Major

Patrick Reed: „Captain America“ geht mit leisen Tönen für Grün

07. Apr. 2018 von Michael F. Basche in Usedom, Deutschland

Patrick Reed steht ohne große Töne zu spucken an der Spitze des US Masters 2018. (Foto: Getty)

Patrick Reed steht ohne große Töne zu spucken an der Spitze des US Masters 2018. (Foto: Getty)

Ja, man soll auf die Gattin hören: Zigmal hat Justine Reed ihrem Mann gepredigt, er möge doch am ersten Abschlag von Augusta National das Holz 3 nehmen. „Statt dessen habe ich mit dem Driver wild in der Gegend rum geballert“, grinste der aktuell Führende dieses 82. Masters. Gestern freilich nahm sich Patrick Reed die Empfehlung „endlich“ (O-Ton) zu Herzen und legte mit Dreierholz, Wedge und einem Putt den Grundstein für seine 66er Runde, die den US-Ryder-Cup-Heroen bei den Buchmachern zum neuen 5:1-Favoriten vor Rory McIlroy (11:2) avancieren ließ. Im Gegensatz zur allgemeinen Verhaltens-Empfehlung blieb Reed auch am Freitag aggressiv, attackierte munter die Fahnen und spielte erneut Birdies auf allen Par-5-Löchern.

So sehr „Captain America“ sonst freilich den Mund voll nimmt: In Georgia ist der 27-Jährige, der zu College-Zeiten seine Alma Mater Augusta State zu zwei nationalen Golftiteln führte so leise, wie er es beim Ryder Cup mit seiner berühmten Finger-vor-dem-Mund-Geste gern den europäischen Fans verordnet: „Wir haben erst Halbzeit, und es liegt noch ein weiter Weg vor mir.“ Übrigens: Obwohl Reed als Reminiszenz gegenüber seinem Idol Tiger Woods an Finalsonntagen gern in rotem Hemd und schwarzer Hose antritt, wird es diesmal ein pinkfarbenes Oberteil – aber nicht aus Rücksicht auf Woods, sondern weil es der Ausstatter mit dem „Swoosh“ seinem „Stall“ so verordnet hat…

„Moving Day“: Majorsieger auf der Jagd

Hasen-Hatz: Auch wenn Ostern eine Woche her ist, dürften sich Patrick Reed und Marc Leishman am heutigen „Moving Day“ wie die Langohren fühlen, lauert hinter den beiden Führenden doch eine Meute von fünf Majorsiegern, um sich für den Finalsonntag in Stellung zu bringen. Leishman freilich ist gerüstet, war er doch 2013 mit Landsmann Adam Scott im Flight, als der sich das „Green Jacket“ holte. „Ich habe damals gesehen, was man für einen Sieg braucht“, sagte der Australier nach seiner gestrigen brillanten 67 mit dem Raketenstart von drei Birdies. „Es war eine stressfreie Runde, einer von der Sorte, die du bei Majors haben willst, um mentale Kraft fürs Wochenende zu sparen.“ Ohnehin seien die beiden Durchgänge mit Tiger Woods sehr hilfreich gewesen: „Wenn du hier gewinnen willst, dann musst du damit klar kommen, vor einer gewaltigen Menschenmenge zu spielen und sehr viel Energie im Flight zu haben.“

Die Jäger werden angeführt von Henrik Stenson, der trotz seiner erneuten 70er Runde nach eigenem Bekunden zwischendrin arg frustriert war, „weil ich nicht das lange Spiel gezeigt habe, dass man hier braucht. Aber ich habe mich ab Loch 14 noch mal in den Hintern getreten und die Runde gerettet und ein letztlich gutes Ergebnis zusammengehalten“. Neben Rory McIlroy, Dustin Johnson und Justin Thomas ist auch Jordan Spieth noch im Rennen. Der Champion von 2015 schien den gestrigen Vorschusslorbeer auf der Front Nine durch seinen Doppelbogey-Bogey-Start und insgesamt 40 Schläge schon Lügen zu strafen, bevor er mit einer 34 auf der zweiten Halbrunde wieder in die Spur fand.
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Regen fürs trockene Masters-Geläuf

Das Wetter spielt mit: Blendende Sonne, trockenes Geläuf, launischer Wind und wechselhafte Böen – da präsentierte sich Augusta National gestern als beinahe tückische Wiese. Prompt spielte das Feld im Durchschnitt mit 74,56 um fast einen Schlag schlechter als bei der donnerstäglichen 73,79. Nur 2007 lag der Ergebnis-Durchschnitt für eine zweite Masters-Runde höher, damals benötigten die Akteure hinter dem späteren Sieger Zach Johnson im Mittel 75,02 Schläge. Heute wird sich erweisen, was der Masters-Platz im aufgeweichten Zustand hergibt: Der Wetterbericht prophezeit für den Zeitraum zwischen 12 und 15 Uhr eine Regenwahrscheinlichkeit von 90 bis 100 Prozent.

Ex-Mitfavorit Justin Thomas zeigt sich

„Lebenszeichen“: Es ist sein dritter Auftritt im Augusta National, und gestern unterschrieb Justin Thomas das erste Ergebnis in den 60ern – „endlich“, wie er selbst sagte: „Das macht mich ziemlich glücklich.“ Auf dem Weg zur niedrigsten Runde nach Platz T39 vor zwei Jahren und dem geteilten 22. Rang 2017 erzielte Thomas sechs Birdies bei einem Bogey. „Es war ein guter Tag, solide, nichts verrücktes“, sagte der 24-Jährige über die 65. „Ich wollte trotz der 74 zum Auftakt geduldig bleiben und das ist mir gelungen.“ Es wurde ja auch Zeit, dass sich der PGA Champion und ursprüngliche Mitfavorit endlich mal zeigt.

Paul Casey hat die Jeff-Knox-Ehre

Der Mann für alle Fälle: Jeff Knox ist fast so bekannt wie die aktuellen und ehemaligen Masters-Champions. Als Halter des 61er Platzrekords von den Mitgliedsabschlägen springt der Endfünfziger immer dann als sogenannter „Marker“ ein, wenn sich nach dem Cut ein ungerades Feld fürs Wochenende im Augusta National Golf Golf Club ergibt. Als 53. hat  heute Paul Casey die Ehre. Er teilt sie sich unter anderem mit Steve Stricker, Bubba Watson oder Rory McIlroy, der Knox vor einigen Wochen sogar als „Sparringspartner“ nutzte und dem Lokalmatadoren bei der gemeinsamen Runde acht Schläge vorgab, nach eigenem Bekunden aber „damit schon ab dem ersten Tee im Hintertreffen“ war. Knox hält von den Turnierabschlägen eine beachtliche 69 als Bestmarke und bestreitet mit Casey seine 16. Masters-Runde.

Rory McIlroys „Manual“ für Augusta National

Rezeptur: Sieben Jahre nach dem ersten ernsthaften Griff zum grünen Sakko hat Rory McIlroy dank seiner vielversprechenden ersten Runden erneut eine reelle Chance auf dem Masters-Triumph. 2011 machte ein Finalrunden-Kollaps alles zunichte, jetzt hat sich der mittlerweile vierfache Majorsieger eine ultimative „Bedienungsanleitung“ für den Augusta National Golf Club mit vier Punkten verschrieben: „Bleib geduldig. Spiel‘ Birdies auf den Par-5-Löchern. Halt die Putts auf der erhöhten Seite der Grüns. Hoffe auf das Beste.“ Wie das mit derartigen „Manuals“ freilich in der Realität ist, lässt sich an Tiger Woods‘ Statement nach der gestrigen 75 ablesen: „Ich weiß genau, was ich tun muss. Ich hab‘s bloß nicht gemacht.“

John Dalys Wohnmobil gerammt, „Big John“ am Knie verletzt

Gerammt: John Daly war der Leidtragende eines Unfalls in Augusta. Wie jedes Jahr zum Masters hatte „The Wild Thing“ sein Wohnmobil auf dem Parkplatz der lokalen „Hooters“-Niederlassung abgestellt, verkauft dort Fanartikel und hält Schwätzchen mit Patrons. Gestern verlor eine Autofahrerin beim Wenden auf der Washington Road am Augusta National Golf Club die Kontrolle über ihren Pkw, krachte durch ein Absperrgitter und in Dalys rollendes Quartier. Der 51-Jährige konnte sich durch einen Sprung aus der Gefahrenzone bringen, verletzte sich dabei aber am Knie und musste ärztlich behandelt werden.

Das US Masters 2018 im Multi-Screen-Modus

Fan-Kultur: Aubrey MacKenzie zeigt auf seinem Instragram-Account wie ein wahrer Golf-Nerd das Masters verfolgt – im Multi-Screen-Modus selbstverständlich:

Nothing excessive about this #howiwatchthemasters

Ein Beitrag geteilt von Aubrey MacKenzie (@aubreymackdaddy) am

„Clash“ der Golf-Generationen

Zum Schluss: Während die einen draußen ums „Green Jacket“ spielen, halten die Eminenzen drinnen Audienzen ab. Und dieses Jahr verteilten Jack Nicklaus und Gary Player bei ihrer Pressekonferenz mächtige Seitenhiebe auf die moderne Spielergeneration. Es ging um die komplexen Anleitungen zum Lesen der Grüns, die heutzutage mitgeschleppt werden. Hier Players „Plädoyer“ im Auszug: „So ‘was macht mich fertig. Ich will‘s nicht kritisieren, aber ich verstehe es auch nicht. Jack und ich haben jede Menge unbekannte Anlagen gespielt und den Platzrekord gebrochen. Man kann mich auf jeden Golfkurs dieser Welt stellen, und ich lese die Putts, als hätte ich den Platz schon zehn Mal gespielt. Als Profi-Golfer muss ich das drauf haben.“

Nicklaus konnte dem nur beipflichten: „Es ist total absurd. Du hast einen Schwungtrainer, einen Mentalcoach, einen Leibkoch, einen Piloten für den Jet. Du hast alles, und nun brauchst du auch noch ein Buch, das dir sagt, was du machen sollst?“ Der „goldene Bär“ gab freilich auch zu, dass er es genau so machen würde, „wenn ich zu meiner aktiven Zeit diese Möglichkeiten gehabt hätte“.


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