Profisport Herren

Haushaltskasse statt Dukatenesel – Die neue Realität in der LIV Golf League

30. Mrz. 2023 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Auf der LIV Golf Tour ist im zweiten Jahr nicht mehr alles inklusive. (Foto: Getty)

Auf der LIV Golf Tour ist im zweiten Jahr nicht mehr alles inklusive. (Foto: Getty)

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Paulina Gretzky-Johnson schlüpft bei den 4Aces in die Rolle der sparsamen schwäbischen Hausfrau. Kaffee-Freak Phil Mickelson gibt für seine HyFlyers den Quartiermeister und Frühstückskoch. „Iceman“ Henrik Stenson wacht als Kassenwart der Majesticks mit Argusaugen über die Mannschafts-Moneten. „Mad Scientist“ Bryson DeChambeau schwelgt in ellenlangen Formellisten und erstellt für seine Crushers Rentabilitätspläne, die sowieso nur er versteht. Na ja, so weit ist es im LIV-Lager noch nicht, dessen Zelte aktuell in Orlando/Florida aufgeschlagen sind. Aber der Konkurrenz-Circuit ist mit dem zweiten Jahr seines Bestehens in einer neuen Realität angekommen.

Extravaganzen haben ein Ende

Die saudischen Finanziers der LIV Golf League geben den Party-Crusher, nachdem sie 1,15 Milliarden Dollar zur Anschubfinanzierung ihres Konstrukts haben springen lassen. Keine fliegende Amüsierbude in Form einer Boeing 747 mehr, Erste- und Business-Klasse-Flüge sowie Luxushotel-Etagen für Spieler, ihre Entourage und Caddies sind gestrichen, das Dolce Vita mit Gala-Dinners und fetten Feten wurde mächtig abgespeckt: Die Extravaganzen haben ein Ende, der Dukatenesel PIF (Public Investment Fund) macht dicht. Zwar sprudelt das Füllhorn der Preisgelder nach wie vor üppig und es gibt darüber hinaus noch eine geringfügige Alimentierung: Aber die mittlerweile vielfach als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Limited Liability Company, LLC) firmierenden Teams agieren ab diesem Jahr eigenverantwortlich.

Wohlstandswelt bekommt erste Risse

Sie sind weitgehend auf sich gestellt, sollen vom Erspielten und vom Verdienten leben – ganz im Sinne des nunmehr aktivierten Franchise-Konzepts mit den vier Erlössäulen Preisgeld, Sponsoring, Merchandising, Umsatzbeteiligung am Profit der Liga. Die Kapitäne sind fürs Erste alleinige Eigentümer – solange sich keine Investoren oder Anteilseigner von außen gefunden haben – und müssen in Sachen Budget und Business die Richtung vorgeben. Das Prinzip Haushaltskasse regiert, und prompt gibt es Knatsch. Die von Impresario Greg Norman inszenierte Wohlstandswelt bekommt erste Risse. Nicht zuletzt wegen der Erweiterung von zehn auf 14 Events, was den meisten Spielern bei Vertragsunterzeichnung gar nicht bekannt oder bewusst war.

Anteil an Teamwertung wandert in Teamkasse

Größter Stein des Anstoßes ist indes die Verteilung der Kohle, was sonst. Denn während die Akteure nach wie vor das gewonnene Einzelpreisgeld behalten dürfen, fließt ihr Anteil an der Prämie für die bei jedem Event ebenfalls ausgespielte Teamwertung seit diesem Jahr in die Mannschaftskasse. Aus der sollen im Idealfall alle Kosten des Geschäftsbetriebs und sämtliche Betriebskosten bezahlt werden. Doch an der Dotierung von fünf Millionen Dollar partizipieren nur die jeweils drei besten Teams eines Events in der Staffelung drei Millionen Dollar, 1,5 Millionen Dollar, 500.00 Dollar. Kurz: Wer gut spielt, lebt gut; wer im Hinterfeld herumkrebst, muss den Gürtel enger schnallen.

Franchise-Konzept kostet erstmal nur Geld

So hatten sich die meisten das vermeintliche Schlaraffenland LIV-Liga von Saudi-Zaster-Gnaden eher nicht vorgestellt. Oder wie ein Spieler bei einem Meeting am Rande des vergangenen Events in Tucson maulte: „Warum stehen wir dann als Team auf einem Podium und bespritzen uns gegenseitig mit Champagner, wenn wir doch kein Geld kriegen?“ Das mit der Devise „Einer für alle, alle für einen“ muss mancher halt erst verinnerlichen.

Dazu kommt, dass das Franchise-Konzept erst in den Kinderschuhen steckt und – ohnehin unbenommen der generellen Erfolgsaussichten – derzeit definitiv kein Geld bringt. Sondern vielmehr Geld kostet. Greg Norman, der Rattenfänger, hat ständig das Mantra vom Golfprofessional als selbständigem, unabhängigem Unternehmer geleiert; jetzt offenbart sich, was dahinter steckt. Der Einzelunternehmer Golfprofi ist passé, der eh das meiste seinem Agenten überlassen und sich aufs Spielen konzentriert hat.

Teammanager und Justiziare

In der LIV-Version 2023 haben die Teams bzw. ihre Kapitäne den Geschäftsbetrieb eines Unternehmens zu organisieren. Also engagieren sie Teammanager und Justiziare, lassen Logos entwerfen und Teamkleidung nähen, müssen sich mit Betriebskosten, Gehältern fürs Teampersonal oder für Reservespieler, Spesenkonten und vielfältigen vertragsrechtlichen Aspekten herumschlagen, basteln an ihrem Geschäftsmodell. Wie das Management in jedem Mannschaftssport eben. „Das schaffst du nicht allein“, sagt Mickelson: „Wir brauchen Unterstützung aus sehr vielen Bereichen. Also musst du über deinen Schatten springen und andere um Hilfe bitten.“

Jemanden wie Kellie Bowers beispielsweise, die von Kevin Nas Manager für die Iron Heads als Director of Operations angeheuert wurde: „Von uns wird erwartet, dass wir alles übernehmen, was abseits des Golfplatzes wichtig und notwendig, damit die Spieler stressfrei Golf spielen können.“ So gesehen hat sich gegenüber dem Dasein auf der PGA Tour oder auf der DP World Tour wenig geändert.

Manche Teams drehen den Dollar zweimal um

Die neuen Herausforderungen mögen angesichts der Summen, die für Siege und Platzierungen fließen, wie ein Luxusproblem anmuten. Doch die Kostenseite ist nicht zu unterschätzen. Dustin Johnson und seine Riege können sich das alles mühelos leisten, sie haben vergangenes Jahr genug Schotter gescheffelt. Auch Brooks Koepka und sein Smash GC fliegen samt Caddies und Sippschaft weiterhin in der Business-Class durch die Gegend, weil jedem Mitglied ein Spesenkonto zur Verfügung gestellt wurde.

Freilich, wenn der entsprechende Betrag vorzeitig aufgebraucht ist, muss der betreffende Spieler für den Rest der Saison wieder aus eigener Tasche für seine Ausgaben aufkommen. Trotzdem sorgen solche Arrangements längst für scheele Blicke bei den weniger Privilegierten, wo nämlich bereits jeder Dollar zweimal umgedreht wird und die Caddies wieder in die Holzklasse und in Motel-Mehrbettzimmer verbannt worden sind.

Ab 2024 mit 15 Teams?

Gerüchten zufolge soll der Circuit ab 2024 auf 15 Teams erweitert und der Anteil für die Teamkassen an der Gesamtdotierung von 25 Millionen Dollar je Veranstaltung sogar erhöht werden. Will heißen: Womöglich geht’s dann in der Einzelwertung um weniger als die garantierten 20 Millionen – das dient zwar dem Wohl der Gemeinschaft, entsprechender Ärger dürfte gleichwohl programmiert sein.

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