Profisport Herren

Hinter Kulissen von The Match: Gipfel der Golf-Großkopferten zum Thema LIV

09. Dez. 2022 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Von l. nach r., oben: Keith Pelley, Fred Ridley, Jay Monahan. Unten: Martin Slumbers, Mike Whan, Seth Waugh. (Fotos: Getty)

Von l. nach r., oben: Keith Pelley, Fred Ridley, Jay Monahan. Unten: Martin Slumbers, Mike Whan, Seth Waugh. (Fotos: Getty)

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Tiger Woods und Rory McIlroy gegen Justin Thomas und Jordan Spieth: Diese Konstellation hat Zugkraft, die Namen und vor allem die Bedeutung ihrer Träger macht The Match VII zu einer sehr besonderen Angelegenheit. Es sind Akteure mit Profil und Einfluss, auf breiter Linie als Botschafter des Spiels in der Branche und bei den Fans akzeptiert. Es brauchte nach der eher von Geldgetöse gekennzeichneten Premiere zwischen Woods und Phil Mickelson eine Handvoll Durchgänge von diskutablem sportlichem Wert, bis das „The Match“-Format nun in die Spur seines großen Vorgängers einschwenkt – Shell's Wonderful World of Golf.

135 Auflagen von Shell's Wonderful World of Golf

Zwischen 1961 und 1970 duellierte sich auf grünen (Show-)Bühnen rund um den Globus, was im Golfsport Rang und Namen hatte. 1994 ließ Jack Nicklaus die Serie mit der Partie zwischen Greg Norman und Nick Faldo im englischen Sunningdale Golf Club aufleben und traf sich im selben Jahr selbst zum Schlagabtausch mit Arnold Palmer in Pinehurst, bevor 2003 nach insgesamt 135 Auflagen endgültig Schluss war. Fred Couples trat damals auf den spektakulären Kauri Cliffs an Neuseelands Küste gegen Michael Campbell an.

„Golfsport vielleicht als etwas ein- und festgefahren“

Und morgen Abend nun also das eingangs benannte Quartett, das einander zudem in Freundschaft verbunden ist. „Solche Veranstaltungen sprechen noch mal ein anderes Publikum an, was gut ist“, sagt McIlroy. „Denn der Golfsport wird vielleicht als etwas ein- und festgefahren wahrgenommen.“ Gutes Stichwort.

 

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Hinter den Kulissen von The Match VII über zwölf Loch des Pelican Golf Club – per Flutlicht ausgeleuchtet – findet in Naples/Florida nämlich ein Gipfeltreffen von ganz anderer Brisanz statt. Die Großkopferten des Golf-Establishments stecken die Köpfe zusammen: PGA-Tour-Commissioner Jay Monahan, DP-World-Tour-Boss Keith Pelley, Mike Whan von der USGA und Seth Waugh für die PGA of America, angeblich gleichermaßen der R&A-Vorsitzende Martin Slumbers und Augusta Nationals Prinzipal Fred Ridley. Es geht – natürlich – um den Umgang mit der LIV-Liga, um Saudi-Arabiens Attacke auf das System, gewiss um den Umgang der Majorveranstalter mit Abweichlern. Der R&A hat bereits verlautbart, dass man LIV’ler beim weltältesten Major weiterhin nicht aussperren will.

Derzeit „verhandeln“ nur die Juristen

Freilich, die Chose ist längst ordentlich festgefahren und nach Ansicht von McIlroy eh „völlig außer Kontrolle“: Während besonnene Köpfe – auch der Nordire, so er denn mal nicht gegen LIV-Impresario Norman giftet – einen runden Tisch und Verhandlungen fordern, um irgendwie den „Clash of Circuits“ mit einem wie immer gearteten Konsens zu beenden, sprechen derzeit ausschließlich die Juristen. Will heißen: Jeder zerrt jeden vor den Kadi. LIV will Pelley in Sachen Kartellbildung namens Strategische Allianz zur gerichtlichen Einvernahme vorladen lassen; das Anwaltsteam der PGA Tour wiederum zielt auf Yasir Al-Rumayyan, den golfbegeisterten Direktor des saudischen Staatsfond PIF, der für Kronprinz Mohamed bin Salman die geschäftlichen Strippen zieht. Und so weiter.

„Absurd und arrogant von der PGA Tour“

In diesem Zusammenhang ist Andrew „Chubby“ Chandler zu zitieren. Der bestens verdrahtete Sportmanager, bis 2017 beispielsweise Berater von Lee Westwood, legte dieser Tage die Finger in die Wunde. „Es ist völlig absurd und zeugt von Arroganz, dass sich die PGA Tour nicht mit LIV zusammengesetzt hat, um herauszufinden, was die vorhaben und zu erörtern, wie man kooperieren oder helfen kann – wo doch abzusehen war, dass da Milliarden Dollar in den Golfsport fließen werden“, urteilte Chandler.


„Für Jungs wie Lee Westwood, Sergio Garcia, Ian Poulter, Richard Bland oder Henrik Stenson war LIV doch ein wunderbarer Anreiz. Mich jedenfalls überrascht nicht, dass sie dort unterschrieben haben – immerhin sind sie alle über 40. Ihre Zeit der Konkurrenzfähigkeit auf der PGA Tour ist vorbei, und daher machen die dort nun zu gewinnenden Reichtümer keinen Unterschied mehr. Nur drei Runden und etwas weniger Druck hingegen sind wahrscheinlich genau das Richtige für sie.“

Andrew „Chubby“ Chandler


Damit trifft der Engländer des Pudels Kern. In Ponte Vedra Beach haben Monahan und seine Organisation die Gewalt des aufziehenden Winds aus der Wüste schlichtweg unterschätzt. Sogar McIlroy attestierte LIV Golf Anfangs des Jahres, bereits „am Arsch zu sein“ („dead in the water“), als rund um das Genesis Invitational sämtliche Top-Leute der Tour den Treue-Eid schworen. Was bei einigen bekanntermaßen ein pures Lippenbekenntniss war.

Wollte Monahan die Zeichen der Zeit nicht erkennen?

Seither rennt die PGA Tour der Entwicklung hinterher, reagiert statt rechtzeitig agiert zu haben und stopft immer neue Dollarmillionen an Prämien und Preisgeldern in die Lücken, die LIV Golf mit seiner vom Füllhorn des PIF befeuerten Dynamik in ihr vermeintlich ehernes Bollwerk reißt. Letztlich indes ist das alles bloß Schadensbegrenzung. „Es war ein Fehler von der PGA Tour, sich nicht mit LIV zu arrangieren und diese Gelegenheit verstreichen zu lassen, als Verhandlungen noch möglich gewesen wären“, hatte Jon Rahm bereits im Rahmen der DP World Tour Championship in Dubai erklärt. „Stattdessen wurden die Feindseligkeiten immer größer.“

Und „Commish“ Monahan muss sich den Vorwurf gefallen lassen, die Zeichen der Zeit nicht erkannt zu haben oder nicht erkannt haben zu wollen. Ausgerechnet er, der einen College-Abschluss in Geschichte hat, missachtete die aus der Antike überlieferte Weisheit großer Strategen: „Wenn du sie nicht besiegen kannst, verbünde dich mit ihnen.“

Malta-Meeting als Chance zur Kooperation

Gelegenheit dazu hätte es gegeben, beispielsweise durch das Malta-Meeting, wo er den fraglos kompromiss- und kooperationsbereiten Pelley vermutlich zurückgepfiffen hat. Seinerzeit firmierte die Konkurrenz als Super Golf League – ebenfalls mit Al-Rumayyan als Mann der Moneten im Hintergrund – und war bereit, sich ins von Pelley gern zitierte Öko-System des professionellen Golfsports einzubringen.


„Die DP World Tour hatte die Wahl zwischen einer Partnerschaft mit LIV Golf Investments oder mit der PGA Tour, und wir haben eine sehr harte wirtschaftliche Betrachtung angestellt. Die daraus resultierende Entscheidung möchten wir so formulieren und verstanden wissen, dass wir auf der ,richtigen Seite der Geschichte’ stehen wollen.“

David Williams, scheidendes Vorstandsmitglied der European Tour Group zur Strategischen Allianz mit der PGA Tour


Mittlerweile sind derartige Optionen kaum mehr denkbar. Zu unversöhnlich stehen sich die beiden „Heerführer“ gegenüber, der hartleibige Monahan und der ebenso selbstver- wie unbeliebte Norman. Nach wie vor bestimmen sie die Tonalität des Tohuwabohu im Golf. Andererseits stellt sich die Frage, worüber denn überhaupt noch zu verhandeln wäre? Über eine Ko-Existenz? Die bahnt sich doch eh an – zwangsläufig.

„Kuchen“ an Spielern scheint aufgeteilt

Der „Kuchen“ an Spielern scheint jedenfalls aufgeteilt. Weitere wirklich namhafte Überläufer sind kaum in Sicht, nachdem Xander Schauffele und Patrick Cantlay unlängst ihre Tourtreue bekräftigt haben. Oder geht es doch um irgendeine Form von Zusammenarbeit? Mal sehen, was die Nomenklatura in Naples durchsickern lässt.

Die Aktiven sind so oder so fein raus – die mit horrenden Garantiegagen abgefüllten LIV-Leute ebenso wie das Top-Personal der Tour. Es gilt, was Jordan Spieth schon vor einer Weile formuliert und Jon Rahm jetzt erneut klar ausgesprochen hat: „Eigentlich müssen wir Spieler dankbar für LIV sein. Ich bin nicht sicher, ob all die Veränderungen und Upgrades auf der Tour stattgefunden hätten, wenn LIV nicht auf der Bildfläche erschienen wäre.“

 

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