francis hat den Schwerpunkt der Stellenbeschreibung allerdings deutlich formuliert: „Die Menschen wollen Veränderung. Dennoch muss der Kern der USGA gewahrt bleiben. Mit Mike Whan bekommen wir genau das. Er hat ein brillantes Verständnis für Entwicklungen und die gerade in diesen Zeiten unschätzbare einzigartige Fähigkeit, eine Organisation perfekt darauf auszurichten.“

Mehr Verwalter denn Visionär

Mike Davis lieferte dergleichen eher nicht. Als Chef von rund 450 Mitarbeitern im „Golf House“ in New Jersey war der heute 55-Jährige mehr Verwalter denn Visionär. In seine Amtszeit fällt das – zugegeben, vom R&A in St. Andrews mitgetragene – Gehühner ums Anchoring beim Putten ebenso wie eine Regelreform mit seltsamen Sitzpositionen beim Droppen, gleichwohl ungelösten Altproblemen (Ball im Divot) und ohne merkliche Erleichterungen.

Dazu die anfänglich kryptische und krude Moderation der Distanzdebatte. Oder der Regelrummel um Dustin Johnson in Oakmont 2016. Und nicht zuletzt die Verschandelung an sich großartiger US-Open-Schauplätze wie Chambers Bay, Erin Hills oder Shinnecock Hills durch ein besserwisserisch fehlgeleitetes Set-upbei dem der frühere USGA-Turnierdirektor selbst als CEO sein Faible für die Platzgestaltung auslebte. Was im Übrigen ein schräges Licht auf Davis‘ Ambitionen als Golfplatzdesigner wirft, der künftig in einer gemeinsamen Firma mit Tom Fazio II zum Geschäftsmodell machen will, was ihn bereits als Kind begeisterte.

Klare Ansage, dann den Ball verteilen

Jedenfalls sind Hohn und Spott der Spieler verstummt, seit John Bodenhamer als verantwortlicher Turnierdirektor für das Major und die sonstigen Meisterschaften der USGA fungiert. Ein gutes Stichwort, um den Fokus wieder auf Mike Whan zu richten. Der hat seinen Führungsstil klar umrissen. „Mein Vater pflegte zu sagen: Du musst einen Plan haben, Entscheidungen treffen, im ,Huddle‘ klare Ansagen machen und dann dafür sorgen, dass der Ball in die richtigen Hände kommt“, bemüht er den Vergleich mit einem American-Football-Quarterback in der Spielertraube vor dem nächsten Spielzug.

Will heißen: „Kommt mir nicht mit Regelsachen, dafür gibt es unseren zuständigen Direktor Thomas Pagel. Oder mit Turnierangelegenheiten, wenn John Bodenhamer neben mir sitzt. Das sind keine Konstellationen, die ich akzeptieren muss, sondern über die ich mich freue.“

Ein Mann der Transformation

Whan ist ein Mann der Transformation, des Prozess- und Paradigmenwechsels. Beim ersten Gespräch mit den USGA-Oberen feuerte er direkt mal ein paar steile Thesen ab, erzählte später: „Ich habe versucht, sie zu überrumpeln und aus dem Konzept zu bringen, um zu demonstrieren, wie sehr ich anders ticke.“

Mit dem Neuen bekommt der Verband erstmals einen „Outsider“, nachdem bislang ausschließlich Eigengewächse die Geschäfte führten; Davis beispielsweise trug 31 Jahre lange den „blauen Blazer“, der als Synonym für Funktionärswesen und tradierte Sichtweisen steht. Mike Whan hingegen gilt als Gegenentwurf: tief verhaftet in diesem Sport, „der mein Leben so geprägt hat“, gleichzeitig einer, der weit über den Tellerrand hinaus schaut. Man möchte ihn Querdenker nennen, wenn der Begriff nicht mittlerweile eine negative Konnotation hätte.

Genau die gewünschte Mischung

Er kam aus der Industrie und ist bestens vernetzt, war bei TaylorMade, Wilson, Procter & Gamble sowie CEO eines Eishockey-Ausrüsters, bevor er die LPGA übernahm, dort seine strategische Kompetenz nachdrücklich demonstrierte und allerorten hohe Sympathiewerte einheimste. Whan wuchs mit Caddie-Jobs und als talentierter Nachwuchsspieler auf, studierte in Miami Volks- und Finanzwirtschaft.

„Er ist ein guter Zuhörer. Er ist ein guter Redner. Er ist nicht anmaßend. Er ist energisch. Er knüpft sinnvolle langfristige Beziehungen und Partnerschaften. Er ist charismatisch. Er ist eine Person mit einem großen Bild. Er kann Leute umdrehen“, beschreibt ihn Michael Bamberger bei „Golf.com“. Genau diese Mischung wollte die USGA haben.

„Ich will einer sein, der den Unterschied ausmacht“

Und ebensolche Führungspersönlichkeiten braucht der Golfsport. Leute, die marschieren, indes gleichzeitig zuhören und einbinden können. Mike Whan war ein Glücksfall für die LPGA und könnte zum Glücksfall für die USGA werden. Er hat die Persönlichkeit und das Potenzial, den Sport und das Spiel neu auszurichten – fernab offensichtlicher Aufgaben wie der Distanzkontrolle oder dem Umzug nach North Carolina ins neue Hauptquartier im Pinehurst-Resort.

„Ich habe das Gefühl, dass noch ein großes Ding auf mich wartet“, sagte Whan bei der Verkündung seiner Demission als LPGA-Commissioner. „Ich will wieder das Lampenfieber, die Nervosität einer besonderen Herausforderung spüren.“ Vor allem aber „will ich einer sein, der in diesem Sport den Unterschied ausmacht“.

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