Golfreisen: Unverhofft kommt oft
Bis vor Kurzem verbanden wir mit „VAR“ nur den Video Assistant Referee – jenes Schiedsrichterteam im Kölner Keller, das im Fußball Entscheidungen überprüft und ständig für Diskussionen sorgt. Vom Var als Département im Südosten Frankreichs hatten wir dagegen bislang noch nichts gehört.
Doch das hat sich nun geändert. Var überrascht uns mit seiner Vielfalt: Zwischen Côte d’Azur und Voralpen erwarten uns Weinberge, Olivenhaine, kleine Dörfer, riesige Seen und schroffe Schluchten. Die Landschaft wirkt ursprünglich, fast ein bisschen geheimnisvoll, aber äußerst einladend.
Wir lernen vier bemerkenswerte Golfplätze kennen, die allein schon die Reise hierher wert sind.
Von Mougins in Richtung Westen
Über die Autobahn A8 führt es uns nach Nans-les-Pins in der Nähe des Städtchens Saint-Maximin-la-Sainte-Baume. Wir übernachten in dem kleinen, liebevoll eingerichteten Maison d’Hôtes Hippône, das von dem Ehepaar Danielle und Patrik betrieben wird. Die Begrüßung und Betreuung sind ausgesprochen herzlich. Obwohl beide weder Englisch noch Deutsch sprechen und unser Französisch eher mit „un peu“ zu bezeichnen ist, könnte der Einstieg in das provenzalische Leben mit von der Gastgeberin – einer Konditormeisterin – selbstgemachten Navettes und Croquants nicht authentischer sein.
Nur fünf Minuten entfernt liegt Golf Sainte Baume, der sich durch sein mediterranes Flair am Fuße des Massif de la Sainte-Baume auszeichnet. Er ist eingebettet in den regionalen Naturpark Sainte-Baume. Der Platz überzeugt mit breiten Fairways, gesäumt von Zypressen, Pinien und Olivenbäumen.
Die 18 Löcher des Par-72-Platzes verlaufen über hügeliges, teils steil ansteigendes Terrain mit erhöht liegenden Abschlägen und nicht einsehbaren Grüns. Einige Wasserhindernisse kommen ebenfalls ins Spiel. Von den hinteren Abschlägen hat er eine Länge von 5.982 m. Entworfen wurde er 1988 von Robert Berthet.
Er besitzt die GEO-Zertifizierung und ist mit dem Bronze-Label „Golf for Biodiversity“ ausgezeichnet. Zahlreiche Hinweistafeln informieren über Umweltschutz und Nachhaltigkeit.
Dank des Mikroklimas ist der Platz das ganze Jahr bespielbar und trotz der Höhenunterschiede gut zu laufen. Er gehört zur Resonance Golf Collection, die in Frankreich zwölf Golfanlagen betreibt.
Imposante Basilika
Auf dem Weg zu unserem nächsten Golfziel besuchen wir in Saint-Maximin-la-Sainte-Baume die mächtige Basilika Sainte-Marie-Madeleine, die größte gotische Kirche der Provence. Ihr Bau begann im 13. Jahrhundert, nachdem man dort die Reliquien der heiligen Maria Magdalena entdeckt hatte. Das Gotteshaus beeindruckt mit seiner schlichten, aber imposanten Architektur, hohen Gewölben und farbigen Glasfenstern, die das Innere in ein besonderes Licht tauchen.
Weiter geht es nach Brignoles, wo wir im Vier-Sterne-Hotel Mercure Brignoles Golf de Barbaroux & Spa übernachten. Es liegt mitten im Wald mit Pinien, Eichen, Lavendel und Rosmarinbüschen im Herzen der grünen Provence und verfügt über 52 modern eingerichtete Zimmer. Diese liegen an einem steilen Hang auf drei Gebäude verteilt. Unser ebenerdiges Zimmer überzeugt durch neue Einrichtung und Sauberkeit.
Die Anlage ist bei Golfern ebenso beliebt wie bei Gästen von Seminarveranstaltungen. Das umfangreiche Spa-Angebot können wir aus Zeitgründen leider nicht nutzen.
Golf de Barbaroux
Wir haben eine frühe Startzeit und sind froh, dass wir uns eine dicke Jacke angezogen haben. Der morgendliche Tau bedeckt zu dieser Zeit noch Fairways und Grüns, und der Wind weht kräftig. Die Sonne kommt später heraus, doch es bleibt schattig.
Der 18-Loch-Par-72-Platz wurde von Vater und Sohn Dye (Pete & Paul Burke) 1989 entworfen. Er hat eine Länge von 6.053 m. Das amerikanisch inspirierte Layout mit vielen Wasserhindernissen, teils riesigen, spektakulären Bunkern und den für die Dyes typischen Holzverkleidungen macht den Platz besonders. Auch die trickreichen, ungewohnt verlaufenden Fairways sowie die teils stark ondulierten Grüns erfordern ein aufmerksames Course Management. Hier sind sowohl Länge als auch Taktik gefragt.
Einige ungewöhnlich verlaufende Löcher auf den Front Nine bleiben besonders in Erinnerung. Dazu zählt auch das dritte Loch, ein Par 5, das alpinen Charakter hat und dessen zweiter Schlag nahezu senkrecht bergab verläuft. Dessen Grün mit diesem Schlag zu erreichen, ist kein Hexenwerk, sofern man die richtige Schlägerwahl trifft. Spätestens bei der zweiten Runde ist das Geheimnis gelüftet.
An der 16 und 17 kommt noch einmal Wasser ins Spiel, während die eher unspektakuläre 18 mit einem Par 3 endet.
Der Platz ist herausfordernd, abwechslungsreich und unterscheidet sich insbesondere durch das eigenwillige Routing der Front Nine, das keine Langeweile aufkommen lässt. Ein Cart ist empfehlenswert.
Ein Abstecher in das Reich der schwarzen Diamanten
Von Brignoles führt es uns weiter nach Aups, das für seine „schwarzen Diamanten“ – die Trüffel – bekannt ist, die hier seit Jahrzehnten geerntet werden. Wir checken im kleinen Hôtel Le Saint Marc gleich neben dem Marktplatz mit direktem Blick auf das historische Hospiz Saint-Jacques ein.
Als wir gegen 18.00 Uhr dort ankommen, haben wir den Eindruck, die einzigen Gäste zu sein. Doch dieser Schein trügt, denn nur zwei Stunden später ist das zum Hotel gehörende Restaurant bis auf den letzten Platz gefüllt. Es zählt zu den beliebtesten im hübschen Städtchen mit seinen kleinen Gassen und einladenden Geschäften. Gut, dass wir im bei Michelin und Gault-Millau gelisteten Restaurant eine Reservierung haben. Die wuselige Atmosphäre könnte typischer nicht sein. Das Personal ist ausgesprochen aufmerksam und serviert uns ein Dreigang-Menü, das zu den kulinarischen Highlights mit dem attraktivsten Preis-Leistungs-Verhältnis unserer Reise zählt.
Nach den gehaltvollen Gläsern Wein schlafen wir in dem sauberen Zimmer bestens. Am nächsten Morgen geht es früh hinaus. Der Geruch der frisch gebackenen, noch warmen Croissants und des Café Crème ist uns bis heute in der Nase. Wir verabschieden uns mit einem herzlichen „à bientôt“, denn hierher möchten wir gern zurückkehren, wenn die Restaurants ihre Gerichte mit frisch geernteten Trüffeln der Region verfeinern.
Wie wir bei der äußerst informativen geführten Tour durch das Maison de la Truffe d’Aups et du Verdon, das Trüffelmuseum gleich um die Ecke, erfahren, ist dies von Dezember bis März der Fall. Dann findet jeden Donnerstag auf dem Marktplatz der größte Trüffelmarkt der Provence statt.
Das ganzjährig geöffnete Museum ist großartig gestaltet, wird mit erheblichem finanziellen Aufwand betrieben und ist das Beste seiner Art. In den interaktiven Ausstellungsräumen erfahren wir alles über die Geschichte, den Anbau und die Ernte des geschmackvollen Pilzes – und dass es keine Trüffelschweine mehr, sondern nur noch Trüffelhunde gibt. Den Audio-Guide gibt es auch in deutscher Sprache.
Spektakuläre Fahrt durch den Grand Canyon Europas
Von hier geht es weiter Richtung Norden. Nach einem kurzen Abstecher in das Örtchen Salle de Verdon, von wo wir einen traumhaften Blick auf den Lac des Sainte-Croix haben, fahren wir durch die Gorges du Verdon. Diese Schlucht gilt als „Grand Canyon Europas“ und ist gesäumt von schroffen Felswänden, die sich in hunderten Kurven öffnen und wieder schließen. Unser Adrenalinspiegel steigt mit jeder Kurve.
Championship-Golf in 1.000 Metern Höhe
Eingebettet in die Ruhe der Voralpen liegt einer der eindrucksvollsten Plätze des Var: der Golf de Taulane. Der 18-Loch-Championship-Course (Par 72, 6.423 Meter) ist das erste Werk von Gary Player in Frankreich und trägt seine typische Handschrift: großzügige Fairways, strategisch anspruchsvoll, aber stets fair und perfekt in die Landschaft integrierte Spielbahnen.
Wasser sorgt durch sieben Seen für zusätzliche strategische Herausforderungen und Abwechslung. Was diesen Platz so besonders macht, ist die Kombination aus sportlichem Anspruch, weiter Naturkulisse und entspannter Höhenlage – im Sommer eine willkommene Abkühlung gegenüber der Hitze an der Küste. Abgerundet wird das Erlebnis durch das stilvolle Château de Taulane, ein historisches Herrenhaus, das heute als Hotel mit Gourmet-Restaurant und feinem Ambiente Golfern einen eleganten Rückzugsort bietet.
Besonders gefallen uns die neunte und achtzehnte Bahn, die auf einem Doppelgrün vor dem Château enden. Geöffnet ist der Platz von Mitte April bis Mitte Oktober.
Ein krönender Abschluss
Zum Abschluss unserer Rundreise führt es uns zurück Richtung Küste nach La Motte in das Saint Endréol Golf & Spa Resort. Es befindet sich zwischen der Côte d’Azur und der Provence. Sein 18-Loch-Platz (Par 72, 6.433 Meter) wurde von Michel Gayon entworfen. Er schlängelt sich durch die Täler des Flusses Endre, vorbei an Seen, Weinbergen und Korkeichen.
Der Kurs ist abwechslungsreich und bietet spektakuläre Aussichten auf die Rocher de Roquebrune, ein auffälliges Felsmassiv aus rötlichem Sandstein, das eines der markantesten Naturwahrzeichen der Region ist.
Der sympathische Marshall Noël führt uns über den Platz und erklärt uns dessen Besonderheiten. Im März und September finden jeweils eine Woche lang Platzarbeiten statt, in denen der Spielbetrieb jedoch aufrechterhalten bleibt. Wer zu dieser Zeit das Resort besucht, kommt in den Genuss eines um 50 % reduzierten Greenfees.
Unvergessen bleibt für uns das Signature Hole Nr. 13, ein Par 3 über eine tiefe Schlucht, das Mut und Präzision verlangt. Dessen Grün ist in den ersten Monaten des Jahres völlig vom Wasser des Flusses Endre umgeben. Aufgrund des niedrigen Pegels ist dies bei unserem Besuch nur zum Teil der Fall.
Das Resort bietet weit mehr als nur Golf. Die Anlage umfasst komfortable Villen, Reihenhäuser und Apartments, die sich harmonisch in die mediterrane Landschaft einfügen. Alle Unterkünfte sind großzügig geschnitten, mit eigener Terrasse oder Balkon – viele mit Blick auf den Platz oder die umliegende Natur. Von unserer Unterkunft aus blicken wir in den schön angelegten, äußerst gepflegten Garten.
Das weitläufige Spa-Zentrum erstreckt sich auf rund 2.000 Quadratmeter. Kulinarisch verwöhnt das Resort-Restaurant mit regionaler Küche, die provenzalische Spezialitäten mit mediterraner Leichtigkeit verbindet. Von der Terrasse genießen wir einen letzten Côte de Provence und den traumhaften Blick über die 18. Bahn bis auf das im Hintergrund thronende Felsmassiv.
Von hier fahren wir in gut einer halben Stunde zurück zum Flughafen in Nizza.
Irrtum ausgeschlossen – mit „Var“ auf der sicheren Seite
Für uns ist die Entdeckung des Départements Var eine Bereicherung. Würde der Video Assistant Referee eingesetzt werden, käme er nur zu einer einzigen Entscheidung: Mit dem Besuch dieser beeindruckenden Region macht man alles richtig. Die unterschiedlichen Golfplätze, die großartige Natur und die abwechslungsreiche, geschmackvolle Gastronomie machen große Lust auf mehr. Uns läuft noch immer das Wasser im Mund zusammen, wenn wir an die edlen Speisen und Weine denken.
Wir danken Atout France in Frankfurt, der Agentur zur Förderung des französischen Tourismus in Deutschland, und den Kolleg:innen vor Ort für die perfekte Organisation der Reise und die herzliche Gastfreundschaft.
Jürgen Linnenbürger, Oktober 2025














