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Bryson DeChambeau und seine Verletzungen: Ist der „Hulk“ schon am Ende?

10. Feb. 2022 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Ist Bryson DeChambeau schon am Ende? (Foto: Getty)

Ist Bryson DeChambeau schon am Ende? (Foto: Getty)

Er hatte es geahnt, und seine Vermutung bestätigte sich umgehend: „Ich weiß, dass die Leute mir nicht glauben; aber es hat nichts damit zu tun, dass ich zu lang schlage“, schrieb Bryson DeChambeau nach seiner verletzungsbedingten Aufgabe beim Saudi International via Instagram. Stimmt. „Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“, ließ Goethe schon seinen Faust sprechen; warum soll’s im Fall von DeChambeau anders sein.

Bryson DeChambeau: „Beruhigt Euch mal alle!“

Wahrscheinlich hatte er nach dem Posting am vergangenen Samstag den Bildschirmschoner seines Handys noch nicht wieder aktiviert, da wucherten schon die ersten Spekulationen ins Kraut: Zollt der 28-Jährige seinem abnormen Training Tribut? Hält der in kürzester Zeit förmlich mutierte Körper des Weltranglisten-Elften den enormen Belastungen von Schwunggeschwindigkeiten jenseits der 200-km/h-Marke und Schlagweiten über die 320-Yards-Marke hinaus nicht mehr stand? Kurz: Ist der „Hulk mit dem Holz“ schon am Ende?

BDC selbst will davon natürlich nichts wissen. „Beruhigt Euch mal alle!“, empfahl der Profi aus Dallas seiner Fangemeinde; er sei Anfang der Woche unglücklich ausgerutscht und auf die linke Seite gefallen, habe dabei Handgelenk und Hüfte in Mitleidenschaft gezogen. „Ich komme in ein paar Wochen wieder, stärker und besser als je zuvor.“ Man kennt den Abschied von „Terminator“ Arnold Schwarzenegger: „I’ll be back!“ Und dann erlischt das rot glühende Auge des Androiden … Die Metapher drängt sich förmlich auf.

„Nicht gut genug gekümmert“

Weil’s bei der Chronologie hakt. Bryson DeChambeau mag gestolpert sein – indes, vor allem die Probleme mit dem linken Handgelenk hatte er bereits zuvor. Eben deswegen stieg er bei der Sony Open schon vor der ersten Turnierrunde auf Hawaii aus und verpasste bei der Farmers Insurance Open den Cut. „Das war jetzt richtig gut für mein Handgelenk“, murrte er nach einem Schlag aus dem fetten Rough von Torrey Pines, plagte sich überdies sichtbar mit dem Rücken herum.

Schon während einer Pressekonferenz anlässlich der umstrittenen Wüsten-Woche bei den Saudi-Sportswashern am 13. Januar hatte der achtfache Tour-Sieger seine körperlichen Probleme thematisiert und mit der Tempo-Arbeit in Verbindung gebracht. „Mein linkes Handgelenk behindert mich schon seit drei, vier Wochen. All das Tempo-Training und so weiter strapazieren definitiv die Muskelstruktur. Ich belaste das Handgelenk mit so viel Kraft und Geschwindigkeit belaste, aber wir haben uns offenbar nicht entsprechend gut genug darum gekümmert.“

Probleme mit Handgelenk und Hüfte sind nicht neu

Vier Tage später veröffentlichte DeChambeau ein Schwung-Tutorial in seinem YouTube-Kanal und stieg direkt mit einem medizinischen Bulletin ein: „Mein Handgelenk fühlt sich nicht besonders gut an, obwohl ich nichts besonderes gemacht habe. Ich hätte [die Sony Open] spielen können, wollte es jedoch nicht noch schlimmer machen.“ Und: „Früher habe ich meinen Körpermittelpunkt, meine Rumpfrotation und -beugung echt vernachlässigt, das war bis vor vier oder fünf Jahren wirklich schlecht. Ich konnte es allerdings reparieren und so die letzten paar Jahre gut arbeiten.“

Andererseits greift er sich neuerdings ständig an den Rücken, verzieht das Gesicht. Und jeder denkt an die Fotos und Videos von seinen brutalen Übungseinheiten, die schon beim Ansehen Rückenschmerzen verursachen; an die Infos über Trainingspläne und -einheiten, über Intensität und Fron, Strapazen und Schinderei, dank derer DeChambeau sich binnen zweier Jahre vom „Mad Scientist“ zum Kraftprotz umbaute.

„Was er macht, ist letztlich ein Experiment“

Zur Erinnerung: 2019 lag seine Schlagweite vom Tee im Schnitt bei 276 Metern; zwei Jahre und unzählige Protein-Shakes später, in seiner ersten vollen Saison nach der Transformation brachte es der Mann mit der täglichen 6.000-Kalorien-Diät im Drive-Durchschnitt auf den PGA-Tour-Rekordwert von 295 Metern.

„Was er macht, ist letztlich ein Experiment, weil man nicht weiß, wie der Körper auf Dauer reagieren wird“, zitiert „Golf Digest“ den renommierten Mediziner Dr. Ara Suppiah, der mit seinem „Functional Sports Medicine Institute“ als Koryphäe in Sachen ganzheitlicher Trainingsoptimierung gilt und als Experte sowohl von PGA Tour und LPGA als auch von den großen Tennis-Circuits geschätzt wird. Bryson DeChambeau habe durchaus richtige Überlegungen angestellt und alle notwendigen Faktoren einbezogen, um an Top-Speed und Kraft zu arbeiten, sagt Dr. Suppiah. „Aber wenn man die Grenzen verschieben will, dann können die auch mal zurück schlagen.“ Er spricht vom „push back“: „Das liegt nun mal in der Natur der Sache, wenn man Grenzen aus-oder gar überreizt.“

Auch als „Schmalhans“ nicht wirklich schwächer

Zumindest von außen gesehen, scheine DeChambeaus Körper „die erlittene Prügel allmählich satt zu haben“, ergänzt Dan Rapaport in seinem diesbezüglichen „Golf Digest“-Beitrag und fügt an: „Man kommt nicht umhin zu fragen, wie nachhaltig sein Ansatz ist?“ Oder, um noch mal Goethe zu bemühen: „Die Geister, die er beschwor …“, die ihn zum Star und Zugpferd machten, zu einem polarisierenden Golfer wie zuvor in der Moderne wohl nur Tiger Woods einer war, die ihm jüngst überdies eine allerdings dementierte 135-Millionen-Dollar-Offerte für den Seitenwechsel in die Saudi-Liga einbrachten – diese Geister fordern jetzt womöglich ihren Preis und zeigen die hässliche Seite des Pakts, auf den „Zauberlehrling“ DeChambeau sich eingelassen hat.


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Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Gegenüberstellung, die ebenfalls „Golf Digest" zu verdanken ist. Demnach hat sich das „Bulk-up“, das Mehr an Muskelmasse, nur bedingt in den Ergebnissen niedergeschlagen; der gebürtige Kalifornier war als „Schmalhans“ wahrlich kein schwächerer Golfer als heute. Und die US Open gewann er schon mitten in seiner Metamorphose. 3:5 steht’s nach Turniertiteln für den neuen Bryson DeChambeau. Den letzte Sieg holte er sich vor einem Jahr beim Arnold Palmer Invitational, wo er am 3. März als Titelverteidiger antritt. Dann gibt es neue Anhaltspunkte für die große Frage: Hält der Körper aus, was DeChambeaus Wille und Ehrgeiz ihm diktieren?

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