Masters

Masters im November: Vieles ist vage, aber McIlroy schon mal Favorit

10. Apr. 2020 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Noch sind die Tore des Augusta National geschlossen, doch das Masters soll im November nachgeholt werden. (Foto: Getty)

Noch sind die Tore des Augusta National geschlossen, doch das Masters soll im November nachgeholt werden. (Foto: Getty)

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In Augusta ist es gespenstisch leer. Keine Privatjets auf dem Daniel Field Airport. Kein John Daly mit Merchandising-Theke am Wohnwagen auf dem Hooters-Parkplatz. Keine Scharen von Patrons auf der Washington Road und vor den grünen Toren des Augusta National Golf Club an der Berckman‘s Road. Kein Masters.

Gegen Corona und Covid-19 sind auch die Granden in Grün machtlos. Sie haben das erste Major eines jeden Jahres in den Frühwinter verschoben, in die zweite volle November-Woche, wo es nun das letzte der Saison 2020 sein soll; und hoffen, dass die neue „Aussicht auf eine Durchführung des Turniers der Augusta-Gemeinschaft und allen einen Moment der Freude bereitet, die das Spiel lieben“ (Clubchef Fred Ridley).

Kürzeste Amtszeit des nächsten Champions

Besagte Aussicht lässt sich kurz umreißen: Es wären jene 96 Akteure teilnahmeberechtigt, die auch diesen Donnerstag von den Ehrenstartern Jack Nicklaus und Gary Player ins 84. Masters geschickt worden wären; wer fürderhin auf der PGA Tour gewinnt, qualifiziert sich damit erst für 2021. Der neue Masters-Champion hätte die kürzestes „Amtszeit“ in der Historie des Turniers, dürfte das „Green Jacket“ nur fünf Monate (bis zum 8. April 2021) bei all dem Gewese tragen, das um ihn gemacht wird. Alle anderen Perspektiven für ein November-Masters sind vage: Mangels vergleichbarer Erfahrungen. Nichts genaues weiß man nicht. Was zur Gesamtsituation der vom Corona-Virus diktierten Welt passt.

Gegen eine Pandemie hilft auch Augustas Autarkie nicht

In Augusta profitierten sie von der Weltwirtschaftskrise und ließen in deren Nachwehen ihren Platz mit billigen und willigen Arbeitskräften in Rekordzeit bauen. Der Club trotzte dem Zweiten Weltkrieg –bis 1942 jedenfalls –, als fünf Monate nach Pearl Harbour noch ein Masters stattfand und anschließend auf dem „heiligen Rasen“ Rinder weideten und Truthähne gezüchtet wurden. Die Moguln von der Magnolia Lane blieben hart, als 2002 die Feministin Martha Burk vor den Zäunen der damaligen Männerbastion protestierte und zogen  das Masters zwei Jahre komplett werbefrei durch, um ihre Großsponsoren nicht zu kompromittieren. Doch bei einer Pandemie helfen weder Autarkie noch Selbstgefälligkeit oder volle Kassen: Wenn alles ruht, dann herrscht sogar Stille im „Golfhimmel auf Erden“ (Gary Player).

Dabei ist – natürlich – alles bereitet. Abschläge, Fairways und Grün prunken in makelloser Manikürtheit, die Azaleen sind pünktlich erblüht und so farbenfroh wie alle Flora zwischen den alten Magnolienbäumen entlang der Einfahrt und den Büschen im Amen Corner, selbst die Sitzgelegenheiten auf dem Rasen hinter dem Clubhaus waren jüngst noch arrangiert, bloß die Sonnenschirm nicht aufgespannt – Augusta National zeigte dieser Tage Impressionen auf seinen Social-Media-Kanälen, es tränen einem die Augen bei den Ansichten …

Wenn „Weihnachten“ und Ostern doch nicht zusammenfallen

Derweil fällt draußen in der Kommune „Second Christmas“ oder „Christmas in April“ aus, wie die knapp 200.000 Augustians ihre so lukrative Masters-Woche gern nennen – und dabei wären heuer dieses „Weihnachten“ des Geldsegens und Ostern buchstäblich zusammengefallen. Über 120 Millionen Dollar spült das Masters jährlich in die Kassen aller großen wie kleinen Unternehmen und sonstwie Geschäftstüchtigen der Stadt, von Hotels und Restaurants bis hin zu Auto- und Privatvermietern von Häusern, Wohnungen oder Parkplätzen und und und. Nun übt man sich in Fatalismus.

Platz auch für Mitglieder nicht zugänglich

„Besser ein verschobenes als gar kein Masters“, sagt laut „Golf.com“ der Fahrer eines Logistikunternehmens, der während einer „normalen“ vollständigen ersten Aprilwoche rund 300 Prozent mehr Betrieb verbucht. TopGolf hat beim Bau seiner ersten Anlage in Augusta den Fuß vom Gas genommen, wäre normalerweise unter allen Umstände bis zum Masters fertig geworden.

Die Golfmanager raufen sich sowieso die Haare. Weil der fest eingeplante Run auf die Plätze ausbleibt. Erst recht beim angesagten wunderbaren Wetter. Wo ansonsten 45 Dollar unter der Woche und 55 Dollar am Wochenende verlangt werden, rufen Anlagen wie der Forest Hills Golf Course in, um und um Augusta herum während der Masters-Woche gern das Vierfache auf. Und ja, in Georgia ist der Spielbetrieb noch erlaubt, der republikanische Gouverneur Brian Kemp zählt Golf zu den notwendigen Freiluft-Aktivitäten. Forest Hills verkauft auch derzeit 150 Runden pro Tag, halt bloß ohne Masters-Aufschlag. Augusta Nationals Golfbahnen übrigens sind trotz der Absenz von Titelverteidiger Tiger Woods und Co. selbst für Mitglieder nicht zugänglich.

Auch im November ist Farbe im Spiel

Und obwohl in diesen Tagen jeder Blick nach vorn den Tatbestand der Spekulation erfüllt: Wie könnte es sein, diese einzigartige 84. Masters ab 9. November? Der Platz wird demnächst ohnehin turnusmäßig bis Herbst stillgelegt und sein Bermuda-Gras übersät. Möglicherweise wird damit jedoch bis nach dem Turnier gewartet. So oder so werden die Spielbedingungen anders sein als im April. Das Geläuf wird sich weicher und länger spielen, die Grüns werden dank des SubAir-Systems mit Bewässerung und Ventilation unter der Rasenschicht allerdings von gewohnter Qualität sein. Drumherum geht es wohl weniger blümerant zu als jetzt, wenngleich Azaleen bis zu drei Mal im Jahr blühen können und auch der japanische Ahorn sowie die kanadischen Judasbäume Farbe ins Spiel bringen.

Die Tage werden kalt und kurz

Die Durchschnittstemperaturen liegen im November um bis zu zehn Grad unter den aktuellen mit Höchstwerten von 21 Grad, das kann dann sehr frostig werden. Die Tage sind eh um zwei bis zweieinhalb Stunden kürzer, es sind folglich an den ersten beiden Tagen Startzeiten von zwei Tees zu erwarten. Interessant wird überdies, wie das Masters in Sachen TV-Quoten gegen die im November auf Hochtouren laufende American-Football-Spielzeit besteht – mit der pikanten Note, dass Augusta Nations Haussender „CBS“ und Star-Kommentator Jim Nantz in beidem erheblich engagiert sind.

Sechster Anlauf zum Karriere-Grand-Slam

Während Hotels in der Stadt und im weiteren Umfeld schon mal ihre Herbst-Zimmerraten  von 70 bis 110 Dollar pro Nacht zu Standardzeiten auf bis zu 600 und mehr „Bucks“ schrauben oder teils gar ausgebucht sind, gibt es immerhin bereits einen Favoriten. Jack Nicklaus, der erst nicht glauben wollte, dass es 2020 überhaupt ein Masters gibt, hebt Rory McIlroy auf den Schild. „Es scheint, als spiele er im Herbst immer besonders gut“, sagte der „Goldene Bär über den „eingefrorenen“ Weltranglistenersten. „Dieser neue Termin dürfte ihm beim sechsten Anlauf zum Karriere-Grand-Slam sehr entgegenkommen.“

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