Geht gar nicht: Was für ein US-Open-Auftakt, in Oakmont zumal. Ja, Rough und Grüns blieben ihrem Ruf nichts schuldig und forderten eine Menge Opfer, siehe Scottie Scheffler, Bryson DeChambeau oder Rory McIlroy. Aber zehn Spieler unter Par, mit dem bogeyfreien US-Pro JJ Spaun und seiner 66 sowie dem Südafrikaner Thriston Lawrence (-3/67) auf den Spitzenplätzen?
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Das geht im Selbstverständnis des Oakmont Country Club eigentlich gar nicht – Henry Clay Fownes, der Schöpfer des Biests, und seine Söhne William C. und Charles B. Fownes rotieren vermutlich gerade in ihren Gräbern. Ihr Vermächtnis gilt bis heute: Eine Golfrunde in Oakmont soll kein Vergnügen sein, sondern eine Tortur – und zwar für jeden Spieler.
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Früher hätten Fownes und seine Sprösslinge für Spaun und Co. über Nacht noch flugs ein paar Bunker platziert, damit es heute nicht wieder so „einfach“ ist. Sie lachen? Das ist wirklich passiert: 1945, als Sam Snead bei der Einspielrunde für ein Wohltätigkeitsturnier auf der schwierigen Sieben den Weg zum Grün mit einem aggressiven Schlag über den Fairway-Bunker abkürzte. Tiger-Line, würde man heute sagen.
Der damalige Headgreenkeeper Emil Loeffler war Augenzeuge und hatte nichts Eiligeres zu tun, als telefonisch bei William C. Fownes zu petzen: „Sam Snead hat gerade das Hindernis überspielt, das wir dorthin gebaut haben.“ Fownes Junior war not amused und fragte: „Können wir das bis morgen korrigieren?“ Gesagt, getan: Als Snead tags darauf beim Turnier denselben Schlag versuchte, landete sein Ball in einem frisch ausgehobenen Bunker. Neben dem Sandkasten stand Emil Loeffler mit breitem Grinsen: „Schöne Grüße von Mr. Fownes.“
So was passiert heuer bei der 125. US Open garantiert nicht. Allerdings wird erwartet, dass die USGA auf dem vergleichsweise weichen Platz noch mal schärfere Fahnenpositionen ausstecken lässt. Das Wetter tut ein Übriges. „Noch ist Oakmont nicht so hart, wie es bei einer US Open üblich ist, weil es in der Nacht zum Sonntag geregnet hat“, sagte der fünffache Majorsieger Brooks Koepka gestern. „Das dürfte sich in Richtung Wochenende jedoch deutlich ändern.“
Si Woo Kim und der Spruch des Tages
Wie jetzt? Wenn du auf der Front Nine zwei Birdies mit zwei Bogeys rahmst, auf den zweiten Neun zwei Birdies nachlegst, nach dem ersten Tag auf dem „Oakmonster“ geteilter Dritter bist und dann so einen Satz rauslässt, ist das mal definitiv der Satz das Tages. Also sprach Si Woo Kim nach seiner 68er-Runde: „Ehrlich gesagt weiß ich überhaupt nicht, was ich hier auf diesem Platz machen soll. Der Kurs ist definitiv zu schwierig für mich.“
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Dustin Johnson zeigt den Weg aus dem Rough
Geht doch: Nicht nur, dass Rory McIlroy pünktlich zum Auftakt in Oakmont wieder Best Buddy mit dem Driver ist und mal eben den längsten Abschlag seiner bisherigen Saison herausgefeuert hat – auch das Rough ist keine Unmöglichkeit, selbst bei einem alles andere als optimalen Stand. Dustin Johnson zeigt, wie es geht – aber das darf man auch erwarten von einem, der hier 2016 die US Open und damit sein erstes Major gewonnen hat:
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McIlroy ist vor neun Jahren übrigens am Rough und dann am Cut gescheitert. Man will hoffen, dass der gestrige Ausflug auf Bahn vier kein schlechtes Omen für den Nordiren bedeutet, der nach seiner 74er-Runde einmal mehr nicht mit den Medien reden wollte. Dabei hatte der fünffache Majorsieger auf der Back Nine so gut angefangen – mit zwei Birdies und bogeyfrei.
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Koepka: Gardinenpredigt vom Coach zeigt Wirkung
Das Major-Monster ist erwacht: Brooks Koepka hat sich gestern mit einem Eagle, zwei Bogeys sowie Birdies auf den Bahnen 17 und 18 in den Favoritenkreis für diese 125. US Open gespielt. Hernach bekannte der LIV-Star, er sei seit April quasi ungenießbar gewesen. „Da wäre niemand gern in meiner Nähe gewesen“, spielte der fünffache Majorsieger auf die verpassten Cuts beim Masters und bei der PGA Championship an. „Das hat ungeheuer an mir genagt und mich fast in den Wahnsinn getrieben.“
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Jetzt geht es dem 35-Jährigen wieder besser. Sehr intensiv an der Genesung beteiligt war Coach Pete Cowen, der Koepka bei einer 45-minütigen Trainingseinheit zu Beginn der Woche angesichts von dessen derangiertem Schwung und anderer schlechter Angewohnheiten mal richtig zusammengefaltet haben muss. Augen- und vor allem Ohrenzeugen berichten, Cowen habe Koepka laut beschimpft und sei ihn derart hart angegangen, dass Justin Thomas sogar intervenieren und schlichten wollte. „Ich fand’s nicht besonders toll“, erzählte Koepka. „Aber es war nicht das erste Mal und ich hatte es wohl verdient. Es kam auch zum richtigen Zeitpunkt.“
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Die Halb-Par-Löcher von Oakmont
Stolze Bilanz: Die USGA hat es bei ihrem Major gern extrem schwierig, immerhin gilt die US Open als „härtester Test im Golf“. Genau deswegen ist Oakmont die Nummer eins der Anchor Sites und mittlerweile zum zehnten Mal im Spiel. USGA-Chef Mike Whan hat die passende Statistik:
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Einen wesentlichen Beitrag zum Schwierigkeitsgrad von Oakmont leisten neben dem fetten Rough und den ondulierten Grüns voller Breaks und Slopes die sogenannten Halb-Par-Löcher. Die meisten Bahnen im Oakmont Country Club spielen sich um mindestens einen halben Schlag schwieriger als der per Scorekarte ausgewiesene Lochstandard und balancieren auf dem schmalen Grat zwischen einem glücklichen Birdie und einem wahrscheinlichen Bogey. Gestern beispielsweise waren die Par-5-Vier und Loch 17 als kürzestes Par-4 des Platzes (299 Meter) mit 4,91 beziehungsweise 3,93 die einzigen Löcher, die im Felddurchschnitt unter Par absolviert wurden. Die Neun wiederum, mit 423,3 Metern das längste Par-4, war das schwierigste Loch und wurde mit durchschnittlich 4,54 Schlägen absolviert.
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„Bob-Mac“ und „die beste Par-Runde meines Lebens“
Britanniens Bester: Robert MacIntyre hatte gestern gut lachen. Der Schotte aus dem Hafenstädtchen Oban an der Westküste, Titelverteidiger demnächst bei der Scottish Open, ist nach Tag eins in Oakmont der bestplatzierte Golfer von den britischen Inseln und liegt nach einer Runde mit drei Bogeys und drei Birdies auf dem geteilten elften Platz. „Das war die beste Par-Runde meines Lebens, wofür auch immer die am Ende gut ist“, grinste „Bob-Mac“ nach dem Tag, der die vierte US-Open-Teilnahme des 28-Jährigen eröffnet hatte.
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„Ich habe gar nicht versucht, mit dem Driver richtig hinzuhauen. Es ging bloß darum, das Rough zu vermeiden und jeden Ball aufs Fairway zu zirkeln. Bis auf die 18 ist mir das auch ganz gut gelungen. Hier in Oakmont steht dein Score von der ersten bis zur letzten Bahn auf Messers Schneide, und du musst echt unkonventionell sein, um im Spiel zu bleiben. Aber ich mag es, verrückte Schläge zu spielen.“
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Patrick Reeds Albatros: Green Eagle war besser
Redselig: Es kommt nicht oft vor, dass einer einen Albatross schießt. Patrick Reed hat seit gestern deren drei auf dem Konto, nachdem er auf dem vierten Loch des Oakmont Country Club mit dem zweiten Schlag per Fairwayholz über 261,5 Meter eingelocht hat. Und nach einer US-Open-Auftaktrunde, die angesichts eines Scores von +3 nicht ganz nach Wunsch verlaufen ist, redet man ohnehin lieber über so einen Double-Eagle.
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Wobei: „Es war nicht mein bester Schlag“, erzählte der Masters-Sieger von 2018. Den nämlich hatte er in Deutschland – bei der Porsche European Open 2017 auf den Green Eagle Golf Courses nahe Hamburg, als der Stargast aus den USA seine zweite Runde über den Porsche Nord Course mit einem spektakulären Holz fünf aus 208 Metern abschloss. Der Kunstschuss wirkt bis heute nach:
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Ein Par von 80 und der Pennsylvania Turnpike
Wussten Sie: … dass Oakmont ursprünglich ein Par-80-Layout war? Als der Calvinist Henry Clay Fownes, der in Pittsburgh mit Eisen und Stahl zu enormem Wohlstand gekommen war, im Herbst 1903 mit dem Bau des Kurses begann und sein Werk am 1. Oktober 1904 eröffnete, hatte das sehr bewusst als Schrecknis konzipierte Geläuf acht Par-5-Löcher und sogar ein Par-6 und war 6.406 Yards (5.857,65 Meter) lang, für damalige Verhältnisse erst recht ein echtes Brett.
Über die Jahrzehnte wurde das Geläuf auf ein Par von 71 für die Mitglieder eingedampft, bei der US Open ist der Standard noch mal um einen Schlag heruntergesetzt. Trotz allerhand Überarbeitungen, die jüngsten durch Gil Hanse vor drei Jahren, erlebte Oakmont die größte Veränderung, als Ende der 1940er-Jahre auf dem Streckenverlauf der seit 1897 existierenden, indes nicht mehr genutzten Eisenbahngleise der Bessemer and Lake Erie Railroad für den Güterverkehr die Interstate 76 gebaut wurde. Für den im Dezember 1951 eröffneten Pennsylvania Turnpike musste das achte Grün um etliche Meter verlegt werden und ein paar Quadratmeter von den Bahnen zwei und neun abgeknapst werden, das Asphaltband trennt die Bahnen zwei bis acht vom Rest des Platzes. Oakmont ist der einzige Top-Kurs in den USA mit einer solchen Besonderheit.
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