Das US Masters 2020 liegt hinter uns. Es war schön, wie immer. Doch trotzdem fehlte was: die Zuschauer. Wenn ich daran zurückdenke, was im April des letzten Jahres im Augusta National los war, als Tiger Woods seine Auferstehung feierte, werde ich ein wenig melancholisch.
Klar, ein Sieg von Dustin Johnson (der Nummer 1 der Welt) beim US Masters 2020 hat nicht ansatzweise die selbe emotionale Tragweite wie der Sieg des sportlich totgeglaubten, von Rückenbeschwerden und privaten Eskapaden geschlauchten Tiger Woods beim US Masters 2019. Dem wohl größten Comeback der Sportgeschichte - oder fällt jemandem etwas vergleichbares ein? Und trotzdem zeigt der bloße Vergleich der Momente, in denen die Siege von Dustin Johnson und Tiger Woods Gewissheit wurden, wie sehr die Zuschauer fehlen. Mir persönlich vor dem Bildschirm und wohl noch viel mehr den Profis auf dem Platz. Die zwar mit mehreren Millionen dafür entlohnt werden, unter diesen Bedingungen einer Pandemie zu spielen. Trotzdem wirkt es auf mich so, als werde der Mensch, die Gefühle und Empfindungen hinter den Sportlern, gegenwärtig zu häufig vergessen. Isolation, kein Kontakt zur Familie - all das, nur um Golf zu spielen. Der Matador muss in die Stierkampfarena, egal unter welchen Umständen.
Sport ohne Zuschauer ist leer. Sport mit Zuschauern ist alles.
Blicken wir noch einmal auf das US Masters diesen uns des letzten Jahres:

Der Anblick dieses mittlerweile schon legendären Bildes von Tiger Woods berührt mich. Sie auch - nicht wahr? Ich denke zurück, an den Finalsonntag des US Masters 2019. Es war der 14. April. Im Golf Post "Hauptquartier" - unser Büro war damals noch etwas kleiner, der Ausblick dafür schöner - verfolgten wir das Finale. Ich war Nachmittags dran, blickte gebannt auf den Bildschirm und schrieb über das Geschehen. Die Atmosphäre des Augusta National schwappte bis nach Köln. Gegen 18 Uhr wurde ich von Tobi und Robin abgelöst, sie übernahmen die Nachtschicht. Ich stieg in den Zug nach Aachen, wo ich lebe. Meine Gedanken waren weiterhin in Augusta. Als ich endlich Zuhause war eilte an meinen Schreibtisch und schaltete sofort wieder an. Nun schwappte die Atmosphäre des Augusta National sogar bis nach Aachen. Bis spät in die Nacht saß ich dort. Fluchte, jubelte und feierte schlussendlich. Klar, Tiger Woods spielte phänomenal, seine Leistung war einzigartig. Aber ob mich dieser Moment genauso gepackt hätte, wenn keine Zuschauer im Augusta National gewesen wären? Keine Zuschauer, die Tiger Woods elektrisierte. Die jubeln und raunen, ihre Arme in die Luft reißen und staunen. Ich denke nicht.

Beim Anblick dieses Bildes, dem Moment, an dem Dustin Johnson seinen ersten Masters-Titel mit einer historischen Leistung gewann, spüre ich hingegen nichts. Obwohl es nur wenige Wochen zurückliegt, sind meine Erinnerungen an den Tag schwächer, als die an vor eineinhalb Jahren. Es mag an mir liegen. Es mag daran liegen, dass Tiger Woods' Triumph überraschender, gar historischer war als der von Dustin Johnson. Es mag daran liegen, dass ich zugegebenermaßen mehr Sympathien für Tiger Woods hege als für Dustin Johnson. Es liegt aber auch daran, dass die Zuschauer dem Sport erst den Zauber geben, den ich so sehr liebe. Sie fehlen.