Die Tage von Royal Portrush sind vorüber, und irgendwie offenbart sich erst jetzt, wie bombastisch dieser Blockbuster um die 153. Open Championship wirklich war: Es herrscht eine dumpfe Stille, die Geräusche der Golfwelt dringen gerade nur gedämpft durch, als läge Watte über dem Geschehen. Scottie Scheffler, der Champion Golfer of the Year, hat sich zum vierten Major geschuffelt und dann getan, was er im Augenblick des Triumphs meistens tut. Er nimmt das vergleichsweise emotionslos hin und blüht erst auf, wenn er seine Familie ansichtig wird.
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Wenn Golf die Beziehung zu seiner Frau Meredith oder dem nunmehr gut 14 Monaten alten Baby Bennett beeinträchtigen würde, dann würde er sofort aufhören, für Geld zu spielen, hat Scheffler noch vor dem Major gesagt. Am Sonntagabend dann ließ er die Claret Jug achtlos im Gras stehen, als Bennett auf dem Weg zum Papa eine Bauchlandung hinlegt. Scheffler will kein Superstar sein, „lieber ein toller Vater als ein toller Golfer“, und ist vor dem Rummel wieder ins bescheidene Eigenheim in Dallas geflüchtet, wo andere genießerische Triumphzüge und Paraden mit dem frisch errungenen Silber machen würden. Immerhin aber hat er noch einen Zwischenstopp in New York eingelegt und war mit der Weinkanne bei Jimmy Fallon und bei der Premiere von Happy Gilmore 2, das ist ja auch schon was:
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Derweil singen die Kollegen das hohe Lied auf den Branchenprimus, den die Medien bereits als nächsten Mount Everest für Rory McIlroy ausgemacht und entsprechend stilisiert haben. Ob der Nordire das Spiel mitmacht und die Herausforderung öffentlichkeitswirksam annimmt, bleibt abzuwarten. Er wäre gut beraten, das nicht zu tun, sich nicht erneut so zu exponieren.
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Eigenheim ist auch für McIlroy ein gutes Stichwort, der mit Ehefrau Erica und Tochter Poppy erstmal diesseits des großen Teichs bleibt und die neue Heimstatt in der Millionärs-Nachbarschaft der exklusiven Wentworth Estates „einwohnt“. Bei allem Respekt, der 36-Jährige hätte genau dieses Turnier niemals gewinnen können, dafür waren Buhei und Druck und Erwartungshaltung immer noch viel zu groß. Nur ein wirklich drittklassiger Schmierenschreiber hätte dieses Drehbuch mit einem Happy End ausklingen lassen. Schon 2019 war ein gigantischer Glücksfall, als Shane Lowry in dem Vakuum aufblühte, das McIlroy bereits am ersten Tag auf Bahn eins gerissen hatte.
Nein, der Hometown Hero aus Holywood hat mit dem geteilten siebten Platz das machbar Möglichste geliefert und kann jetzt endlich, endlich zum Alltag zurückkehren – nach dem Knotenplatzer beim Masters samt komplettierten Karriere-Grand-Slam, Motivationsloch und der Herkulesaufgabe Open Championship. Was für ein Getöse seit April, das um McIlroy tobte. Kaum auszuhalten. Auch hier waren die Bilder vom 72. Grün bezeichnend: Noch ein Extrawinken ins weite Rund und dann ab in den Tunnel. Der Pegelstand im Golfsport ist fürs Erste mal wieder auf Normalnull, gut so. Ein bisschen Ruhe tut Not. Immerhin ist der nächste Blockbuster schon „in the making“: Gespielt wird auf einer Bühne namens Bethpage Black. Das Ballhoo zum Ryder Cup nimmt bereits Fahrt auf.
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Haotong Li, der Entertainer von Royal Portrush
A Star is born: … und der Name ist Li, Haotong Li. Wer hätte gedacht, dass der Chinese am Sonntag im Schlussflight mit Scottie Scheffler eine solche Show liefern würde. Aber wenn man eh nur um Platz zwei spielt, wie Li bereits vorher geahnt hatte… Also trumpfte der 29-Jährige vergleichsweise frei auf und genoss ganz offenkundig jede Minute dieser Open-Finalrunde über die Dunluce Links von Royal Portrush, schickte seine Bälle mit verbalem Begleitschutz auf die Reise und kommentierte die Landung entsprechend. Man flachste und tauschte sogar die Erreichbarkeiten aus, um mal miteinander zu trainieren. „Ich hoffe, du antwortest auch, wenn ich schreibe“, unkte der Chinese, der mit dem zweiten Platz die Einladung zum Masters 2026 in der Tasche hat und künftig vermehrt auf der PGA Tour zu sehen sein dürfte. Scheffler konterte schlagfertig: „Wie war der Name noch? Haotong Wer?“ Li, Haoting Li.
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DeChambeaus Kampfansage für den Ryder Cup
Wow: Was für ein Comeback von Bryson DeChambeau. Nach Tag eins der Open Championship schien der Texander mit unterirdischen 78 Schlägen und dem geteilten 144. Platz schon weg vom Major-Fenster, selbst der Cut war weit entfernt. Und dann zimmerte der zweifache US-Open-Champion Runden von 65, 68 und 64 in den Sandboden der Dunluce Links und beendete das Turnier auf dem geteilten zehnten Platz, das zehnte Top-Ten-Ergebnis seiner Major-Karriere. Damit dürfte BDC auch der Platz im US-Team für den Ryder Cup Ende September sicher sein; Kapitän Keegan Bradley hat gestern am Ende der Tage von Royal Portrush schon angedeutet, dass er auf jeden Fall auf den 31-jährigen Longhitter setzen will: „Bryson ist immerhin einer besten Spieler auf diesem Planeten und damit für uns ein wesentlicher Faktor, um den Ryder Cup zu gewinnen.“
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„Ich hoffe, dass ich eine Menge Energie mitbringen kann und wir bei den Zuschauern einen Tsunami der Unterstützung für das Team USA erzeugen können“, sagte DeChambeau und fügte eine Kampfansage an: „Die Europäer sollten sich warm anziehen – das wird kein Spaß. Wir haben es echt satt, zu verlieren.“
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Harris English und das Caddie-Problem
Erschwerte Bedingungen: Der zweite Platz von Harris English bei der 153. Open Championship darf getrost als Überraschung bezeichnet werden – zumal der 35-jährige US-Pro aus Georgia auf dem Dunluce Course von Royal Portrush ohne seinen etatmäßigen Caddie auskommen und das Major mit einem lokalen Looper bestreiten musste. Eric Larson (64) wurde die Einreise ins Vereinigte Königreich wegen einer Vorstrafe verweigert. Der Looper war vor 30 Jahren wegen Drogenbesitzes zu einer 13-jährigen Haftstrafe verurteilt und 2005 entlassen worden, weilte indes seither für Ryder-Cup- und Open-Einsätze zehn Mal im UK. Doch mit der Einführung des elektronische Visums ETA hat sich die Situation offenbar geändert. Auch die schriftliche Fürsprache von R&A, PGA Tour und Harris English selbst blieb fruchtlos. Umso absurder wirkt die Einreise-Verweigerung, da mit Ryan Peake ein Spieler im Open-Feld war, der in Australien als Mitglied einer Motorradgang fünf Jahre im Knast gesessen hat. Und kommende Woche nimmt Angel Cabrera an der Senior Open Championship im Sunningdale Golf Club im englischen Berkshire teil, obwohl er bis vor kurzem wegen häuslicher Gewalt zwei Jahre in einem argentinischen Gefängnis verbracht hat.
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Camiral wird Bühne für den Ryder Cup 2031
Vergabe: Das Rennen um den Ryder Cup 2031 scheint entschieden. Nach übereinstimmenden Medienberichten findet die nächste noch offene europäische Ausgabe des Kontinentalduells zum zweiten Mal nach Valderrama 1997 in Spanien statt, genau gesagt im Luxus-Resort Camiral nahe Girona an der Costa Brava. Das hat auch der Präsident des katalanischen Golfverbands durchklingen lassen. Eine offizielle Verlautbarung wird laut der Ryder Cup Europe als Veranstalter in den kommenden Tagen erfolgen. Das Camiral, früher bekannt als PGA Catalunya, gehört seit 2008 zur Quinta-do-Lago-Gruppe des irischen Unternehmers Denis O’Brien und war bereits Bühne für diverse DP-World-Tour-Turniere. Irische Medien haben berichtet, dass O'Brien mehrere zehn Millionen Euro in die Modernisierung der Golfplätze, des Hotels und der Unterkünfte investiert hat. Damit wird der Ryder Cup zum vierten Mal auf dem europäischen Festland ausgetragen. 2027 heißt der Schauplatz Adare Manor in Irland, für 2035 will sich Michael Blesch mit den Green Eagle Golf Courses in Winsen (Luhe) nahe Hamburg und dem neuen West Course sowie einem innovativen Zuschauerkonzept bewerben.
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Woad wechselt das Lager
Konsequent: Carlotte „Lottie“ Woad, die weltbeste Amateurin, ist ins Profilager gewechselt. Die 21-jährige Engländerin hat unter anderem 2022 die British Girls’ Championship und 2024 das Augusta National Women’s Amateur gewonnen sowie in diesem Jahr bei der KPMG Irish Women’s Open die besten Proetten der Ladies European Tour (LET) geschlagen. Als dann auch noch der dritte Platz bei der Evian Championship hinzukam, dem einzigen europäischen Damenmajor, waren alle Voraussetzungen erfüllt, um über die Punkterankings für LPGA Tour wie für die Ladies European Tour jeweils die volle Mitgliedschaft zu bekommen.
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R&A: Die weltweite Golfteilnahme steigt
Golf im Aufwind: Die Zahlen sind beeindruckend – 108 Millionen Erwachsene und Jugendliche haben sich im Zuständigkeitsbereich der R&A in irgendeiner Form dem Spiel verschrieben. Das gilt für ist eine Steigerung von fast drei Millionen gegenüber 2024, wie der jüngste Global Participation Report der in St. Andrews beheimateten Golfinstitution ausweist. Während das traditionelle Spiel auf dem Platz (neun und 18 Löcher) leicht auf 43,3 Millionen Aktive angestiegen ist, kamen die stärksten Zuwächse von nicht-traditionellen Spielformaten wie Driving Ranges, Simulatoren und Adventure Golf. 80 Prozent der insgesamt 43,9 Millionen Junioren nutzen diese alternativen Golfformate. Die R&A ist für 143 Länder in aller Welt zuständig, die USA und Mexiko wiederum in den Bereich der United States Golf Association (USGA). Im R&A-Einzugsbereich liegt Asien mit 26,2 Millionen erwachsenen Golfern vor Europa (20,3 Millionen) und Kanada (6,9 Millionen). In den neun größten Märkten sind bei den klassischen Formaten 31 Prozent aller Erwachsenen mit Golfteilhabe weiblich, bei den alternativen Formaten beträgt der Anteil rund 50 Prozent. Außerdem wurde festgestellt, dass durchschnittlich ein gutes Drittel der Neugolfer durch die alternativen Spielformen den Zugang zum Golf gefunden haben.
Singapur braucht Land und schließt Plätze
Ausgespielt: Das Justizministerium des Stadtstaats Singapur hat die schrittweise Schließung mehrerer Golfplätze als Teil einer langfristigen Landnutzungsplanung zur Deckung des dringenden nationalen Bedarfs hinsichtlich Wohnraum und Infrastruktur angekündigt. Der Mandai Executive Golf Course wird bis Ende 2026 geschlossen, während der Warren Golf & Country Club, der Orchid Country Club, der Sime Course des Keppel Club und der Bukit Course des Singapore Island Country Club ihre Pachtverträge im Jahr 2030 verlieren. Die Flächen werden zu weiten Teilen für den Wohnungsbau, aber auch für einen neuen öffentlichen 18-Loch-Platz umgewidmet. Der Garden Course des Tanah Merah Country Club wird 2035 geschlossen, und seine künftige Nutzung wird vor dem Hintergrund der Nähe zum Flughafen Changi überprüft. Nur für den Serapong-Platz auf Sentosa und den Kranji-Platz des National Service Resort & Country Club in einem Naturreservat wurden die Pachtverträge bis 2040 verlängert. Singapur hat aktuell mehr als 140 000 organisierte Golfer.
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Nelly Korda und Charley Hull, bitte übernehmen Sie!
Zum Schluss: So, das war’s mit zwei Wochen Linksgolf bei den Männern, mit Scottish Open und Open Championship. Danke, meine Herren, danke vor allem Renaissance Club und Royal Portrush – es war nicht immer spannend, aber toller Sport und großartige Stimmung auf grandiosen Golfplätzen. Schade, dass es schon vorbei ist. Wie schrieb dieser Tage jemand: „Es sollten jedes Jahr einen Pflichtmonat Linksgolf für die Profis geben.“ Stattdessen jetten Scottie Scheffler und Co. zurück über den großen Teich und Rory McIlroy macht erstmal Pause, um seine neue Heimstatt in den Wentworth Estates einzuwohnen.
Gut nur, dass es die Damen gibt. Die springen ein: diese Woche mit der ISPS Handa Women’s Scottish Open auf den Dundonald Links an der schottischen Westküste und in der Woche drauf mit der AIG Women’s Open auf den walisischen Traditionslinks von Royal Porthcawl. Nelly Korda und Charley Hull, bitte übernehmen Sie!
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